Profis 29.01.2023 - 12:05 Uhr
Befreiungsschlag mit fünf Toren
Onisiwos Dreierpack und Bells starkes Comeback entscheidend für den Sieg gegen den VfL Bochum
Da werden Erinnerungen wach: Vor nicht ganz einem Jahr hat der 1. FSV Mainz 05 an einem Mittwochabend in einer Englischen Woche der Bundesliga in einem Heimspiel gegen Borussia Dortmund kurz vor dem Ende einen bitteren Nackenschlag erlitten und eine Partie, in der mindestens ein Punktgewinn für die Gastgeber möglich gewesen wäre, unglücklich mit 0:1 verloren. Drei Tage später fertigte die Mannschaft von Bo Svensson im eigenen Stadion den SC Paderborn mit 4:0 ab. Drei Tage nach der bitteren 1:2-Niederlage zum Heimspiel-Auftakt 2023 gegen die Dortmunder bezwang der FSV nun den VfL Bochum in der MEWA ARENA mit 5:2 und bannte zum Rückrundenstart eindrucksvoll die Sorge, das Team, das seit sechs Spielen nicht mehr gewonnen hatte, könnte in den Abstiegskampf geraten.
Auf einem soliden Weg
Der Sportdirektor bescheinigte den 05-Profis "eine konzentrierte, überzeugte Leistung von Anfang an." Der Cheftrainer habe eine Kampf-Mannschaft auf den Platz gestellt. "Man hat schon an der Aufstellung gesehen, um was es ging. Und so ist das Team auch aufgetreten", sagte Martin Schmidt. "Ein Riesen- Kompliment ans Team, wie es mit dem Druck umgegangen ist, der von der Tabelle her kam. Deshalb war das heute ein Befreiungsschlag", erklärte der 55-Jährige, der von einer "rundum tollen Mannschaftsleistung" sprach. Das Team funktioniere und sei auf einem sehr soliden Weg. Mit diesem Erfolg hat sich der FSV ein Sieben-Punkte-Polster auf den VfL Bochum geschaffen, der auf dem Relegationsplatz steht.
Das Gefühl des Sieges kurz genießen
"Heute genießen wir das Gefühl des Sieges. Das haben wir monatelang nicht gehabt", sagte Svensson, der sehr zufrieden mit dem Auftritt seiner Profis war. "Ich fand, dass wir sehr konzentriert angefangen und das, was wir abgesprochen und uns vorgenommen, auf dem Platz gezeigt haben. Insgesamt haben wir ein sehr gutes Spiel gemacht und nach dem Nackenschlag vom Mittwoch Mentalität gezeigt. Danach so ein Spiel gegen keine einfache Mannschaft abzuliefern, das ist nicht selbstverständlich. Wenn wir so weiterspielen, werden wir auch Spiele gewinnen. Das ist der Fokus", erklärte der 05-Trainer.
Onisiwo "nicht zu bändigen"
Dass die Mainzer mit einem solchen Erfolg in die Rückrunde starteten, war nicht zuletzt der Leistung des herausragenden Karim Onisiwo geschuldet, der erstmals drei Treffer in einem Spiel für den FSV erzielte, an einem weiteren beteiligt war und ein Tor direkt vorbereitete. Der Österreicher sei nicht zu bändigen gewesen, meinte Schmidt nachher. "Drei Tore, vier Scorerpunkte, Wahnsinn der Kerl", so der Schweizer. Onisiwo brachte seine Stärken zunächst auf dem Flügel zur Geltung und war derjenige, der die Führung durch Jae-sung Lee nach nur 47 Sekunden einleite. So auch beim 2:0, als er sich nach einem Pass von Anthony Caci an der Außenlinie durchtankte und den Ball im Strafraum irgendwie zu Silvan Widmer brachte, der den Spielzug vollendete. Das 3:0 machte Onisiwo mit einer Einzelaktion über rechts nach einem Bochumer Fehler selbst. Beim 4:0 erledigte der Nationalspieler Österreichs den Job nach Balleroberung und feinem Zuspiel von Leandro Barreiro und setzte schließlich mit einem Volleyschuss in den rechten oberen Winkel nach Vorlage von Anton Stach den Schlusspunkt.
