Profis 10.12.2018 - 12:30 Uhr
"Das ist großer Sport"
1:1 gegen Hannover 96 überlagert von Diskussionen um Schiri und Video-Assistenten - Brosinski-Tor zum Jubiläum
Nur der herzerwärmende Schlusspunkt blieb dem 1. FSV Mainz 05 nach aller Aufregung im Spiel der Herzen versagt. Die explodierenden Gefühle, der ekstatische Jubel nach dem Kopfball von Anthony Ujah, der in der Nachspielzeit ein selten gesehenes Powerplay nach frühem Rückstand zum vermeintlichen Siegtor krönte, fanden ein abruptes Ende durch den Video-Assistenten, der den Treffer annullierte, weil Ujah minimal im Abseits stand. So blieb es bei einem 1:1-Unentschieden gegen Hannover 96, das Daniel Brosinski in seinem 150. Bundesligaspiel mit einem Elfmetertor sicherte. Und das nachher fast ausschließlich von Diskussionen über den Sinn und Zweck der Entscheidungen aus dem Video-Keller bestimmt war.
Die Verantwortlichen des Tabellenvorletzten fühlten sich besonders benachteiligt und nahmen dabei kein Blatt vor den Mund. Weil dem Strafstoß zum 1:1 eine Aktion vorausgegangen war, die der Gegner als "krasse Fehlentscheidung" wertete. Jean-Philippe Mateta kam bei seinem Dribbling im Strafraum nach einem Hüft-Rempler von Matthias Ostrzolek zu Fall, Schiedsrichter Robert Hartmann zeigte auf den Punkt, der Video-Assistent hatte keine Einwände, Brosinski vollstreckte in der 89. Minute präzise. "Wenn wir diese Situation nicht als Schwalbe bewerten, dann können wir aufhören und diesen Video-Assistenten abschaffen", wetterte André Breitenreiter. "Eine klare Schwalbe. Es ist kein Kontakt dagewesen", behauptete der 96-Trainer, der wie seine Spieler vehement Matetas Eingeständnis dafür forderte.
Mateta: War keine Schwalbe
"Eine Schwalbe sieht anders aus", sagte Sandro Schwarz, der die Szene zwar ebenfalls als nicht elfmeterwürdig einstufte, der aber seinen Mittelstürmer in Schutz nahm. Man könne nicht verlangen, dass Mateta in der Pflicht sei, freiwillig zum Schiedsrichter hinzugehen. "Es liegt nicht in der Verantwortung eines Spielers für Gerechtigkeit auf dem Platz zu sorgen. Dafür haben wir Schiri, Linienrichter plus Video-Assistent." Und auf die Aussage Ostrzoleks, Mateta habe im Gespräch seine Schwalbe zugegeben, antworte Schwarz: "Ich frage mich, wie das funktionieren soll." Angesichts der nicht vorhandenen Konversationsmöglichkeiten des Franzosen in deutscher Sprache.
Der 05-Stürmer selbst ließ nachher seine Sicht der Dinge übersetzen. "Es gab einen Rempler und ich war im Lauf. Ich kann mich nicht für eine Schwalbe entschuldigen, die keine war." Rouven Schröder erklärte, das Ganze auf diese eine Situation runter zu brechen, sei fehl am Platz. "Grundsätzlich gab es viele Entscheidungen, die nicht richtig waren. Heute kann damit keiner zufrieden sein."
Klarer Elfer nach Handspiel
Denn auch die 05er hatten allen Grund zur Klage. In der 28. Minute köpfte sich 96-Innenverteidiger Kevin Wimmer bei der Abwehr eines harten Brosinski-Schusses den Ball selbst an die ausgestreckte Hand. Der Schiri ließ zunächst weiterlaufen, schaute sich dann aber auf ein Zeichen von Video-Assistent Patrick Ittrich aus Köln hin die Szene noch einmal an und blieb bei seiner Entscheidung. "So, wie diese Dinge in den letzten Wochen bewertet wurden, ist das ein glasklarer Elfer", sagte Schwarz, dem in der Sache die Stringenz fehlt. "Es muss auf allen Plätzen der Bundesliga genau gleich behandelt werden. Und das ist nicht gegeben, das muss man klar sagen."
Bei allem Drumherum geriet die mitreißende Dynamik, mit der die 05-Profis sich anschickten, den Rückstand aufzuholen, den Hendrik Weydandt mit seinem Treffer in der zwölften Minute den in dieser Phase unorganisierten Mainzer aufbürdete, fast in den Hintergrund. Danach bauten die 05er kontinuierlich Druck auf, vor allem im zweiten Durchgang. "Wir haben eine enorme Wucht entwickelt, waren oft in der gegnerischen Box, waren drückend überlegen. Wir haben eine Top-Mentalität an den Tag gelegt. Ein großes Kompliment an die Mannschaft, wie sie aufgetreten ist und mit welcher Leidenschaft sie den hochverdienten Punkt geholt hat", erklärte der 05-Coach.
Latzas Pfostenschuss
Das unermüdliche Spiel auf ein Tor ergab insgesamt 27 Torschüsse, 29 Flanken und etliche Chancen. Mateta und Kunde Malong in der ersten Hälfte. Nach der Pause der Pfostenschuss von Danny Latza, dessen Kopfball nach Freistoß von Alexandru Maxim, einen Schuss von Jean-Philippe Gbamin, eine weitere Mateta-Großchance nach schönem Zuspiel von Robin Quaison. Dass bei dieser Offensivwucht der Gegner mit einem Konter auch das 2:0 hätte erzielen können, liegt in der Natur der Dinge. Doch Robin Zentner parierte überragend gegen Takuma Asano.
"Ich glaube, es wäre nicht unverdient gewesen, wenn wir das Spiel gewonnen hätten", sagte der 05-Sportvorstand. "Die Mannschaft hat tolles Powerplay gespielt, unheimlich viel investiert, aber der Ball wollte nicht rein", so Schröder. Ähnlich sah es der Trainer. "Ab der 15. Minute war es eine sehr gute Leistung gegen einen tief stehenden Gegner. Das ist nie einfach, sich da durch zu spielen. Sie hatten zudem den Spielverlauf mit der Führung. Da aber trotzdem dran zu bleiben, das ist großer Sport", sagte Schwarz. "Dieses Spiel zu verlieren, wäre extrem bitter gewesen. Trotzdem ist es auch ärgerlich, dass wir nur Unentschieden gespielt haben."