Profis 22.05.2023 - 12:50 Uhr

"Aktuell nicht gut genug"

Nach dem Nackenschlag gegen den VfB Stuttgart versuchten sich die 05ER an Erklärungsansätzen - "Wenn du solche Gegentore bekommst, dann kannst du in der Bundesliga nicht mithalten"

Viel zu einfache Gegentore fingen sich die 05ER im letzten Heimspiel der Saison gegen Stuttgart.

Den erfreulichsten Beitrag zu diesem letzten Heimspiel der Saison in der MEWA ARENA lieferte das Mainzer Publikum. Die Fans des 1. FSV Mainz 05 quittierten die neuerliche Niederlage ihrer Mannschaft nicht etwa mit Pfiffen und Abwendung, sondern spendeten ihrem geschlagenen und geknickten Team reichlich Applaus, gaben zudem der Verabschiedung von Finn Dahmen und Aarón einen würdigen Rahmen. Der Beifall von den Rängen hielt auch an, als Christian Heidel das Wort ergriff. "Wir hätten gerne ein bisschen mehr gehabt, das ist ja gar keine Frage", sagte der Sportvorstand. "Wir haben eine schlechte Phase, aber ich habe immer gesagt, wir sind stabil, wenn wir schlechte Phasen gemeinsam überstehen. Ich möchte einfach nur danke sagen, dass ihr die Mannschaft so unterstützt habt."

In der Mixed Zone begannen währenddessen die Beteiligten inklusive des Sportdirektors damit, dass in den mehr als 90 Minuten erlebte zu verarbeiten, die vierte Niederlage in Folge, die erneute Flut an Gegentoren zu erklären und einzuordnen. Dabei mangelte es auch nicht an Selbstkritik. "Meine Vertragsverlängerung ist das Positivste am Tag“, sagte Karim Onisiwo. "Das Ergebnis und die letzten Wochen drücken natürlich auf die Stimmung, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir insgesamt keine schlechte Saison gespielt haben“, sagte der Stürmer, der darin auch Entwicklungspotenzial sieht. "Wenn man die letzten vier Spiele nimmt, haben wir ganz oben natürlich nichts verloren. Das müssen wir analysieren und es künftig besser machen, wenn wir uns eine solche Situation mal wieder erarbeiten."

22.05.2023

Beim Abspielen dieses Video werden Daten an YouTube weitergegeben. Weitere informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Schmidt: drei unglaubliche Tore

Die letzte Vorstellung dieser Saison im eigenen Stadion lief komplett anders als geplant, aber irgendwie ähnlich wie zuletzt. "Wahnsinn“, sagte Martin Schmidt nach dem bitteren 1:4 gegen den VfB Stuttgart. "Wahnsinn, wenn man das Resultat wieder sieht und das Spiel, das über weite Strecken okay war. Wir kriegen dann eigentlich drei unglaubliche Tore, was bezeichnend ist für unsere Form. Unfassbar, wie wir verteidigen. Das ist einfach nicht gut. So haben wir in den letzten vier Spielen 13 Gegentore bekommen“, sagte der Schweizer, der wie alle darüber rätselte, warum das so ist, welche Gründe dieser in der zweiten Hälfte erlebte Blackout im Defensivverhalten haben kann. "Ich glaube nicht, dass die Luft raus ist. Das Spiel heute hat gezeigt, dass es nicht so ist, weil wir über eine Stunde in Phasen sogar besser waren als der Gegner. Auch wenn es sich blöd anhört, war es eigentlich das Beste der letzten Spiele, aber wenn man vier Tore fängt, kann es nicht gut gewesen sein“, erklärte der Sportdirektor des FSV. "Ich glaube nicht, dass die Spieler verlernt haben zu verteidigen. Ich glaube auch nicht, dass sie gedanklich schon im Urlaub sind. Dennoch kriegen wir es nicht hin, so zu verteidigen, wie man es in der Bundesliga muss, wenn man Spiele gewinnen will.“

