Spielbericht 16.01.2021 - 00:00 Uhr
Packende Partie beim BVB: FSV verdient sich Punkt beim Vizemeister
Erling Haaland ausgeschaltet, am Sieg geschnuppert und letztlich zumindest als moralischer Sieger vom Platz gegangen: Mit einem Zähler im Gepäck kehrt der 1. FSV Mainz 05 nach dem 1:1 (0:0) bei Borussia Dortmund zurück an den Bruchweg. Und das nach 90 Minuten, die wohl alles zu bieten hatten: Neben dem Traumtor von Levin Öztunali zur Gäste-Führung, die Thomas Meunier wenig später egalisieren konnte, scheiterten die 05ER dabei gleich zwei Mal am Aluminium, während Robin Zentner mit reihenweise klasse Reflexen zu überzeugen wusste und BVB-Kapitän Marco Reus einen Foulelfmeter neben das Gehäuse setzte.
Drei Veränderungen hatte Bo Svensson gegenüber der Niederlage gegen Frankfurt vorgenommen: Stefan Bell, dem die lange Abstinenz kaum anzumerken sein sollte, ersetzte den angeschlagenen Jeremiah St. Juste und kam so zu seinem ersten Bundesliga-Spiel seit März 2019. Phillipp Mwene übernahm für den ebenfalls angeschlagenen Daniel Brosinski und Öztunali erhielt den Vorzug vor Kevin Stöger. Personalien, die auch damit zusammenhingen, dass sich der Cheftrainer beim Vizemeister für eine 5-3-2-Grundordnung entschieden hatte, mit Bell im Zentrum und den beiden anderen frischen Kräften auf den Außenpositionen.
Das Spiel hatte kaum begonnen, da zappelte das Leder bereits im Netz des FSV. Allerdings stellte sich nach rund zweiminütiger Prüfung durch den Videoassistenten heraus, dass Meunier vor dem vermeintlichen Treffer durch Haaland mit einer Fußspitze im Abseits gestanden hatte. Die richtige Entscheidung – durchatmen! Zwar trat die Borussia dominant auf und hatte mehr vom Spiel. Doch was Svensson im Vorfeld angekündigt hatte, nämlich, auch selbst Akzente setzen zu wollen, deutete sich nach neun Minuten erstmals an. Nach schöner Spielverlagerung von Kapitän Danny Latza auf den aufgerückten Öztunali bediente dieser Jonathan Burkardt, dessen Schuss am Außennetz landete. Drei Minuten später entschärfte dann Zentner, der vor allem in diesem ersten Durchgang einen Sahnetag erwischte hatte, einen Freistoß von Reus aus 18 Metern sicher (12.). Doch die Defensive der 05ER stand meist kompakt und gut organisiert, die Gastgeber fanden zunächst keine weiteren Lücken. Die nächste nennenswerte Aktion folgte daher auf der gegenüberliegenden Seite, als Latza Roman Bürki aus 16 Metern prüfte (19.). Im Anschluss sollte sich die Dortmunder Überlegenheit jedoch zunächst auch in weiteren Torchancen widerspiegeln und die Nummer eins der Mainzer weitere Möglichkeiten haben, sich auszuzeichnen. Sowohl gegen Julian Brandts Schlenzer (23.) als auch gegen einen Lupfer des völlig freien Reus reagierte Zentner glänzend (26.).
Der Druck nahm zu und nach einer guten halben Stunde setzte BVB-Talent Jude Bellingham seinen Schuss aus spitzem Winkel ans Aluminium (31.). Der FSV reagierte und attackierte in der Folge zunächst höher und noch aggressiver den Dortmunder Spielaufbau, die bis zum Pausenpfiff keine weitere Gelegenheit zur Führung haben sollten. Vielmehr war es Robin Quaison, der das letzte Ausrufezeichen des ersten Durchgangs per Dropkick aus gut 20 Metern setzte, Bürki klärte mit beiden Fäusten (44.). Gut organisierte Gäste hatten sich das torlose Remis zu diesem Zeitpunkt dank eines disziplinierten Auftritts und eines starken Torhüters durchaus verdient.
