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Profis 14.09.2016 - 12:09 Uhr

Der Fluch der eckigen Pfosten

05 Fakten über unseren Europa-League-Gegner St. Étienne

1. Der Fluch der eckigen Pfosten

Das Finale des Europapokals der Landesmeister 1976: AS St. Étienne trifft im Glasgower Hampden Park auf den FC Bayern München. „Les Verts“ (Die Grünen) haben gerade ihre dritte nationale Meisterschaft feiern können und wollen ihren Triumphzug mit dem ersten internationalen Titel krönen. Das Vorhaben misslingt – Schuld ist zum einen Franz „Bulle“ Roth, der das Tor des Tages erzielt. Schuld sind zum anderen – zumindest nach Überzeugung der Franzosen - die schottischen Pfosten. An ihnen scheitert das Team von St. Étienne gleich zwei Mal. "Wären die Pfosten rund gewesen, hätte dies das Gesicht des europäischen Fußballs verändert", sagt Mittelfeldregisseur Jacques Santini, der später zum französischen Nationaltrainer aufsteigen sollte, rückblickend. Die Legende lebt bis heute. In der Innenstadt von St. Étienne ist ein Café nach dem verhängnisvollen Abend benannt. „Les Poteaux Carrés“ (zu Deutsch: die eckigen Pfosten) erinnert an das Scheitern gegen die Bayern, das einem großen Team die Krönung versagte. Für eine Ausstellung im Rahmen der Europameisterschaft 2016 wurden die Originalexemplare in Schottland eingekauft, um den Besuchern die historische Bedeutung vor Augen zu führen.

2. Der Star ist die Mannschaft

Im aktuellen Kader sucht man vergeblich nach den ganz großen Namen. Dennoch hat man in der Arbeiterstadt in Zentralfrankreich viele klangvolle Namen kommen und gehen sehen. Im Kader des Finales von 1976 fanden sich Stars der damaligen Ära wie Jacques Santini, Oswaldo Piazza oder Dominique Rocheteau. Später schnürten Michel Platini, Roger Milla, Willy Sagnol oder zuletzt der heutige BVB-Star Pierre-Emerick Aubameyang die Stiefel für ASSE, so die Kurzform. Letztgenannter ist bis heute angetan von seiner Station in der Ligue 1: "Dieser Verein hat es mir einfach angetan und ist ein Teil von mir. Die ganze Stadt ist fußballverrückt und die Fans waren sehr gut zu mir."

3. Der Bruder eines Weltstars

Florentin Pogba ist Innenverteidiger. An der Seite seines Bruders Paul hat man ihn während der Europameisterschaft in Frankreich wohl nur aus einem Grund nicht gesehen – er läuft für sein Heimatland Guinea auf. Paul hingegen wurde knapp drei Jahre später in Frankreich geboren und ist der Hoffnungsträger einer Nation, die den heiß ersehnten Titel beim Turnier im eigenen Land nur knapp verpasste. Im Sommer wechselte er für rund 105 Millionen Euro von Juventus Turin zu Manchester United. Der Marktwert von Florentin beläuft sich aktuell auf rund 3 Millionen Euro.

4. Arbeiterklasse trifft auf Mittelschicht

Zu den größten Rivalen in der Ligue 1 zählt Olympique Lyon. Die Gründe: Es ist aus historischer Sicht ein Duell der Arbeiterklasse gegen die Mittelschicht. St. Étienne mit seinen rund 170.000 Einwohnern erinnert dabei ans Ruhrgebiet. Ist man in St. Étienne geboren, bedeutet das ein lebenslanges Fan-Dasein, so sagt man. Ein auf dem Fußballplatz ausgetragener Klassenkampf also. Die Bilanz spricht dabei eindeutig für Olympique. 36 Siegen stehen in bislang 66 Aufeinandertreffen nur 18 Niederlagen gegenüber. Eine andere, bedeutendere Statistik spricht für St. Étienne. Bei den errungenen Meistertiteln führt der Gruppengegner unserer 05er mit zehn zu sieben gegen den großen Rivalen.

5. Irre Aufholjagden

Am Wochenende verspielte der FSV ein 4:1 gegen Hoffenheim und dürfte vorgewarnt sein. Denn auch unser Auftaktgegner hat in der Vergangenheit bewiesen, dass ein Spiel mindestens 90 Minuten hat. Der Mythos entstand in den 70er Jahren, der erfolgreichsten Zeit der Klubgeschichte. Drei Beispiele: Im Achtelfinale des Europapokals der Landesmeister 1974/1975 reisten die Franzosen mit der Bürde einer 1:4-Packung aus dem Hinspiel bei Hajduk Split nach Hause. Im Rückspiel hieß es nach Verlängerung 5:1. In der gleichen Saison ging es am 34. Spieltag darum, sich den Meistertitel vor heimischen Publikum zu sichern. Gegen den SC Bastia musste ein Sieg her, der nach 80 Minuten in weiter Ferne erschien. 0:2 hieß es aus Sicht der Gastgeber. Nach drei Toren zwischen Minute 81 und 85 war die Meisterschaft perfekt, die nächste verrückte Aufholjagd geglückt. Zwei Jahre später, wenige Monate vor dem Finale gegen die Bayern, stand ASSE nach dem 0:2 im Viertelfinal-Hinspiel bei Dynamo Kiew bereits kurz vor dem Aus. Beeindrucken ließen sich die Profis von St. Étienne davon nicht, siegten im Rückspiel mit 3:0 nach Verlängerung und ebneten so den Weg in den Hampden Park. Weniger erfolgreich hingegen verlief die Aufholjagd in der ersten K.o.-Runde der vergangenen Europa-League-Saison. Nach einem 3:2-Heimsieg gelang beim FC Basel in 90. Minute der 1:1-Ausgleichstreffer. Das Weiterkommen vor Augen fiel wenig später dennoch der 2:1-Siegtreffer für Basel und stürzte St. Étienne auf dramatische Weise ins Tal der Tränen. Der Fußball auf internationaler Bühne bedeutet schließlich mehr als nur EIN Spiel.