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Profis 28.04.2017 - 11:00 Uhr

Bell: "In der Form noch nicht erlebt"

Vize-Kapitän Stefan Bell im Interview über den Kampf um den Klassenerhalt, den Punktgewinn bei den Bayern & sein Bekenntnis zum FSV

Jubel über einen Zähler in München: Stefan Bell holt sich Glückwünsche bei Sportdirektor Rouven Schröder ab. ©rscp

Er gehört gemeinsam mit Niko Bungert und Jannik Huth zu den dienstältesten Profis des FSV und in dieser Saison mit vier Treffern gleichzeitig zu den besten Torschützen. Da Kapitän Niko Bungert häufig nicht zur ersten Elf zählte, führte Stefan Bell den FSV zudem meist als Kapitän aufs Feld. Mit seiner Vertragsverlängerung mitten im Abstiegskampf setzte der 25-jährige Innenverteidiger kürzlich ein klares Zeichen, vom Klassenerhalt und dem gemeinsamen Weg am Bruchweg überzeugt zu sein. Im Interview mit www.mainz05.de spricht Bell über die Krise, die den FSV in den Abstiegskampf führte, den Aufwärtstrend der letzten Wochen und blickt voraus auf die Partie gegen Borussia Mönchengladbach am Samstagnachmittag in der OPEL ARENA (Anpfiff: 15:30 Uhr).

Die Negativserie von fünf Niederlagen in Folge und sechs Partien ohne Sieg haben wir zuletzt stoppen können, gegen Berlin gewonnen und selbst in München an drei Punkten geschnuppert. Wie erklärt ihr euch diese kleine Trendwende?

Bell: Schon bei den letzten beiden Niederlagen gegen Leipzig und in Freiburg haben wir unsere Leistung steigern können. Insofern war es für uns nur eine Frage der Zeit, wann wir wieder punkten werden. Schließlich hat der Trend schon vor dem Hertha-Spiel gestimmt. Zugute kam uns zudem die besondere Situation im Umfeld vor der Partie. Das hatte ich in der Form auch noch nicht erlebt. Das Umfeld ist noch mehr zusammen gerückt und die Fans haben uns signalisiert, dass sie dicht hinter uns stehen und gleichzeitig verlangen, dass wir an unsere Grenzen und mit 100 Prozent Einsatz in jedes Spiel gehen. Das hat seitdem auch der Letzte verstanden, denn wir setzen all das auf dem Platz um.

Was bedeuten ein Punktgewinn und die gemeinsame Abwehrschlacht in München auch für das Selbstvertrauen jedes einzelnen Spielers sowie für das Teamgefüge?

Bell: Der Punktgewinn war enorm wichtig. Mit ein bisschen Abstand denkt man sogar, man hätte vor der Pause ein Tor mehr schießen müssen und auch können. Da hatten wir so viele Chancen, wie wohl noch nie gegen den FC Bayern und haben es versäumt, die Basis für drei Punkte zu legen. Nach der Pause mussten wir das Ergebnis über die Zeit retten, weil Bayern einfach zu stark wurde. Etwas Zählbares mitzunehmen war aufgrund des betriebenen Aufwands einfach sehr wichtig für die Moral. Wir sind mit 124 Kilometern so viel gelaufen wie selten zuvor, das ist schon ein Extremwert, für den wir uns belohnen konnten. An einem Spieltag mit einem Auswärtsspiel in München einen Punkt auf die Konkurrenz gut zu machen, ist in jedem Fall sehr selten.

Auffällig war in den vergangenen beiden Spielen die Aggressivität und die Leidenschaft, mit der ihr von Anpfiff weg aufgetreten seid. Was habt ihr verändert?

Bell: Wir haben uns in unserer Herangehensweise nochmal ein Stück weit neu aufgestellt, haben uns vorgenommen, wieder mutiger und offensiver zu verteidigen sowie mehr Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte zu haben, grundsätzlich einfach weniger abzuwarten. Das hat gut funktioniert, weil wir so immer schnell in die Spiele finden. Zurück zu dem zu finden, was uns in der Vergangenheit stark gemacht hat, war sicher ein Schlüssel. Das ist die Spielweise, auf die wir auch damals gesetzt haben, als Martin Schmidt unser Trainer wurde. Das war eine ganz ähnliche Situation. Gegen Leipzig, aber vor allem gegen Berlin hat uns dabei natürlich auch die Atmosphäre in der OPEL ARENA Selbstvertrauen verliehen.

Wie habt ihr dorthin zurückgefunden?

Bell: Wir haben sehr viel an unserer Basis gearbeitet, in einer kleinen Gruppe auch in Gesprächen mit dem Trainerteam über die Situation gesprochen und Videosequenzen von damals angeschaut, um die Unterschiede vor Augen geführt zu bekommen. Das kann sehr hilfreich sein.

Du bist in der Innenverteidigung eine der wenigen Konstanten in dieser Saison. Ist es schwierig, sich immer wieder auf neue Partner einzustellen?

Bell: Ich glaube, grundsätzlich ist es hilfreich, nicht nur innen, sondern inklusive des Torwarts, der Außenverteidiger wie auch der zwei Sechser eingespielt zu sein. Gerade im Zentrum ist es wichtig, genau zu wissen, was dein Nebenmann macht. Zudem haben wir gerade in den Jahren, in denen wir in der Defensive personelle Kontinuität hatten, in der Liga sehr gut abgeschnitten. Im Moment funktioniert das sehr gut, auch weil wir uns problemlos verständigen können – ein Faktor, der nicht unterschätzt werden darf.

Trotz des Aufschwungs der letzten beiden Spiele haben wir noch nichts gewonnen. Worauf wird es morgen Nachmittag gegen Borussia Mönchengladbach ankommen, um die kleine Serie fortsetzen zu können?

Bell: Mönchengladbach dürfte ähnlich auftreten wie der FC Bayern und viel Wert auf eigenen Ballbesitz legen. Das könnte unserer Spielweise entgegen kommen, weil wir hoch in der gegnerischen anlaufen und pressen können. Denn mit den Fans im Rücken wollen wir die nötigen Punkte für den Klassenerhalt jetzt natürlich schnellstmöglich einfahren. Der Zusammenhalt und die Atmosphäre im Umfeld und allen voran in der Arena muss weiter von allen Seiten gelebt werden. 

Hat das Umfeld bei der Entscheidung zur Vertragsverlängerung im März trotz Abstiegskampf auch eine Rolle gespielt?

Bell: Es war so, dass ich schon sehr lange hier bin und auch gerade mit dem Zeitpunkt der Vertragsverlängerung ein Zeichen setzen wollte, dass ich überzeugt bin, aus der Situation gemeinsam rauskommen zu können. An meinem Verbleib habe ich aber eigentlich nie gezweifelt, genauso wenig daran, dass der Weg der Mannschaft sowie die Gesamtentwicklung stimmen. Jedes Jahr machen wir Fortschritte und haben in den kommenden Jahren auch noch einige Projekte vor uns, die wir umsetzen wollen. Wir haben hier eine sehr junge entwicklungsfähige Mannschaft, ich spiele regelmäßig und ich fühle mich wohl in der Stadt. Das Gesamtpaket passt perfekt für mich.