Profis 28.10.2021 - 10:30 Uhr
"Bancé bleibt Bancé!"
Der ehemalige Stürmer hat seinem Ex-Klub dieser Tage einen Besuch abgestattet & erinnert sich an zwei unvergessliche Jahre am Bruchweg
Wiedersehen am Rhein: Freitagabend, Flutlicht, Fußballfest. Ein Tribünengast genoss das furiose 4:1 der 05ER gegen den FC Augsburg ganz besonders. Schließlich war es für Aristide Bancé als Zuschauer eine Premiere in der MEWA ARENA. "Es war ein super Spiel, eine tolle Atmosphäre, und ich habe mich gefreut alte Kollegen wieder zu treffen, wie zum Beispiel Niko Bungert, mit dem ich mich unterhalten habe." Gemeinsam mit dem Ex-Kapitän war der heute 37-Jährige mit dem FSV einst in die Bundesliga aufgestiegen, wo ihm in der Saison 2009/10 zehn Treffer gelangen, bevor er die Mainzer wieder verließ. Eine falsche Entscheidung, wie er rückblickend betont.
Insgesamt 28 Tore in 67 Pflichtspielen erzielte er zwischen 2008 und 2010 für die Rheinhessen, in "den besten Jahren meiner Karriere", wie sich Bancé erinnert, der einst auch - wie passend - in zwei Pokalhighlights der Klub-Historie eine entscheidende Rolle spielte. Schließlich hatte der Torjäger die 05ER mit seinen Toren in seiner ersten Saison am Bruchweg als Zweitligist bis ins Halbfinale des DFB-Pokals geschossen.
Sowohl beim umjubelten Last-Minute-Coup gegen Schalke 04 (1:0 im ausverkauften Bruchwegstadion) in der Runde der letzten Acht als auch beim späteren Aus in der Vorschlussrunde gegen Bayer 04 Leverkusen (1:4 n.V.) hatte er im Frühjahr 2009 getroffen. Tore, die ihm bis heute viel bedeuten: "Ich kann mich ganz genau an diese beiden Spiele erinnern. Für mich war es besonders wichtig, weil ich gehört hatte, dass der Verein noch nie so weit im Pokal gekommen war. Schade, dass es dann nicht ganz fürs Finale gereicht hat, dennoch haben wir eine tolle Saison gespielt."
Bancé bleibt Bancé
Was er nun von seinen Nachfolgern im Angriff des FSV hält? Schließlich hatten Jonny Burkardt und Karim Onisiwo bei seinem Besuch am Freitagabend nicht nur blendend harmoniert, sondern auch getroffen. "Jeder Stürmer hat unterschiedliche Qualitäten, sie sind sehr gute Spieler. Ich habe mich aber schon dabei ertappt, dass ich dachte: 'Ich hätte schon früher ein Tor geschossen.' Bancé bleibt Bancé!" So einfach ist das, Selbstbewusstsein gehörte eben noch nie zu seinen Schwächen.
Von damals bis heute
Dank Szalai: Ein unvergesslicher Moment
Beim Treffen am Bruchweg werden am Dienstag Erinnerungen wach, nicht zuletzt beim Blick auf den mittlerweile geschlossenen Haasekessel: "Wenn um 13 Uhr Training war, saß ich dort schon um 11.30 Uhr zum Mittagessen", berichtet Bancé lachend, kurz bevor er Zeugwart Walter Notter herzlich begrüßt. Es ist viel hängengeblieben aus diesen gut 24 Monaten beim FSV. Bekannte Gesichter, emotionale Erinnerungen und vieles mehr. Von Ádám Szalai, mit dem er 2009/10 unter Thomas Tuchel regelmäßig das Mainzer Sturmduo gebildet hatte, sicherte sich Bancé das Trikot aus dem Augsburg-Spiel, und erläutert die besondere Verbindung zum Ungarn: "Ich hatte im Winter 2010 über zehn Spiele lang nicht mehr getroffen. Dann habe ich in Berlin das Tor des Monats geschossen, Ádám hat den Assist gegeben. Das war eine Erlösung und ein Moment, den man nicht vergisst."
Bo mit tänzerischen Qualitäten
Einer von vielen, wie Bancé berichtet: Die Zuschauer haben uns damals immer fantastisch unterstützt, standen in jedem Spiel bis zur letzten Minute hinter uns. Ich erinnere mich an viele Tänze vor ihnen nach Toren im Bruchwegstadion. Und natürlich an das 'Humba Humba Humba Tätärä' bei den Siegesfeiern", erzählt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Und apropos Tänzchen. Bei ihnen spielt der heutige Cheftrainer eine nicht unbedeutende Rolle: "Nach jedem Tor habe ich damals eine kleine Tanzvorführung gemacht. Und Bo hat am nächsten Tag im Training das Gleiche gemacht, gar nicht mal so schlecht", so Bancé, der seinem ehemaligen Teamkollegen den Erfolg als Trainer gönnt. "Ich freue mich sehr für ihn. Toll, was er hier seit Januar geleistet hat! Er hat die Mannschaft stabilisiert, das sieht sehr gut aus."
Gut sieht es indes auch für Bancé aus, der im vergangenen Jahr die Karriere nach der Karriere eingeläutet hat und heute Teammanager der Nationalmannschaft Burkina Fasos ist und reichlich Erfahrungen weitergeben kann. Schließlich erzielte er in 63 Länderspielen einst selbst 21 Treffer für die Afrikaner. "Ich bin für viele dort ein Vorbild und möchte meinen Teil beitragen das Team auf möglichst hohem Niveau zu stabilisieren. Wenn du Profi bist, muss dir bewusst sein, dass die Karriere irgendwann zu Ende geht. Ich bin froh, dass ich den Zeitpunkt selbst wählen konnte. Neben und auf dem Rasen zu stehen, wird immer mein Ziel sein, in welcher Form auch immer", so Bancé während seiner Stipvisite am Bruchweg, den er - so sieht er es heute - im Sommer 2010 nicht hätte verlassen sollen.
"Ich hatte hier meine beste Zeit, und es gab in meiner Laufbahn definitiv Momente, in denen ich rückblickend anders handeln würde. So ehrlich muss ich sein. Als ich Mainz verlassen habe, war ich nicht gut beraten, ich hätte hier bleiben sollen", reflektiert der ehemalige Torjäger. "Das Problem waren damals aber auch zu viele Verträge im Hintergrund, die mit Mainz nichts zu tun hatten. Durch den Wechsel konnte ich mich davon lösen, auch wenn ich heute einen anderen Weg wählen würde." Eine Entscheidung, die zwar längst aufgearbeitet ist, aber womöglich auch im Rahmen des Treffens mit Christian Heidel dieser Tage noch einmal thematisiert wurde. Der Termin mit dem Sportvorstand war Bancé aber aus einem ganz anderen, einfachen Grund eine Herzensangelegenheit: "Der Klub war für meine Karriere entscheidend, deswegen wollte ich endlich mal wieder vorbei kommen, allen 'Hallo' sagen und mich auch mit Christian austauschen." Baldiges Wiedersehen? Nicht ausgeschlossen.