Profis 15.12.2022 - 10:05 Uhr
Andreasen: "Ich wollte damals unbedingt bleiben"
05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 15
Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.
Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis. Unseren bewährten Adventskalender mit täglich neuen Gewinnchancen von Mainz 05 und unseren Partnern erreicht ihr auch über die Story auf unserem Instagram-Kanal.
Präsentiert wird der Kalender auch in diesem Jahr von Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling.
Leon Andreasen erinnert sich gerne an seine Zeit bei Mainz 05 zurück, die zwar nicht besonders lang, dafür aber umso intensiver war. "Es war für mich mit die beste Zeit meiner Karriere, ich habe mich in Mainz sehr wohlgefühlt", erzählt der heute 39-Jährige, der in der Rückrunde der Saison 2006/07 von Werder Bremen an den Rhein ausgeliehen war und dort sofort zum Stammspieler wurde. "Ich wollte unbedingt bleiben, aber Bremen wollte mich zurückholen. Da hatte ich keine Chance, das war schade, aber da war vertraglich nichts zu machen", berichtet der Däne weiter. Heute ist Andreasen Unternehmer, rüstet mit seiner Firma "Kleinigkeit" unter anderem die FSV-Profis aus und berichtet gerne von der Entstehungsgeschichte der Bekleidungsmarke, die er gemeinsam mit Steffen Großkurth führt.
"Von Null an aufgebaut"
"Steffen hatte aus Spaß ein Patent auf Kleinigkeit angemeldet und über eine Näherin in Wiesbaden einige T-Shirts produziert und diese an Kumpels gegeben", beschreibt Andreasen die Anfänge seines heutigen Unternehmens. Er selbst wurde in Hannover, wo der Däne auch heute noch zuhause ist, über den damaligen Torhüter des Handball-Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf auf die Marke aufmerksam. "Ich hatte bei Martin Ziemer eine Cap oder ein T-Shirt gesehen und ihn gefragt, wo er es herhat, weil ich es cool fand", so der Däne. Dieser hatte es von einem Freund, dem Bruder seines heutigen Geschäftspartners. "Ich habe Steffen einfach mal angeschrieben", erklärt der 133-malige Bundesliga-Spieler. Beide kamen ins Gespräch, trafen sich und merkten, dass die Chemie stimmt. "Wir haben ein paar Bier getrunken", erzählt Andreasen lachend. Irgendwann sei dann die Idee entstanden, gemeinsam etwas zu produzieren. "Wir hatten zu Beginn keine Struktur im Unternehmen, keine Ahnung, wie man eine Firma führt. Über eine Messe in Berlin hatten wir dann plötzlich die ersten 30 Kunden", erinnert sich die ehemalige Mainzer Nummer 15.
Viele von diesen seien auch heute noch mit dabei. "Es steckt eine Story dahinter und man kann sich mit uns identifizieren, denn wir haben das Ganze von Null an aufgebaut", erzählt der 39-Jährige, der selbst nie damit gerechnet hätte, sich beruflich mal mit Mode zu beschäftigen. "Steffen ist der Designer, der mit den Ideen. Ohne ihn wäre Kleinigkeit gar nichts. Er ist eine Maschine und sehr kreativ, ich fand die Sachen am Anfang einfach cool. Aber wie es im Leben so ist, rutscht man manchmal in sowas herein", ist Andreasen glücklich mit der aktuellen Situation.
Positives Feedback zu feinem Street-Style
Im Handball sei man mittlerweile "gut vertreten" und auch im Fußball rüstet Kleinigkeit neben dem FSV unter anderem auch die Profis von Eintracht Frankfurt aus. "Wenn dir die Spieler sagen, dass die Kleidung bequem zu tragen ist, ist das ein Mega-Feedback", so Andreasen, der sich selbst noch an die Zeiten als aktiver Fußballer zurückerinnert. "Da hast du einmal im Jahr einen Termin, bei dem du irgendwelche steifen Anzüge bekommst, die du ab und zu tragen musst", erklärt der Däne. Sein Unternehmen sei da ein bisschen anders unterwegs, verkörpere "mehr Street-Style", mit Fokus auf den Trage-Comfort, sei aber trotzdem "fein", wie es Andreasen beschreibt.
Abstieg trotz Siegesserie
Seine aktive Zeit in Rheinhessen behält der ehemalige zentrale Mittelfeldspieler indes trotz des Abstiegs am Saisonende in bester Erinnerung. "Ich kam im Winter, in einer Situation, in der wir mit dem Rücken zur Wand standen", erinnert sich Andreasen zurück. Elf Punkte aus 17 Spielen mit sechs Zählern Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz lautete damals die Bilanz der 05ER zur Saisonhälfte. "Da haben wir uns herausgekämpft", beschreibt der Däne die Serie von sechs Spielen ohne Niederlage, mit der seine Zeit in Mainz begann, "es am Ende aber doch nicht geschafft." All das seien jedoch wertvolle, wenn auch keine schönen Erfahrungen für den weiteren Karriereweg gewesen. "Damit muss man umgehen, und auch mit dem Rücken zur Wand performen können. Ich finde, dass wir das in Mainz bewiesen haben, letztlich hat es aber nicht gereicht", so Andreasen.
