Profis 20.10.2020 - 16:10 Uhr
Anknüpfen, steigern & Lohn einfahren
05-Start in die Trainingswoche: Cheftrainer Jan-Moritz Lichte hat die Niederlage gegen Leverkusen mit seinen Profis aufgearbeitet, Fortschritte genauso herausgestellt wie Verbesserungspotenzial identifiziert
Auch in der neuen Trainingswoche arbeiten die Profis des 1. FSV Mainz 05 eifrig daran, ihre Serie siegloser Spiele in der Bundesliga zu beenden. Ob es dabei helfen kann, dass der Gegner am Mittwochabend noch ein schweres Europapokalspiel bei Inter Mailand absolvieren muss, darüber mag Jan-Moritz Lichte eigentlich nicht nachdenken. "Das stellt sich immer erst im Nachhinein heraus", sagte der 05-Chefcoach im Rahmen einer digitalen Medienrunde am Dienstagmittag.
Die ausgiebige Analyse der Stärken und etwaigen Schwächen im Team vom Ex-05-Profi Marco Rose sind zwar Gegenstand der Vorbereitungen, aber Lichte hält es für möglich, dass die Bilder anderer Spiele der Borussia aussagekräftiger sein könnten als die aus Mailand, "weil Borussia Mönchengladbach Inter vielleicht anders angehen wird, als das Spiel bei Mainz 05". Und bis Samstag gibt es am Bruchweg ohnehin noch eine Menge aufzuarbeiten.
Vier Niederlagen in Folge, null Punkte, Tabellenletzter. "Ich weiß, dass es schön wäre, wenn wir jetzt mal punkten würden", sagte der 05-Trainer nach der Vormittagseinheit und fügte hinzu. "Ich versuche das zu beeinflussen, was ich beeinflussen kann. Das ist die tägliche Arbeit." Und die begann mit einer gründlichen Analyse des 0:1 gegen Bayer Leverkusen. "Wir wollten mehr, und die Möglichkeit, mehr zu holen, war gegeben. Deshalb ist die Enttäuschung schon groß und man fühlt sich zwei Tage lang durchschnittlich." Trotzdem habe die Videoanalyse gezeigt, dass die Mannschaft den Defensivplan umgesetzt und dem Gegner keine echte Großchance ermöglicht habe. "Aber auch offensiv waren wir nahe dran. Die Ausgangssituationen, die wir entstehen lassen wollten, sind entstanden. Wir müssen definitiv mehr daraus machen."
Das war dann auch der Kritikpunkt jener Fans, mit denen Lichte nach dem Abpfiff emotional und lautstark an der Seitenlinie diskutierte. Der als Co-Trainer stets zurückhaltend und ruhig wirkende Coach ist innerhalb von kurzer Zeit zu einem Cheftrainer geworden, der auf dem Trainingsplatz mit klaren und lauten Anweisungen auftritt, mit seinen Spielern an den Grundlagen arbeitet, der klare taktische Vorgaben und Prinzipien erarbeitet, der dabei aber auch Emotionen zeigt und sich vor seine Mannschaft stellt. "Ich hatte das Gefühl, da möchte ich sprechen und was dazu sagen", erläuterte Lichte die Szene. "Genauso wie Fans uns ihre Meinung mitteilen und das auch dürfen, war ich der Meinung, ich darf das auch mal. Ich stehe dafür, dass man sich mal streiten darf. Man muss nicht immer der gleichen Meinung sein, aber man kann die Meinung des anderen akzeptieren."
Hektik abstellen
Das Thema des Disputs stand dann in der ersten Trainingseinheit sowieso auf dem Dienstplan. "Wir haben uns vor allem damit beschäftigt, aus der Balleroberung Situationen über den Flügel besser auszuspielen, als wir es am Wochenende gemacht haben", so der Trainer. In der Analyse sei deutlich geworden, dass gute Ausgangssituationen über den Flügel da gewesen seien. "Wir waren auch einen Schritt weiter als gegen Union, waren teilweise sehr frei durch und haben es dann nur nicht geschafft, in der Mitte die Mitspieler zu treffen. Sei es wegen des letzten Passes, der Flanke oder der Bewegung der Mitspieler im Sechzehner. Wir haben es auch heute im Training noch nicht geschafft, ein Tor nach dem anderen zu schießen", erklärte Lichte. "Die Jungs sind aber voll dabei, sie geben alles, was sie können, um das umzusetzen, das sieht man. Doch sie sind im Moment in diesen Situationen zu hektisch. Sie wollen zu viel und ihnen fehlt dann ein bisschen die Ruhe, das Selbstverständnis, das Vertrauen in die Aktion. Daran müssen wir arbeiten, denn es bringt uns nicht weiter, wenn wir aus einer Hektik heraus Fehler machen."
Und dann gibt es gegen Gladbach einen neuen Versuch, Punkte einzufahren. "Wir schauen uns genau an, wer in unseren Augen das bringen kann, was wir auch gegen Leverkusen gebracht haben: Maximale Laufbereitschaft, Energie und weitere wichtigte Attribute", sagte Lichte, der aktuell 27 gesunde Feldspieler zur Verfügung hat und am Samstag wieder etliche davon auf die Tribüne setzen muss. "Natürlich ist es so, dass dann viele enttäuscht sind. Sie müssen damit leben. Wir haben jetzt erstmal eine Zeit, in der es jeder schaffen muss, sein Ego hintan anzustellen, zu akzeptieren, dass Entscheidungen getroffen werden müssen", so der Coach. Ein Problem sieht Lichte darin nicht. "Es ist nur dann ein Problem, wenn die Spieler es zu einem machen. Dann müssen wir darüber reden."