Impressionen aus Dortmund
Packender zweiter Durchgang: Meunier kontert Öztunali-Hammer
Der zweite Durchgang, den die 05ER in gleicher Formation begingen, begann deutlich weniger spektakulär als die erste Hälfte. Umso spektakulärer war dafür der Hammer, den Öztunali nach 57 Minuten auspacken sollte: Der Außenverteidiger zog vom rechten Flügel nach innen, zog völlig ansatzlos mit seinem schwächeren linken Fuß ab und setzte das Leder äußerst sehenswert in den Winkel ("Super, wenn man der Mannschaft mit dem 1:0 helfen kann. Der Ball lag gut, der linke Fuß ist nicht nur zum Stehen da und dann hab ich ihn halt reingeschossen", erläuterte ein zufriedener Torschütze nach der Partie sein simples Erfolgsgeheimnis) – der FSV führte plötzlich. Und hätte um ein Haar wenig später Treffer Nummer zwei nachgelegt. Ein Latza-Freistoß segelte in den Strafraum, wo der Kopfball-Aufsetzer von Alexander Hack letztlich am Querbalken landete (63.). Der BVB wollte in der Folge den Ausgleich, kam zu zahllosen Passstafetten in der Hälfte der Mainzer, die ihrerseits aber spätestens ab am Strafraum resolut am Mann waren und immer wieder zupackten. Die Gastgeber mussten sich in Geduld üben gegen engangierte 05ER, die zudem nach 70 Minuten rund sieben Kilometer mehr abgespult hatten als die Dortmunder. Es war nun eine kräftezehrende Angelegenheit im Signal Iduna Park.
Und womöglich auch dieser Tatsache geschuldet, dass wenig später der BVB mehr oder weniger aus dem Nichts zum Ausgleich kommen sollte. Moussa Niakhaté hatte die Situation gegen den eingewechselten Youssoufa Moukoko eigentlich schon geklärt, doch der 16-Jährige erkämpfte sich das Leder an der Grundlinie, von wo aus er vor das Tor passte, Mwene genau vor die Füße von Meunier klärte, der den Ball aus 14 Metern im Gehäuse unterbrachte (73.). Ärgerlich. Noch bitterer schien es dann keine 60 Sekunden zu werden. Hack kam gegen den Torschützen zu spät und Schiedsrichter Sven Jablonski zeigte auf den Punkt, von wo aus Reus die Gelegenheit auf die Führung jedoch liegen ließ, als er den Ball neben das Tor setzte (76.). Es waren packende, hochintensive Minuten in dieser Schlussphase, weil auch die Mainzer nicht aufsteckten und die erneute Führung kurz darauf nur knapp verpassten. Manuel Akanji hatte Burkardts Schuss geblockt, doch das Leder landete bei Latza, dessen Versuch vom Innenpfosten gen Torlinie rollte, wo Raphael Gurreiro letztlich klären konnte (78.). Von den beiden Schockmomenten hatten sich die Mainzer schnell erholt, standen defensiv nun wieder dicht gestaffelt und setzten weiter auch offensive Nadelstiche. Einen Freistoß von Latza fischte Bürki nach 85 Minuten aus dem Torwinkel. Dortmund suchte weiter vergebens nach Lücken, während der FSV auf Konter lauerte: In der 87. Minute nahm sich Niakhaté ein Herz, startete am eigenen Strafraum zum Sololauf über 80 Meter bis in den gegnerischen Sechzehner, wo dem Franzosen letztlich die Kräfte ausgingen und er den Ball einen guten Meter am Tor vorbeisetzte – dennoch eine Szene, die den Willen der Mainzer an diesem Nachmittag unterstrich. Wenig später war Schluss, die Gäste erkämpften sich einen wertvollen und gleichfalls unverhofften Zähler im Kampf um den Klassenerhalt. Ob er Rückenwind verleihen kann vor Beginn der Englischen Woche, werden die beiden anstehenden Auftritte in der OPEL ARENA gegen den VfL Wolfsburg am Dienstag und RB Leipzig am kommenden Samstagnachmittag zeigen. Mindestens als Mutmacher muss der gemeinsam erarbeitete siebte Punkt der Saison bei einer starken Borussia aber allemal dienen.