"Super Zeit" in Mainz
Viel mitgenommen habe er dabei von Cheftrainer Jürgen Klopp, mit dem der zentrale Mittelfeldspieler gerne länger zusammengearbeitet hätte. "Als Spieler lernst du verschiedene Trainer in deiner Karriere kennen, aber Jürgen war einfach einzigartig, was den Umgang mit den Spielern betrifft", erzählt der Däne. Klopp habe es hinbekommen, dass auch die Spieler, die nicht gespielt haben, nicht unzufrieden waren. "Jürgen war einfach Jürgen, er hat ein gutes Auge und ein gutes Händchen dafür, dass sich die Spieler immer wohlfühlen und immer ihr Bestes geben", schwärmt Andreasen. "Ein bisschen verrückt war er aber auch", fährt der 39-Jährige augenzwinkernd fort.
Wie wohl sich der Däne auch abseits des Platzes in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt gefühlt hat, wird deutlich, wenn er über den Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft spricht. "In Mainz waren wir wie eine kleine Familie. Nach den Spielen sind wir gemeinsam etwas Essen oder Trinken gegangen, zusammen mit unseren Frauen. Man war immer zusammen, egal ob man gewonnen oder verloren hat. Es war einfach eine super Zeit. Die Stadt war cool, die Fans locker drauf, das war genau mein Ding", so der Ex-05ER. Trotz des verpassten Klassenerhalts habe er "unbedingt bleiben wollen", erinnert sich der Däne und führt aus: "Ich hatte das Gefühl, dass beim FSV mit Kloppo etwas im Aufbau ist. Das habe ich meinen Beratern auch gesagt, aber nachdem ich ein paar gute Spiele in Mainz gemacht hatte, wollte Bremen mich unbedingt zurück."
Europa-League mit Hannover als Karriere-Highlight
So ging es für Andreasen nach 15 Spielen im FSV-Trikot, in denen er auf vier Tore und zwei Assists kam, im Sommer 2007 wieder zurück an die Weser, wo er sich auch im zweiten Anlauf nicht wirklich durchsetzte und zur Saisonmitte zum FC Fulham in die Premier League weiterzog. Nur ein Jahr später kehrte der Däne nach Deutschland zurück und schloss sich im Januar 2009 Hannover 96 an, wo er bis zu seinem Karriereende 2016 blieb und mit den Europapokalpartien 2012 auch die "Highlights" seiner Laufbahn erlebte, wie er sagt: "Ich habe in der dänischen Nationalmannschaft ein paar gute Spiele gemacht und schöne Erinnerungen daran. Die Highlights waren aber die Europa-League-Spiele mit Hannover. Ich hatte mich von einer Leistenverletzung zurück gekämpft, ein paar Tore geschossen und wir waren als Mannschaft erfolgreich. Das war schon eine geile Zeit", beschreibt Andreasen rückblickend.
2016 musste der Zentrumsspieler seine Karriere dann nach einer Fußverletzung bei den Niedersachsen beenden. "Ich hatte mir meinen Fuß damals im Trainingslager angebrochen, das wurde auf den MRT-Bildern aber leider nicht erkannt. Dann bin ich in die Reha gegangen und es ist etwas falsch zusammengewachsen. Darunter leide ich heute noch ein bisschen, denn es ist steif und tut weh, wenn ich zu viel mache. In der Traditionsmannschaft von Hannover noch ein bisschen weiterzuspielen, wäre natürlich cool gewesen, aber Kicken geht leider gar nicht. Ich kann leicht joggen und die üblichen Sachen machen, aber Hochleistungssport geht nicht mehr", berichtet der 39-Jährige über sein Karriereende.
Kontakt zu Svensson und einen Sohn in Hannover
Sport habe für ihn, wie auch für "Kleinigkeit"-Kollege Großkurth einen großen Teil des Lebens ausgemacht. "Steffen kommt aus dem Handball, ich aus dem Fußball", erläutert Andreasen. Umso schöner sei es, mit der Firma weiterhin in diesem Bereich aktiv zu sein. Mainz 05 und die Entwicklung des Vereins unter der Regie seines Landsmanns Bo Svensson verfolgt der Däne gerne, auch wenn beide sich im Sommer 2007 knapp beim FSV verpassten. "Bo kenne ich aus Dänemark, da haben wir gegeneinander gespielt. Ich bei Aarhus, er in Kopenhagen. In Mainz haben wir uns später nochmal besser kennengelernt. Er ist ein super Typ, ich mag ihn sehr gerne und freue mich für ihn darüber, was er in Mainz aufgebaut hat", so der 39-Jährige über den FSV-Cheftrainer.
Andreasen selbst hat einen Sohn und möchte zumindest so lange in Hannover bleiben, bis dieser alt genug ist, um selbst zu Besuch zu kommen. Dann könne er sich durchaus vorstellen, wieder zurück ins Rhein-Main-Gebiet zu kommen, wo auch der Firmensitz seines Unternehmens liegt. Fest stehe das aber noch nicht.