Profis 27.11.2020 - 20:30 Uhr
Ein vielseitiger "Pluspunkt"
Nach verpasstem Saisonauftakt hat Edimilson Fernandes sich ins 05-Team zurückgekämpft, möchte effizienter werden und mit seinen Mainzern Boden gut machen: "Wir gehen als eingeschworene Truppe auf den Platz"
Zweimal stand Edimilson Fernandes zuletzt in der Startelf der 05ER, zweimal wurden Punkte eingefahren in den Partien gegen Schalke (2:2) und jüngst in Freiburg (3:1). Seine Präsenz allein taugt dabei freilich nicht als Erklärung für den Aufwärtstrend der Mainzer, und dennoch kann er zu einem wichtigen Faktor werden bei der Aufholjagd nach einem verkorksten Saisonstart, den der Schweizer Nationalspieler aufgrund einer Corona-Infektion zunächst nur als Beobachter von außen erlebt hatte.
Den Beginn des zweiten Durchgangs gegen Schalke 04 erlebte "Edi", wie er am Bruchweg gerufen wird, als linker Verteidiger in einem 5-4-1-System, auf das Jan-Moritz Lichte nach 30 Minuten umgestellt hatte. Es war die dritte Position an diesem Tag. Begonnen hatte der 24-Jährige die Partie als klassischer Zehner und war anschließend noch in den ersten 45 Minuten auf die Rechtsverteidiger-Position gewechselt. Der 05-Cheftrainer weiß um die Vielseitigkeit des Profis, der die ihm gestellten Aufgaben verlässlich erledigte. Ohne zu glänzen, solide eben. Zwei Wochen später begann er schließlich an der Seite von Leandro Barreiro im defensiven Mittelfeld - Position Nummer vier binnen zwei Spieltagen. Erneut lieferte Edimilson eine ordentliche Vorstellung ab, hatte keinerlei Anpassungsschwierigkeiten: "Ich habe in der Vergangenheit regelmäßig auf unterschiedlichen Positionen agiert, versuche überall meine Stärken einzubringen und möchte ein Pluspunkt für die Mannschaft sein – egal, wo ich spiele", sagt er bescheiden.
Dranbleiben!
Er ist froh, wieder auf dem Platz stehen zu dürfen und Teil des Aufwärtstrends zu sein. Zufriedenheit oder Genugtuung schleicht sich aber nicht ein. Was nun wichtig sei? "Wir müssen weiter konzentriert bleiben, um an Freiburg anzuknüpfen und auch das Spiel gegen Hoffenheim für uns zu entscheiden. Wir müssen lernen, nach einem gewonnenen Spiel, weiter hart zu arbeiten, unsere Leistung erneut abzurufen, denn sonst war der Sieg nichts wert", unterstreicht der 05-Profi, auch mit Blick auf die Vergangenheit, worauf es jetzt ankommt. "Das ist unsere Aufgabe, denn wir haben uns selbst in die Situation gebracht, dringend weiter punkten zu müssen." Eine Aufgabe, die auch der Trainer eingangs der Woche herausgestellt hatte: Nämlich im Kopf klar zu bleiben, kein Prozent nachzulassen und die kommende Aufgabe ebenso fokussiert anzugehen.
Während der Auftakt des FSV in die Saison bereits an den ersten Spieltagen in die Hose gegangen war, war Edimilson bekanntlich zum Zuschauen verdammt gewesen. Eine Corona-Infektion und wochenlang positive Testergebnisse zwangen ihn zum Zuschauen, an Mannschaftstraining war nicht zu denken. Erstmals zum Einsatz kam er anschließend als Joker gegen Bayer Leverkusen (0:1). "Natürlich war es hart im Sommer, vier, fünf Wochen raus zu sein in einer ganz wichtigen Phase der Vorbereitung und darüber hinaus", sagt Edimilson rückblickend. Zwar nahm die Infektion einen milden Verlauf, Nacharbeiten war im Anschluss dennoch angesagt. "Die Saison hat für mich so richtig erst mit Verzögerung begonnen. Jetzt aber bin ich voll da und möchte der Mannschaft dabei helfen, Boden gutzumachen."
