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Profis 16.05.2023 - 19:10 Uhr

Dahmen: Zwischen Wehmut & Vorfreude

Abschied in Freundschaft: Vor seinem letzten Heimspiel lässt das Eigengewächs seine Zeit am Bruchweg Revue passieren

Eigengewächs & klasse Torhüter: Am Sonntag wird Dahmen die MEWA ARENA letztmals als 05ER betreten.

Er ist ein echtes Mainzer Eigengewächs und Sinnbild der Philosophie des FSV: Seit 15 Jahren hütet Finn Dahmen bei den Rheinhessen das Tor, durchlief seit der U11 sämtliche Mannschaften im Nachwuchsleistungszentrum von Mainz 05 und wurde am Bruchweg zum Profi. Ab Sommer stellt sich der Keeper nun einer neuen Herausforderung und verlässt den Verein, bei dem er "gefühlt sein ganzes Leben" Fußball spielte, Freunde fürs Leben fand und einst in einem verrückten Spiel in München in der Bundesliga debütierte. "Ich glaube, es ist notwendig, dass ich jetzt den nächsten Schritt mache, bin aber sehr dankbar für die Zeit hier“, erklärte der Keeper vor seinem letzten Heimspiel im 05-Trikot am Sonntag (15:30 Uhr, live auf DAZN & 05ER.fm) gegen den VfB Stuttgart.

Ein großer Schritt

"Es wird sehr komisch", beschreibt Dahmen das Gefühl, nach 15 Jahren bald nicht mehr täglich zum Bruchweg zu fahren. Nicht nur, nicht mehr regelmäßig mit den gewohnten Teamkollegen Zeit verbringen zu können ("die mir sehr ans Herz gewachsen sind“) - hinzu komme, erstmals von der Familie getrennt zu sein. "Ich war  mein ganzes Leben hier, das wird auf jeden Fall ein großer Schritt." Auf den sich der 25-Jährige freut und mit dem Wechsel seine Karriere weiter voranbringen möchte. "Ich möchte einfach regelmäßig spielen, weil das so einen Spaß macht, und mich als gestandener Profi in der ersten Liga etablieren“, erklärt der Torwart.

An seine ersten Schritte beim FSV erinnert sich der gebürtige Wiesbadener noch gut. "Ich muss sagen, ich war damals ein bisschen traurig“, gibt er zu, schließlich seien seine Eltern zunächst ausschlaggebend für den Wechsel von Eintracht Frankfurt an den Bruchweg gewesen. "Das war einfach ein bisschen näher", so Dahmen über seine Anfänge beim FSV. "Es war aber absolut die richtige Entscheidung“, hat der Schlussmann den Wechsel nach Mainz nie bereut, wo er sich "sofort wohlgefühlt“ und "die Jahre mega genossen" hat.

Sein Profi-Debüt gab Dahmen im Januar 2021 in München.

Fokus auf den Fußball nie ein Problem

"Ich fand es immer cool, in dem jungen Alter auf Turnieren schon gegen die großen Mannschaften spielen zu dürfen", blickt der elffache Bundesliga-Spieler auf die ersten Jahre im Mainzer Nachwuchsleistungszentrum zurück. Dabei habe er nie das Gefühl von Druck verspürt, "mir hat das Fußball spielen einfach immer Spaß gemacht." Besonders prägend seien die "sehr guten Torwarttrainer" mit derselben Idee, aber unterschiedlichen Schwerpunkten gewesen. 

In Kooperation mit einer Partnerschule in Wiesbaden sei zudem darauf geachtet worden, Schule und Fußball "unter einen Hut zu bekommen." Hier und da mit 16, 17 oder 18 Jahren mal eine Geburtstagsfeier absagen zu müssen, den Fokus stattdessen auf den Fußball zu legen, sei für den späteren U21-Nationalspieler nie ein Problem gewesen. "Weil ich das wollte und mich niemand dazu gezwungen hat", so der langjährige 05ER.

Debüt gegen die Bayern

Die harte Arbeit und der Verzicht sollten sich auszahlen: Über die U23 – für die er gegen die Stuttgarter Zweitvertretung 2018 ein absolutes Traumtor erzielte - wurde Dahmen zum Profi. Im Januar 2021 debütierte der damals 22-Jährige gegen den FC Bayern in der Bundesliga und erlebte dort seinen speziellsten Moment in 15 Jahren Mainz 05, auf den er all die Jahre hingearbeitet hatte. "Ich konnte es nicht fassen. Auch wenn die zweite Hälfte nicht wie geplant lief, war es ein cooler Moment und ein Lebenstraum, der wahrgeworden ist“, blickt Dahmen auf die 2:5-Niederlage – nach einer 2:0-Halbzeitführung - gegen den Rekordmeister zurück. Vor Aufregung habe er die Nacht zuvor nur "zwei oder drei Stunden" schlafen können. "Da hatte ich wirklich ein schlechtes Gewissen, aber es ist Gott sei Dank einigermaßen gutgegangen. Es war Wahnsinn, plötzlich neben Lewandowski, Müller und Co. zu stehen", erinnert sich der Torhüter.

