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Profis 13.05.2022 - 10:00 Uhr

Brosinski: "Das wird nochmal ein Gänsehaut-Moment"

Nach acht Jahren endet die Zeit am Bruchweg, den Brosi mit "zwei lachenden Augen" verlässt. Während er am Wochenende mit der einen oder anderen Träne rechnet, möchte er ab der neuen Saison wieder regelmäßig auf dem Platz stehen.

223 Pflichtspiele, zwölf Treffer und 32 Assists: In acht Jahren - 2014 war er von der SpVgg Greuther Fürth zum FSV gewechselt - hat Daniel Brosinski viel erreicht und viel erlebt rund um den Bruchweg. Er hat eine Ära geprägt, die mit seinem letzten Einsatz am Wochenende gegen Eintracht Frankfurt enden wird. Der Vertrag des 33-Jährigen läuft aus und wird nicht verlängert, darauf haben sich beide Seiten verständigt. Trotz der bevorstehenden Trennung werde er auf die Zeit als 05ER "mit zwei lachenden Augen" zurückblicken, wenngleich er davon ausgeht, dass es am Samstag emotional zugehen könnte." Es ist nicht nur ein sportlicher Teil meines Lebens, der endet", betont der Außenverteidiger. 

Schon zu Beginn seines letzten Interviews als 05-Profi ist Brosi, wie er hier seit dem ersten Tag gerufen wird, sichtlich berührt. Zwar sei ihm schon seit dem Winter relativ klar gewesen, dass es die letzte Saison als Mainzer sein dürfte. Die letzten Trainingseinheiten, der bevorstehende letzte Einsatz im rot-weißen Trikot lösen dennoch eine Menge aus. Erinnerungen kommen hoch, zumeist positive, wie er betont. Hinzu kommt die Vorstellung, ab der neuen Saison nicht mehr an den Bruchweg zu fahren: "Ich kann mir kaum vorstellen, ab dem Sommer auf ein anderes Trainingsgelände zu fahren. Zum Spaß habe ich den Jungs schon gesagt, dass ich mich zum Trainingsauftakt hierher verfahren werde, weil ich seit acht Jahren keinen anderen Weg mehr kenne. Ich werde sehr viel vermissen, vor allem die Zeit mit den Jungs, aber natürlich auch die Spiele vor den Fans in der Arena." Ans Aufhören denkt er allerdings noch längst nicht. Dafür, so der gebürtige Karlsruher, fühle er sich noch "zu fit, und dafür bin ich auch noch zu gut", sagt er nach 15 Jahren im Geschäft selbstbewusst. 

Der Sprung zum Profi war Brosinski einst in seiner Heimatstadt gelungen. Im Alter von 19 Jahren stand er erstmals im Bundesliga-Kader des KSC, für den er jedoch ohne Einsatz bleiben sollte. Und die Erinnerung an diese Zeit verrät viel über den Fußballer Daniel Brosinski. "Ich weiß es noch genau: Das erste Mal war ein Heimspiel gegen Hertha BSC (Anm. d. Red.: im November 2007) im Wildparkstadion. Das zweite Mal bei einem Auswärtsspiel in Bochum. Ich muss sagen: Beim ersten Mal habe ich mich gefreut. Aber schon in Bochum habe ich mich geärgert und gefragt, weshalb ich überhaupt mitgefahren bin. Ich war damals schon wahnsinnig ambitioniert und wollte immer spielen, egal wie, wo oder wann. Das hat sich bis heute nicht geändert, bis auf die Tatsache, dass man heute vielleicht besser mit den Entscheidungen umgeht als früher", erklärt er. 

Acht Jahre in 05 Bildern

Mit einem lachenden und weinenden Auge

Und wie schwer fiel es in der zu Ende gehenden Saison, in der er nach Jahren als Stammspieler vor dem Frankfurt-Spiel nur noch elf Mal in der Bundesliga zum Einsatz gekommen ist? "Es ist immer eine Entscheidung des Trainers, und Silvan hat es ohne Frage hervorragend gemacht. Das muss man anerkennen, wenngleich ich mit einem lachenden und weinenden Auge zugeschaut habe. Ich habe es akzeptiert. Letztendlich gehört die Erfahrung zum Fußball dazu, dass es nicht nur Sonnen-, sondern auch Schattenseiten gibt. Jetzt steht ein neuer Schritt bevor, ich lasse diese acht Jahre hinter mir, aber dann ganz sicher mit zwei lachenden Augen." 