Ziel: Effizienz steigern
Das Potenzial bringt der 1,90 Meter große gelernte Mittelfeldspieler allemal mit, in Form von Dynamik, geschmeidigen Bewegungen auf dem Feld, einer beachtlichen Physis sowie einem guten Torabschluss. Bei letzterem Punkt setzt der Schweizer, nach persönlichen Zielen gefragt, an. Denn die Ausbeute dieses einen wichtigen Treffers (zum Klassenerhalt gegen Werder Bremen im Juni), in 29 Partien im 05-Trikot stellt den Spieler längst nicht zufrieden. Effizienter möchte er werden: "Ich will das eine oder andere Tor schießen, mehr Chancen vorbereiten. Dieses Bewusstsein für meine offensive Qualität möchte ich weiter entwickeln und stärken und mit Mainz 05 am Ende der Saison weiter oben stehen, als im Moment. Das muss unser gemeinsames Ziel sein." Eine Einschätzung, die im Übrigen auch sein Trainer teilt: "Edi bringt alles mit, um uns auf verschiedensten Positionen helfen zu können. Er ist unheimlich vielseitig, hat aber Entwicklungspotenzial. Er muss sich noch aktiver einbringen und Schritt für Schritt dahin kommen, seine Möglichkeiten vollumfänglich auszuschöpfen", so Jan-Moritz Lichte auf der Pressekonferenz vor dem Duell mit der TSG. Das Tor gegen Bremen sei ein gutes Beispiel für das, was man sich von ihm noch viel häufiger verspreche.
Zusätzliches Selbstbewusstsein getankt hat Edimilson kürzlich mit der Schweizer Nationalmannschaft, die Spanien beim 1:1-Unentschieden in der Nationas League am Rande einer Niederlage hatte. Edimilson durfte 90 Minuten mitwirken und sich mit Weltklasse-Gegenspielern messen. "Wir haben verstanden, alles zu geben und unsere Seele auf dem Platz zu lassen", erklärt er stolz. Ein Satz, den er künftig so regelmäßig wie möglich auch über seine Vereinsmannschaft verlieren möchte.
Der Auftritt in Freiburg – mit 123 gelaufenen Kilometern spulten die Mainzer an diesem Spieltag ligaweit die größte Strecke ab – kann dabei als Maßstab gewertet werden, wie auch der Profi findet. "Wir gehen als eingeschworene Einheit auf den Platz, in der jeder für den anderen rennt. Wenn einer am Boden liegt, ist der Nächste da, um einen Fehler auszubügeln. Ich denke, das ist das, was uns ausmacht, ausmachen muss. Zusammenhalt und die Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen. Das sind aus meiner Sicht Grundvoraussetzungen, die wir als Mainz 05 immer mit auf den Platz bringen müssen." Die Gelegenheit, genannte Anforderungen erneut abzurufen, haben die Mainzer am Sonntagabend ab 18 Uhr in der OPEL ARENA. An den finalen Details in Sachen Matchplan gegen Hoffenhheim wird hinter den Kulissen zwar noch feinjustiert, den Plan in puncto Haltung und Einstellung verrät Edimilson aber bereits vorab: "Wir müssen ab der ersten Sekunde zeigen, dass wir da sind, dass wir giftig sind, pressen und das Spiel in unserem Stadion gewinnen wollen. Ein frühes Tor wie in Freiburg kann man nicht planen, sofort bereit und aggressiv zu sein, darauf kann man sich vorbereiten." Es dürfte zweifelsohne eine geeignete Voraussetzung sein für eine ähnlich stürmische Anfangsphase wie zuletzt im Breisgau.