Profis 16.01.2014 - 16:31 Uhr

Der Mann für alles

Christoph Moritz sieht seine Flexibilität auf dem Platz nicht als Fluch, sondern als Segen

Keiner hat in dieser Saison so viele verschiedene taktische Positionen bekleidet wie Christoph Moritz. Auf der Sechs, auf der Zehn oder auf der Halbposition außen in der Raute – überall hat der ehemalige Schalker schon seine Fußabdrücke auf dem Rasen hinterlassen. Oft hat er stark trainiert, allerdings schien es keinen Platz zu geben für den 23-Jährigen. Der gelernte defensive Mittelfeldspieler konnte zwar noch nicht so viele Einsätze in der Bundesliga sammeln wie erhofft. Doch Moritz, der von Thomas Tuchel für seinen Trainingsfleiß, seine fußballerische Kunst sowie für seinen herzlich-ehrlichen Charakter gelobt wird, arbeitet sich über seine Flexibilität heran an die Minuten. Und macht aus der Not eine Tugend. Wir haben für euch mit ihm gesprochen.

Christoph, du bist der einzige Kicker, der mit dem Fahrrad zum Training kommt. Und mit einem schnittigen Old-School-Modell dazu. Wo hast du den ollen Drahtesel denn her?

Christoph Moritz: „Den habe ich aus meiner Heimat importiert. Meine Eltern haben sich E-Bikes gekauft, daher stand dieses Fahrrad zu Hause nur noch rum. Ich habe es dann quasi übernommen. Es ist super praktisch und vor allem kann ich es vor dem Haus abstellen ohne ständig Angst haben zu müssen, dass es geklaut wird.“

Gibt es eigentlich eine wettertechnische Schmerzgrenze für dich, ab der du dann doch lieber mit dem Auto zum Training fahren würdest?

Christoph Moritz: „Nee, eigentlich nicht. Ich fahr ja auch nur fünf Minuten. Mit einem Paar Handschuhen und einer guten Mütze trotzt man da jedem Wetter.“

Locker und unkompliziert – ist das auch ein Stück weit deine Lebenseinstellung?

Christoph Moritz: „Vor allem ist es praktisch. Es geht schnell und man kommt nach einem bisschen morgendlichen Fahrtwind im Gesicht auch etwas frischer und wacher am Platz an.“

Wie hast du dich nach einem halben Jahr in Mainz eingelebt?

Christoph Moritz: „Sehr gut! Ich habe viele Freunde gefunden und auch abseits des Fußballplatzes viele Sachen, die ich gern in meiner Freizeit mache. So zum Beispiel mit meinen Kumpels an der Konsole zocken oder anderen Sportarten nachgehen. In Mainz passt für mich alles wunderbar.“

Du bist hier hergekommen, um den nächsten Schritt in deiner Karriere zu gehen. Warum glaubst du ist Mainz 05 die richtige Adresse für junge Spieler mit diesem Ziel?

Christoph Moritz: „Auch wenn es sich jetzt total wie eine Floskel anhört: das berühmte Gesamtkonzept stimmt hier einfach. Hier hat man beste Voraussetzungen für eine gute Weiterentwicklung. Erstens ist das Umfeld hier ruhig, wenn beim Training mal was passiert, sind nicht gleich 25 Medienvertreter da, die fieberhaft nach Futter für die nächste Schlagzeile suchen. Der Umgang hier im Verein ist locker und familiär, auch die Stadt von der Atmosphäre an sich. Hier gibt es viele Angebote für junge Leute. Und sportlich gesehen kann man hier bei Mainz 05 auch viel lernen. Hier herrscht eine klare Spielphilosophie und unter Thomas Tuchel ist das Training jeden Tag neu und spannend.“

Wie würdest du denn die Arbeit mit deinem Coach beschreiben, was macht Tuchel in deinen Augen so besonders?

Christoph Moritz: „Ich habe vorher schon viel Gutes von ihm gehört und er hat alle Vorschusslorbeeren, die an mich herangetragen wurden, absolut verdient. Man lernt wirklich jeden Tag etwas dazu und die Trainingseinheiten sind sehr abwechslungsreich. Ungelogen, das Training hier ist bislang das Beste, was ich im Profisport erleben durfte.“

In welchem Bereich hast du denn seit deinem Wechsel nach Mainz einen Schritt nach vorne gemacht?

