Profis 28.02.2018 - 13:00 Uhr
Bestwerte in der Laufleistung als Aufgabe
Ausgangslage vor dem Druckspiel beim HSV soll die 05er beflügeln - Defensive Stabilität bleibt die Basis
Im Volksparkstadion läuft die berühmte Uhr, die in Jahren, Tagen, Stunden, bis hin zur Sekundengenauigkeit davon kündet, seit wann der Hamburger SV schon in der Bundesliga spielt. Im Umfeld des Gründungsmitglieds gehen viele davon aus, dass diese Uhr am Ende des 55. Jahres der Ligazugehörigkeit stehen bleiben wird. Sieben Punkte Rückstand hat der HSV auf den Relegationsplatz und damit auf den 1. FSV Mainz 05. Die Partie am Samstag (15:30 Uhr) gegen die 05er wird deshalb allgemein als die letzte Chance angesehen, den erstmaligen Abstieg noch zu verhindern. Um sich in Ruhe auf diese Aufgabe vorzubereiten, zieht sich Trainer Bernd Hollerbach mit seinem Team am Donnerstag in ein Kurztrainingslager im Norden der Hansestadt zurück.
Bei den Hamburgern gehören solche Besinnungstage inzwischen zum Standardrepertoire. Der Klub steckt seit Jahren im Abstiegskampf und schon dreimal haben Kurztrainingslager bewirkt, dass die Stadionuhr weiter tickte. Allerdings hat der HSV diesen Joker noch nie so früh gezogen. Der Druck auf den Vorletzten ist gewaltig. Die Tatsache, dass der Verein das Duell mit der Mannschaft von Sandro Schwarz als Endspiel ausgerufen hat, sorgt dafür, dass ordentlich "Druck auf dem Kessel" ist, wie sich der 05-Trainer ausdrückt. HSV-Chef Heribert Bruchhagen erwartet jedoch, dass sein Team dieses Endspiel gewinnt und sich dadurch "eine Eigendynamik des Erfolges" einstellt.
Auf hitzige Atmosphäre einstellen
Die 05er haben natürlich mitbekommen, was da rund um den kommenden Gegner vor sich geht, geschrieben und berichtet wird. Für die Mainzer ist diese Partie jedoch kein Endspiel, weil sich zehn Spieltage vor Ultimo nichts entscheidet. Egal, welches Ergebnis am Ende auf der Anzeigetafel steht. "Wir nehmen das alles wahr und wissen, dass es ein Druckspiel wird. Wir schätzen unsere Situation so ein, dass wir eine Riesenmöglichkeit haben, ergebnistechnisch was zu machen", sagt Schwarz. "Wenn der HSV diese Partie aber als Endspiel ausruft, als Endspiel annimmt und sich so darauf vorbereitet, wäre es fatal, wenn wir uns nicht auf eine entsprechend hitzige Atmosphäre einstellen und uns nicht konsequent darauf vorbereiten würden. Ich rechne damit, dass es ein sehr emotionales, kampfbetontes Spiel wird. Unser Ansatz muss sein, inhaltlich total zu überzeugen, so rein zu stechen und alles zu tun, was dem Gegner wehtun und dessen Probleme vergrößern könnte."
Dem 39-Jährigen kommt es auf die richtige Betrachtungsweise der Situation an. Die Ausgangslage soll seine Mannschaft nicht lähmen, sondern beflügeln. Sieben Punkte Vorsprung auf den Konkurrenten, gleichzeitig aber nur einen Zähler Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz, wenige Punkte hinter dem relativ sicheren Mittelfeld zurück in einer Gemengelage, in der weitere fünf, sechs Klubs sich in den verbleibenden zehn Spielen erst noch im Abstiegskampf behaupten müssen. Die Denkweise, so der 05-Trainer, müsse da so sein, sich nicht mit dem Negativen zu beschäftigen, sondern die Aufgabe in Hamburg als eine reelle Chance zu begreifen, die eigene Situation maßgeblich verbessern zu können. Diese Aufgabe gelte es mit aller Konsequenz, aber auch mit einer gewissen kämpferischen Lust anzugehen. "Wir haben vier Punkte aus den letzten beiden Spielen mitgenommen. Wir haben in Berlin eindrucksvoll gewonnen, gegen Wolfsburg einen Punkt geholt in einem Spiel, in dem wir sicherlich etliche Dinge hätten besser machen können. Wir müssen die Dinge nicht schlecht reden und uns den Rucksack noch voller machen, sondern mit Sturheit und Konsequenz dran bleiben, unseren Weg weiter gehen."
341 Tempoläufe gegen den Ball
In diesem Abstiegskampf bleibt es dabei, dass die defensive Stabilität im Vordergrund stehen muss als Basis für das eigene Spiel und den Erfolg. "Das haben wir gegen Wolfsburg wieder gezeigt", betont Schwarz. Die Ordnung in der Arbeit gegen den Ball stimmte, das Vorwärtsverteidigen, über weite Strecken auch das Anlaufverhalten und vor allem der Wille.
"Die Umschaltdefensivszenen nach Ballverlust waren ausbaufähig. Da gibt es Entwicklungspotenzial, genauso wie im Spiel in die Spitze. Aber wir hatten gegen die Wolfsburger wieder eine sehr gute Laufleistung. 341 Tempoläufe gegen den Ball, knapp 200 Sprints. Das sind Bestwerte, die nehmen wir mit als Aufgabe für Hamburg", sagt der Coach. "Wir haben ein geiles Spiel vor der Brust. Es sind noch 30 Punkte im Topf. Hinfahren, Lust darauf haben, sich dem Ganzen entgegenzustemmen, das Spiel annehmen und erfolgreich bestreiten."