Svensson lobte seinen Stürmer für diese Vorstellung, wies aber auch auf die umfassende Hilfestellung durch Onisiwos Mitspielern hin und stellte dabei besonders den französischen Neuzugang Ludovic Ajorque heraus. "Ludovic hat kein Tor gemacht, aber er hat die Bochumer Hintermannschaft beschäftigt. Er ist ein Gewinn", lobte der Trainer. "Bei Ajorque hat man gemerkt, dass jemand da ist, an den sich das Team ein bisschen dranhängen kann", wusste auch Schmidt. "Ein Zielspieler, der Bälle auf- und vorgelegt, gute Konter eingeleitet und gezeigt hat, was er kann. Karim blüht daneben auf. Jetzt ist er nicht mehr der Zielspieler, auf den es ankommt. Karim kann mit Tempo in die Tiefe kommen und neben einem solchen Spieler noch einmal eine ganz andere Qualität zeigen. Das kommt ihm entgegen", betonte der Sportdirektor.
Oberschenkel-Probleme bei Bell
68 Minuten lang hatten die Bochumer dem druckvollen FSV-Spiel nichts entgegenzusetzen und wenig deutete darauf hin, dass noch einmal so etwas wie Spannung entstehen könnte. Doch eine Reihe von Wechseln auf Mainzer Seite veränderten plötzlich die Struktur der 05-Defensive. "Wir haben Probleme bekommen lange Bälle zu verteidigen, weil wir Stefan Bell auswechseln mussten", erklärte der Trainer und fügte hinzu: "Bello hat hinten am Oberschenkel etwas gespürt und rechtzeitig Bescheid gesagt. Gerne habe ich ihn nicht ausgewechselt. Wir reden alle über Onisiwo und dessen drei Tore. Aber dass Bello ohne Testspiele nach langer Verletzung gegen einen unangenehmen Gegenspieler wie Philipp Hofmann so ein Spiel abliefert, das war klasse", zeigte sich Svensson begeistert vom Auftritt seines Innenverteidigers. In jener 68. Minute nahm Svensson Bell raus und brachte Maxim Leitsch. Auch Widmer machte Platz für Danny Da Costa. In veränderter Formation fehlte es der Abwehr von da an eine Weile an Souveränität, die Gäste nutzten dies und verkürzten zweimal.
"Beim 4:0 darf man in einer Englischen Woche auch mal Defensiv-Wechsel vornehmen. Das macht man sonst nicht so gerne, weil es Unstimmigkeit bringt. Wenn zwei rausgehen, verändern sich zwei Positionen und bei den Standards gibt es neue Zuteilung. Das hat zum Abstimmungsfehler und zur Ecke geführt, die zum 2:4 reinrutschte. Und es hat die Fans nochmal nervös gemacht. Ich glaube aber, es war dennoch zu sehen, dass hier heute für den Gegner nichts zu holen war", sagte der Sportdirektor. Der Chefcoach jedoch gestand, dass er die Situation bedrohlich empfunden habe, als auch noch ein weiterer Abschluss der Bochumer knapp am eigenen Tor vorbeirauschte. Eine gute Team-Mentalität sorgte jedoch dafür, dass dies nur ein Intermezzo blieb und Onisiwo schließlich mit seinem sehenswerten Treffer zum 5:2-Endstand den Deckel drauf machte.
"Das Potenzial dafür haben wir."
Lange ausruhen können sich die Mainzer nicht auf diesem wichtigen Erfolg. Bereits am Mittwoch folgt das Heimspiel im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Bayern München um 20:45 Uhr in der MEWA ARENA. "Jeder weiß, dass da nochmal eine Schippe drauf muss“, merkte Schmidt an und ergänzte. "Es wird ein komplett anderes Spiel, aber darauf kann man sich so richtig freuen, weil man weiß, dass man in der Bundesliga nach hinten Luft geschaffen hat, das bringt Ruhe. Jetzt können wir unbeschwert an dieses Pokalspiel rangehen." Man wolle den Bayern das Leben so schwer wie möglich machen, so Svensson: "Das Potenzial dafür haben wir."