Christoph Moritz: „Taktisch habe ich auf jeden Fall einen Schritt nach vorne gemacht, ich denke, das trifft auch auf jeden anderen der Neuzugänge zu. Der Anspruch an das taktische Verhalten ist hier sehr hoch. Außerdem ist das System flexibel, dadurch lernt man auch dazu. Die Mannschaft wird auf jeden Gegner individuell eingestellt, und auch die Positionen flexibel besetzt.“

Apropos flexibel - beim letzten Hinrundenspiel beim Hamburger SV durftest du rechts im Mittelfeld ran. Hinter der Sechs und der Zehn nun schon deine dritte Position im System bei den 05ern. Siehst du deine Flexibilität für dich im Moment als Vorteil?

Christoph Moritz: „Lustig, ich wurde gerade auch gefragt ob das für mich nicht auch ein Nachteil ist. (lacht) Ich denke, dass es gut ist, ein bisschen zu experimentieren. Und letztlich ist es auch eher zweitrangig auf welcher Position man spielt, wichtig ist, dass man auf dem Platz sein Bestes gibt und der Mannschaft hilft. Aus einem Kader von 25 Mann sind 10 Mittelfeldspieler, da ist die Konkurrenzsituation groß. Wenn man nicht in jedem Training alles gibt, findet sich schnell jemand, der einen auf dem Rasen ersetzt.“

Eins deiner Ziele vor dem Wechsel nach Mainz war es, mehr Spielminuten in der Bundesliga auf die Uhr zu bekommen. Du warst jetzt schon ein paar Mal in der Startelf, bist ein paar Mal eingewechselt worden. Wie zufrieden bist du mit deiner Bilanz bislang?

Christoph Moritz: „Manchmal hört man von außen „Mensch, das hätte auch ein bisschen mehr sein können.“ Aber das sehe ich nur bedingt so – im Großen und Ganzen kann ich schon sagen, dass ich zufrieden bin. Erst lief es sehr gut, dann sind wir als Mannschaft ein bisschen in ein Loch gefallen. Ich habe auch nicht mehr gespielt. Als es dann wieder besser lief, musste ich einfach akzeptieren, dass der Coach an der Aufstellung nichts verändern wollte. Ist ja klar, wenn ein Team punktet, wirft man das ja auch nicht so schnell wieder über den Haufen. Auch wenn ich gut trainiert habe, war die Hürde zurück ins Team zu kommen dann natürlich entsprechend höher. Aber der Trainer hat das Gespräch mit mir gesucht und mir immer alles genau erklärt. Und zum Ende hin gab es die Einsätze dann ja auch wieder. Es war schön, beim HSV von Anfang an gespielt und die Hinrunde so positiv abgeschlossen zu haben.“ 

Du hast gegen den HSV ein super Spiel gemacht und sogar ein Tor vorbereitet. Also scheint rechts gar nicht so schlecht zu sein für dich als Position …

Christoph Moritz: „Das Spiel verändert sich natürlich je nach Position, als Sechs hat man mehr Ballkontakte als auf der Rautenposition außen, weil man mehr in den Spielaufbau eingebunden ist und weniger offensive Läufe nach vorne macht. Ich spiele am liebsten auf einer Halbposition, wo ich beides habe.“

In der Rückrundenvorbereitung stehen noch zwei letzte Testspiele an, am Samstag gegen Esbjerg fB und am Sonntag gegen den 1. FC Saarbrücken. Hast du schon ein Zwischenfazit für die Vorbereitungszeit?

Christoph Moritz: „Zumindest was das Trainingslager in Marbella angeht, das war nämlich sehr gut. Für uns Neuzugänge war es ja das erste „richtige“ Trainingslager, da wir im Sommer ja nur eine Testspielreise gemacht haben. Und für mich persönlich war es auch eines der Besten, welche ich jemals erlebt habe. Ich fand es super konzipiert. Wir hatten anstrengende, aber auch spannende Trainingseinheiten. Viel mit Ball, aber auch die Krafteinheiten waren sehr durchdacht. Die Trainings waren zwar ziemlich anstrengend, aber man war nicht komplett ausgelaugt. Ich denke, die Dosierung war optimal. Auch wenn es für mich nicht komplett gut ausgegangen ist, ich muss ja aktuell wegen einer Zehenreizung pausieren. Aber ich denke das legt sich in den nächsten Tagen und dann kann ich diese Vorbereitung auch für mich positiv abschließen.“

Damit wird dein Ziel, hier eine Halbserie ohne verpasste Trainingseinheit zu schaffen, wohl nicht mehr erreichbar sein, was?

Christoph Moritz: (lacht) „Stimmt! Ich habe in der Vorrunde nur ein einziges Training verpasst, das wollte ich jetzt in der Rückrunde toppen. Ich fange dann erst ab nächster Woche an zu zählen!“