Nun, rund zweieinhalb Jahre nach seinem Bundesliga-Debüt, steht Dahmen also vor seinen letzten beiden Partien als 05ER. "Ich glaube schon, dass es emotional wird, bestimmt auch ein bisschen traurig“, sagt der Keeper mit Blick auf das Heimfinale gegen den VfB Stuttgart, auch wenn er seinen nahenden Abschied noch nicht so richtig realisiert habe. Er versuche, in den verbleibenden Tagen nochmal die Stimmung aufzusaugen und einfach zu genießen. 

16.05.2023

Dahmens Traumtor im Video

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Dankbarkeit für das Vertrauen & ein kollegiales Verhältnis

Wem er den Weg in die Bundesliga unter anderem zu verdanken hat, ist sich der 25-Jährige bewusst: "Kuhni hat mich geprägt. Er war derjenige, der mir zugetraut hat, Profi zu werden“, spricht Dahmen über die langjährige Zusammenarbeit mit FSV-Torwarttrainer Stephan Kuhnert. "Allein dafür bin ich ihm sehr dankbar. Und auch für die ganze Arbeit, die er in mich gesteckt hat. Man merkt, dass ihm alle Torhüter sehr am Herzen liegen, er für jeden das Beste möchte und ich hoffe, dass der Kontakt weiter bestehen wird“, so Dahmen vor seinem Abschied.

Auch mit Torwart-Kollege Robin Zentner arbeitet der 25-Jährige nun bereits seit vielen Jahren zusammen. "Es war von Anfang an ein kollegiales, freundschaftliches Verhältnis und hat großen Spaß gemacht“, berichtet der scheidende Keeper. Es sei nicht selbstverständlich, sich so gut zu verstehen. "Ich wünsche Robin, Lasse und allen, mit denen ich arbeiten durfte, nur das Beste für die Zukunft. Ich glaube, wir werden in Kontakt bleiben“, so Dahmen.

Das Beste herausholen

Und dennoch sei es natürlich eine schwierige Situation gewesen, lange auf Augenhöhe mit Zentner zu agieren, aber trotzdem nicht regelmäßig zu spielen. "Klar hätte ich mir gewünscht, das eine oder andere Spiel mehr für Mainz 05 machen zu dürfen. Aber so ist es im Profi-Fußball, da kann man keinem böse sein. Trotzdem will ich das Beste aus meiner Karriere machen und muss deshalb jetzt den nächsten Schritt gehen“, begründet der Torwart seinen Abgang. 

Als Keeper sei man eben auf Verletzungen oder Sperren des Teamkollegen angewiesen, um zu Einsatzzeiten zu kommen. "Es ist nicht üblich, einen Torwart rauszunehmen, es sei denn er baut richtig Scheiße. Das ist bei der Qualität der Torhüter hier aber nicht so regelmäßig der Fall“, so Dahmen mit einem Grinsen. Bei allem Abschiedsschmerz überwiege daher die Vorfreude darauf, zukünftig Woche für Woche spielen zu können.

Beim Auswärtssieg in Leverkusen parierte Dahmen in dieser Saison seinen ersten Strafstoß in der Bundesliga.

"Unvergessliches Erlebnis" in Leverkusen

So, wie es beim FSV Anfang des Jahres – begünstigt durch den Ausfall Zentners – der Fall war, als Dahmen erstmals in sieben Pflichtspielen in Serie bei den Profis auf dem Platz stand. "Es war eine intensive Zeit mit vielen Spielen hintereinander. Ich habe mich sehr gefreut, habe ordentliche Leistungen gezeigt und wir haben relativ viele Punkte geholt", blickt das Eigengewächs zurück. Die Unterstützung der Fans sei cool gewesen, die "Humba" nach dem Auswärtssieg in Leverkusen ein "unvergessliches Erlebnis." Das Rundum-Paket inklusive des ersten gehaltenen Bundesliga-Elfmeters der Karriere und dem Rosenmontag am Tag darauf habe an diesem Fastnachtssonntag einfach gepasst.

Dankbar ist Dahmen aber besonders für den Support der Fans, die seine Leistungen stets würdigten, "die es vielleicht auch cool finden, dass ich hier aus der Jugend komme und mir anmerken, dass mir der Verein etwas bedeutet", so der langjährige 05-Schlussmann, der hofft, in Mainz zukünftig ein gerne gesehener Gast zu sein. Zuerst möchte das FSV-Eigengewächs die Spielzeit aber noch zu einem vernünftigen Abschluss bringen. "Das Ziel ist es, das nächste Spiel zu gewinnen, das sind wir uns und den Fans schuldig, weil wir eine sehr gute Saison spielen. Es wäre schade, wenn wir da mit einem schlechten Gefühl rausgehen.“