Bells Dank an die Zuschauer

Auch Stefan Bell ging mit sich und seinen Kollegen hart ins Gericht "Wir haben gut angefangen, hatten in der ersten halben Stunde echt gute Pressingphasen und hohe Balleroberungen. Leider kam dabei ein bisschen wenig rum. Doch wir sind in Führung gegangen. Da waren wir stabil, da war eigentlich alles in Ordnung. Dann haben wir ein komisches Ausgleichstor bekommen. Und nach dem Standardtor zur VfB-Führung ist es gekippt. 30 Minuten lang in der zweiten Halbzeit waren wir nicht stabil genug. Woran das liegt? Ich weiß es nicht“, sagte Bell frustriert. "Es ist unsere Geschichte der letzten Wochen, dass wir zu viele Phasen haben, in denen wir zu leicht Chancen zulassen. Nach vorne fehlt uns dann auch oft der letzte Pass, die richtige Entscheidung, um gefährlich zu werden. Und dann sind die Spiele so, wie sie sind. "Man kann schon sagen, dass wir im Moment einfach kollektiv formschwach sind, dass nur wenige Spieler an ihrem Limit spielen oder dahin kommen, dass wir es nicht schaffen, uns gegenseitig besser zu machen. Zu selten kommt eine Dynamik durch gute Aktionen rein. Das ist untypisch für uns. Es passt einfach nicht zu unserer Saison. Wenn man sich die ganze Runde ansieht, dann sind die letzten Spiele einfach zu schwach. Das muss man sagen. Und das ist schade, denn es fühlt sich nicht gut an. 45 Punkte sind für Mainz 05 immer noch ordentlich, aber die Reihenfolge ist schlecht.“ Deshalb sei die Unterstützung, die das Team gerade nach diesem Spiel von den Zuschauern erfahren habe, besonders wichtig“, betonte der 05-Innenverteidiger. "Ich habe das Gefühl, dass die Leute sehen, dass wir es versuchen, aber wir können im Moment einfach nicht mehr. Wir sind aktuell nicht gut genug. Trotzdem muss man auch sehen, was in dieser Saison gut war. Und das, glaube ich, tun die Zuschauer.“

Führungstor durch Ingvartsen

Mitte der ersten Hälfte hatte sich nicht angedeutet, dass die Mainzer eine weitere Niederlage erleiden würden. Sie hatten die besseren der wenigen Torchancen und gingen verdient in Führung, weil Marcus Ingvartsen nach einem Eckball zum 1:0 traf. Aus einer Mainzer Ecke entwickelte sich später auch der Ausgleich, nachdem Aymen Barkok vergeblich versucht hatte, dem schnellen Silas hinterherzurennen. "Aymen muss im Laufduell ein taktisches Foul machen“, kritisierte Bo Svensson. Silas spielte nach innen, Fernandes klärte genau vor die Füße von Wataru Endo, der das 1:1 erzielte. "Das war der erste Schuss des VfB aufs Tor, und wir stehen da sechs-gegen-zwei“, klagte der 05-Trainer, der danach noch mehr Gründe für Kritik fand. "Wir haben die zweite Halbzeit gut angefangen, waren die aktivere Mannschaft. Dann kriegen wir den Eckball und das 2:1 gegen uns. Guirassay köpft aus zwei Metern vor unserem Tor den Ball rein, komplett frei. Wenn du solche Gegentore bekommst, dann kannst du in der Bundesliga nicht mithalten“, sagte Svensson. "Wir kriegen es einfach nicht hin, besser zu verteidigen. Sich so zu verhalten, ist einfach nicht gut genug.“

Der Cheftrainer wollte dennoch nicht so weit gehen, dass er sage, die ganze Saison sei durch diese vier Niederlagen im Eimer. "Wir stehen nicht im Abstiegskampf wie andere Mannschaften, aber klar ist, unsere Ausgangsposition war vor vier Spielen eine ganz andere. Leider ist es der momentane Eindruck, der bleibt. Fakt ist jedoch, dass wir eine gute Saison spielen. Wir müssen nicht zittern am letzten Spieltag, trotzdem müssen wir uns hinterfragen, warum wir in den letzten Spielen nicht mehr diese Gier gefunden haben, die uns vorher in der Saison ausgezeichnet hat. Wir sind nicht damit zufrieden, was jetzt in den letzten vier Spielen war. Überhaupt nicht. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Du kannst aber nicht einfach solche Gegentore kassieren und erwarten, dass du erfolgreich bist. Wir können uns nicht wegducken und sagen, wir vergessen es einfach. Wir müssen die Fehler analysieren und daraus lernen“, so Svensson.

Bis zu 8.000 Mainzer werden ihr Team am kommenden Wochenende zum 34. Spieltag bei Borussia Dortmund begleiten.

Letztes Spiel in Dortmund

Denn noch ist nicht Schluss in der Bundesliga. Der FSV muss noch einmal ran im Saisonfinale am Samstag in Dortmund, wo die Mannschaft noch einmal zeigen muss, was tatsächlich noch in ihr steckt. "Wir müssen das der Liga und uns selbst zeigen. Wir wollen nicht mit fünf Niederlagen hintereinander aus der Saison gehen, aus einem Jahr, das eigentlich ein gutes war. Wir müssen uns deshalb aufrappeln, beim BVB dagehalten, ein fairer Gegner sein. Für uns und unseren eigenen Saisonabschluss ist das noch mal ein sehr wichtiges Spiel“, sagte Martin Schmidt, der glaubt, dass dies noch einmal möglich ist. "Weil wir uns gegen die Topgegner einfacher tun als in den Duellen mit Teams, die gegen den Abstieg kämpfen. Mit dieser Aggressivität und Entschlossenheit umzugehen, haben wir im Moment ein Problem."