Vorberichte 26.02.2021 - 16:40 Uhr
Antizipation (spiel-) entscheidender Sekunden
05ER treffen am Sonntag auf Augsburg - Intensität & Aktivität im Training als Basis & Maßstab für Bundesliga-Auftritte
Tuchfühlung aufgenommen zum rettenden Ufer haben die 05ER dank zehn Zählern aus fünf Rückrunden-Partien zuletzt, wähnen sich "aber noch lange nicht am Ziel", wie Bo Svensson am Freitagmittag im Rahmen der Pressekonferenz vor der Partie gegen den FC Augsburg (Sonntag, 15.30 Uhr) betonte. Keine Spur von Euphorie, Erleichterung oder gar einem Spannungsabfall. Weitermachen, weiter entwickeln, das 05-Spiel auf das nächste Level heben lautet die Devise: "Gegen Gladbach haben wir nicht beste Leistung gezeigt und trotzdem gewonnen. Das darf nicht zur Tendenz werden, weil solche Leistungen auf Dauer nicht ausreichen werden", mahnt der Cheftrainer. Die Wahrscheinlichkeit auf dringend erforderliche, weitere Erfolgserlebnisse erhöhe man so aus seiner Sicht nicht.
Eingangs der Pressekonferenz rückte der Sport zunächst in den Hintergrund, als der Chefcoach auf die öffentlich gemachte rassistische Entgleisung gegenüber Karim Onisiwo angesprochen wurde und sich im Anschluss klar und deutlich positionierte: "Ich habe da viele Worte für, aber irgendwie auch keine", brachte Svensson seine Fassungslosigkeit zum Ausdruck. "Es ist 2021 und man müsste annehmen, wir wären als Gesellschaft schon weiter. Das sind viele Leute aber leider nicht. Es ist unglaublich, dass so etwas stattfindet. Und nicht nur in rassistischer Hinsicht. Es geht auch um Diskriminierung sexueller Orientierung oder gegenüber Frauen. Diese Dinge spielen in unserer Gesellschaft leider immer noch eine große Rolle." Diskriminierung jeglicher Form habe insbesondere bei Mainz 05 "nichts zu suchen. Hier werden alle respektiert, hier geht man mit allen, egal, wie man aussieht oder wie man lebt, respektvoll um." Leute, die anders handeln, dürften aus Sicht des Dänen "keinen Platz in der Gesellschaft haben". Ein klares Statement, das die unumstrittene Haltung des Gesamtvereins widerspiegelt.
Leistung ist Pflicht
Nach diesem kurzen, aber notwendigen Exkurs ging es um das anstehende Duell mit den bayerischen Schwaben, die die letzten fünf Pflichtspiele gegen die 05ER für sich entscheiden konnten. Nur ein Grund, weswegen der Cheftrainer vor der Schwere der Aufgabe warnt. Ein Pflichtsieg? "Nein, aber unsere Leistung, die nie eine Garantie fürs Ergebnis ist, muss stimmen. Wir sind auf Platz 17, Augsburg steht über uns. Das bedeutet, dass sie bisher eine bessere Saison gespielt haben. Es wird ein sehr enges Spiel, das durch Kleinigkeiten entschieden wird." Die Voraussetzungen, dass die die Mehrzahl dieser spielentscheidenden Kleinigkeiten am Sonntagnachmittag Mainzer Natur sind, versucht das Trainerteam in diesen Stunden zu schaffen. Wie die Detailarbeit dabei Woche für Woche aussieht, erläuterte der 41-Jährige ebenfalls.
"Unser Spiel lebt von Intensität, von Aktivität. Das wird bei mir im Training gefordert, mit unterschiedlichen taktischen Schwerpunkten. Es gibt selten Pausen. Wenn die Spielformen laufen, hast du immer eine Aufgabe: Hohes Spieltempo und viel Aktivität, körperlich sowie mental. Man muss in der Lage sein, zu überlegen: 'Was passiert in zwei, drei Sekunden?'" Das Stichwort lautet Antizipation, das Spiel schneller machen, höchste Wachsamkeit, keine einzige, potenziell spielentscheidende Sekunde verschlafen. "Das ist das Thema bei mir." Vor und nach dem Training sei eine gewisse Lockerheit erlaubt. Im Training jedoch müsse es stets zur Sache gehen. "Das machen die Jungs bis jetzt sehr gut", lobte der Trainer.
Der Stöger-Faktor
Sonderlob hatte Svensson derweil für einen Spieler parat, der in Sachen Antizipation gerade alle Argumente auf seiner Seite haben dürfte. Die Rede ist natürlich von Kevin Stöger, der mit seinen beiden jüngsten Joker-Toren in Leverkusen und Mönchengladbach - zweimal hatte er in der Schlussphase goldrichtig gestanden und eiskalt vollendet - vier wichtige Zähler beschert hatte. "Kevin hat in Gladbach nicht nur das Tor gemacht, sondern unser Spiel positiv beeinflusst. Wir hatten teilweise Probleme, den Ball in den eigenen Reihen zu halten zu halten. Mit ihm hatten wir einen ballsicheren Spieler, der es geschafft hat, das Spiel auch mal in die Gladbacher Hälfte zu verlagern." Doch nicht nur Stögers Auftritte stellen den Cheftrainer zufrieden, der zugleich betonte, dass die Trainingsqualität, nicht zuletzt die Basis für gute Auftritte an jedem Wochenende, enorm hoch sei, weil jeder Spieler seinen Beitrag leiste: "Die Jungs, die nicht spielen oder eingewechselt werden, trainieren gut und machen echt Druck. Du brauchst für eine gute Trainingswoche nicht nur zehn Spieler. Alle machen es gut und ich merke niemandem die Enttäuschung an." Er nehme eine "top Mentalität und Stimmung in der Gruppe" wahr, so der Ex-Profi.
Quaison vor Comeback?
Nicht ausgeschlossen also, dass das Trainerteam sich am Sonntag für den einen oder anderen Personalwechsel entscheidet. Für die Startelf noch nicht in Frage kommt dabei allerdings Robin Quaison, der sich nach "positivem Reha-Verlauf" zwar wieder im Mannschaftstraining befindet, wie der 05-Coach verriet, allerdings allenfalls für einen Kurzeinsatz in Frage käme.
Während die Besetzung der Startelf Svensson und seine Kollegen angesichts der mit Nachdruck auf sich aufmerksam machenden Reservisten noch zum Grübeln bringen dürfte, beschäftigt die Tabellenkonstellation nach dem jüngsten Aufschwung und vor dem Duell mit dem FCA - der FSV könnte den Abstand zum Gegner im Erfolgsfall von einst 13 auf drei Zähler verkürzen - den Cheftrainer derzeit überhaupt nicht: "Ich mache mir nicht so viele Gedanken über die Tabelle. Wir können nur den Zustand in der Gegenwart beeinflussen, mit ihm beschäftige ich mich. Wir haben viel getan, sind aber noch lange nicht am Ziel. Es geht nur um die Aufgabe im Hier und Jetzt. Das heißt, jetzt geht es um die Pressekonferenz, danach ist Training und am Sonntag dann das Spiel gegen Augsburg."