Profis 05.01.2021 - 18:30 Uhr

Zeit für ein neues Kapitel

Bo Svensson und sein Trainerteam leiteten am Dienstagnachmittag die erste Einheit am Bruchweg - Viele Einzelgespräche und konkrete Vorstellungen kurz- wie auch langfristiger Natur

Pünktlich um 15 Uhr machten sich die 05ER mit neuem Trainerteam auf den Weg zum Trainingsgelände am Rande des Bruchwegstadions.

"Es ist eine grundsätzliche Tugend in Mainz, ordentlich miteinander umzugehen", hatte Bo Svensson im Rahmen seiner offiziellen Vorstellung am Mittag in der OPEL ARENA verlauten lassen. Und der neue Cheftrainer ging im Anschluss an die erste Trainingseinheit mit gutem Beispiel voran, klatschte jeden einzelnen Spieler ab, wechselte einige Worte mit ihnen. Eine kleine Geste, die dennoch aufzeigen dürfte, woran es dem Ex-Profi gerade in diesen ersten Tagen des Kennenlernens gelegen sein dürfte. Schnell eine Einheit werden, sich gegenseitig nicht nur kennen, sondern auch verstehen lernen. Und gleichzeitig jedem Spieler Raum geben für seine Indiviudalität, wie er betonte. "Ich war selbst Profi und weiß ungefähr, wie die Abläufe und Strömungen in einer Mannschaft sind."

In seiner Zeit als Spieler habe er sich sowohl inhaltlich als auch in Sachen Menschenführung viel von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel abgeschaut, verriet der Däne an seinem ersten Arbeitstag an alter Wirkungsstätte. "Ich wäre blöd, wenn ich das nicht getan hätte. Das hat damals auch die Lust in mir geweckt, sellbst Trainer zu werden in meinem letzten Jahr als Spieler. Denn eigentlich war ich damals ein bisschen satt von dieser Fußballwelt." Nun also schlägt der ehemalige Innenverteidiger selbst ein neues Kapitel auf am Bruchweg und ist dafür ganz bewusst mit einem langfristigen Vertrag bis zum Sommer 2024 ausgestattet worden. Einen gehörigen Anteil daran, dass der Hunger letztendlich doch noch nicht gestillt worden war, trug im Übrigen auch Christian Heidel, wie der neue Vorstand Strategie, Sport und Kommunikation am Dienstag zu Protokoll gab: "In seinem letzten Jahr als Profi saß Bo häufig auf der Bank. Ich habe ihn beobachtet und gespürt, da sitzt ein kommender Trainer, so wie er das Spiel kommentiert und analysiert hat. Ich war sogar überzeugt, hier sitzt ein kommender Trainer von Mainz 05." Eine weitsichtige Einschätzung des 57-Jährigen, die sich nun Anfang Januar 2021 bewahrheitet hat.

Tag eins als Cheftrainer am Bruchweg

Unverhoffter Erstkontakt an Heiligabend

Viel Zeit zur Vorbereitung seiner neuen Aufgabe hat Svensson seit der ersten Kontaktaufnahme durch Heidel an Heiligabend ("Ich dachte zuerst, er sitzt auf Mallorca und will ein bisschen quatschen", so Svensson lachend) nicht gehabt. Doch durch die Anbahnung der Zusammenarbeit zum Jahresende habe er sich durchaus bereits damit beschäftigt, wie er die Aufgabe an den ersten Tagen gemeinsam mit dem Trainerteam angehen wolle: "Natürlich haben wir uns vorab Gedanken gemacht über diese Woche. Ein bisschen Zeit war da, ich habe Spiele geschaut und Mainz ohnehin immer mitverfolgt. Ich kenne die Mannschaft und habe eine klare Idee, wie wir die Woche angehen. Natürlich geht es jetzt erstmal um kurzfristige Ziele und darum, in der Liga zu bleiben." Dennoch sei nicht zuletzt auch schon in diesen Tagen und Wochen eine Auseinandersetzung mit der Frage wichtig, wie wir Mainz 05 auf die Zukunft vorbereiten, erläuterte Svensson, der die erste Einheit in weiten Teilen aus der Beobachterrolle verfolgte, die Zeit für Einzelgespräche nutzte und seine Co-Trainer Patrick Kaniuth und Babak Keyhanfar meist die Erklärungen der einzelnen Übungsformen überließ. Zumindest Teile des Mannschaftstrainings konnte dabei am Dienstag im Übrigen auch wieder Levin Öztunali absolvieren, der zuletzt aufgrund einer in der Partie gegen die TSG 1899 Hoffenheim erlittenen Muskelverletzung hatte pausieren müssen.

Wie es nun neben der täglichen Arbeit auf dem Rasen weitergeht? "Wir sind dran, den ganzen Kader zu analysieren, und zu überlegen, was bei dem einen oder anderen Spieler für ihn und auch für uns Sinn machen könnte. Gleichzeitig sind wir auf dem Markt unterwegs und schauen, wo wir uns womöglich verstärken können. Aber es muss zu uns passen und eine langfristige Perspektive geben", verdeutlicht Svensson, dass er zum einen grundsätzliches Vertrauen in den Kader habe und etwaigen Verstärkungen zum anderen keinerlei Aktionismus zugrunde liegen werde.

In vier Tagen steht das Rhein-Main-Duell mit Eintracht Frankfurt an: Die Auseinandersetzung mit dem kommenden Gegner hat längst begonnen bei Svensson und seinem Trainerteam.

Auch ein weiteres ihm am Herz liegendes Thema sprach der Cheftrainer anschließend an, das er künftig weiter forcieren und noch stärker verfolgen möchte: "Es ist auf jeden Fall mein Anspruch, dass die Verbindung des Nachwuchsleistungszentrums zu den Profis noch enger wird. Wir wollen hier ganz bewusst jungen Spielern die Chance geben, weil wir sehen, dass wir sehr viele Talente haben. Das NLZ macht inhaltlich sehr gute Arbeit. Das ist ein Stück unserer Philosophie und Strategie für die Zukunft und letztendlich ein Teil dessen, was Mainz 05 auszeichnet." Mit Finn Dahmen, Paul Nebel, Niklas Tauer und Merveille Papela haben in dieser Saison bereits vier Eigengewächse ihr Bundesliga-Debüt geben dürfen. Geht es nach Svensson, dürften in den kommenden Jahren viele weitere Namen folgen, die die 05-DNA, ebenso wie den erwarteten respektvollen Umgang miteinander, im Rahmen ihrer fußballerischen Ausbildung aufgesaugt haben.