Im Spiel gegen die Eintracht wird Cheftrainer Bo Svensson Brosinski nun noch ein letztes Mal das Vertrauen schenken und seinen Routinier für die Startelf nominieren, wie er bereits auf der Pressekonferenz angekündigt hat. Der Profi habe sich das verdient: "Brosi hatte hier lange einen Stammplatz. Und er hat bis heute eine Bedeutung für die Kabine, hat seine eigene Meinung, Ecken und Kanten. Das tut einer Mannschaft wie unserer sehr gut. Er ist ein Spieler, den man als Trainer gerne hat, auch wenn er mit diesem Jahr natürlich nicht zufrieden war. Er hat der Gruppe dennoch auf eine andere Art und Weise viel gegeben. Acht Jahre hier zeigen seine Bedeutung. Er hat verdient zu spielen und dass die Zuschauer ihn hier nochmal sehen als wichtigen und großen Spieler von Mainz 05", brachte der Däne seinen Respekt vor dem Abschied zum Ausdruck.

Gänsehaut & Tränen

Dass Brosinski noch einmal alles geben wird, um sich gebührend von den 05-Fans zu verabschieden, ist klar. Dass es kein normales Bundesliga-Spiel werden wird, ebenso: "Das wird nochmal ein Gänsehaut-Moment, in dem sicherlich auch die eine oder andere Träne fließen wird", so Brosinski mit Blick auf seine Gefühlslage. "Ich hoffe nochmal auf einen Derbysieg und einen geilen Saisonabschluss vor ausverkauftem Haus, was in den letzten zwei Jahren leider alles andere als normal war."

Absehbar, oder gar normal, war auch die Entwicklung Brosinskis zu einem echten 05ER nicht, als er 2014 seinen Dienst am Bruchweg antrat und sich schon in seiner ersten Saison einen Stammplatz erspielen konnte. "Ich kam mit dem Ehrgeiz, in der Bundesliga auf dem Platz zu stehen. Ich bin hierher gewechselt, um zu spielen, was gleich im ersten Jahr gut funktioniert hat." Nun geht er mit mindestens einem Rucksack voller Erinnerungen und zudem vielen neuen Freundschaften im Gepäck. "Es ist nicht nur ein sportlicher Teil meines Lebens, der endet. Auch privat habe ich hier viele Freunde kennengelernt. Ich werde immer mit einem Auge herschauen und sicherlich auch so oft es geht zurückkehren." Die acht Jahre seien wahnsinnig schnell vergangen, erfüllen ihn aber gleichzeitig mit Stolz: "Wenngleich aktuell die Trauer überwiegt", fügt er hinzu. "Denn am liebsten hätte ich auch in dieser Saison jedes Spiel gemacht." Nun sei es eben an der Zeit zu sagen: "Ok, es war eine geile Zeit, aber beide Seiten brauchen diese Veränderung."

Wieder häufiger auf dem Platz stehen möchte Brosi ab der kommenden Saison dann bei einem neuen Verein. Zeitdruck verspürt er bei der Suche keinen, kann sich sowohl einen Wechsel in die USA vorstellen als auch einen neuen Klub in Deutschland: "Ich werde Sonntag nach Hause nach Karlsruhe fahren, freitags geht es dann schon in den Urlaub. Vorher werde ich alles sacken lassen und sicher ein, zwei Tage brauchen, um das emotional zu verarbeiten. Danach geht der Blick nach vorne, ich hatte zum Glück nie eine schwere Verletzung und traue mir noch zwei, drei Jahre auf gutem Niveau zu. Ich hoffe, dass im Juni dann irgendwann Klarheit herrscht, bleibe ehrgeizig und möchte kein Standby-Profi sein oder es jetzt einfach ausklingen lassen."

Acht Elfmeter, acht Treffer: Brosis Elfmeter-Geheimnis

Eiskalt vom Punkt: Hier verwandelt Brosi seinen Strafstoß gegen Nürnberg im Januar 2019.

"Zu viel darf ich nicht verraten, denn wer weiß, was am Samstag passiert: Aber ich habe es schon immer geliebt, die Verantwortung zu übernehmen und beispielsweise im Elfmeterschießen als letzter Schütze anzutreten, wenn jeder auf dich schaut. Bis heute liebe ich das Gefühl, wenn die gegnerischen Fans hoffen, dass du verschießt. Man muss einfach locker bleiben, schauen, was der Torwart macht, die Ecke anvisieren und gucken, dass der Ball ins kleine Netz neben dem Pfosten geht. Dann ist er fast unhaltbar. Weh getan, das muss ich ehrlich sagen, hat mir das Bielefeld-Spiel. Hätte ich auf dem Platz gestanden, hätte ich alle drei Elfmeter geschossen", so Brosi lachend.