Profis 08.01.2023 - 14:25 Uhr
Ein kleines Fußball-Imperium
05ER kooperieren seit 2007 bei ihren Winter-Trainingslagern mit Andres Roldan
Wer im Süden Spaniens ein Trainingslager absolvieren möchte, der kommt an Andres Roldan nicht vorbei. Der in Gelsenkirchen geborene Spanier hat sich mit seinem Unternehmen Football Impact und seit 2010 in Andalusien mit dem Marbella Football Center in der Organisation und Betreuung von Trainingslagern ein kleines Fußball-Imperium aufgebaut. Auf seine Expertise greifen auch die 05ER seit 2006 zurück.
In der Winterpause der Saison 2006/07 lotste Roldan das Team des damaligen Trainers Jürgen Klopp in das ein Jahr zuvor errichtete Hotel Barcelo in Costa Ballena für ihr Wintercamp an die andalusische Atlantikküste. Der heute 50-Jährige hatte über Teammanager Axel Schuster und Manager Christian Heidel engen Kontakt aufgebaut und war damals auch bei den Mainzer Bundesliga-Spielen am Bruchweg regelmäßig zu Gast. Was die 05ER suchten: einen verlässlichen und verbindlichen Partner für Trainingslager, der feste Standards garantieren konnte. "Mainz 05 war der erste Bundesligist, mit dem wir zusammengearbeitet haben, und damit so etwas wie ein Vorreiter. Die vielen engen Verbindungen zum Verein sind inzwischen längst eher Freundschaften“, sagt Roldan während einer Medienrunde in Marbella.
Imposante Entwicklung
Imposant ist, was der 50-Jährige aus diesen Anfängen entwickelt hat. Über seine Agentur Football Impact macht er sich mit einem Geschäftspartner ab 2005 als Organisator und Vermittler von Trainingscamps selbstständig, entwickelte ab 2010 als festen Standort das zunächst angemietete, 2013 käuflich erworbene Areal des Marbella Football Center zu einem modernen Trainingsgelände, das alle Bedürfnisse der Profiklubs befriedigt. Neben vier Trainingsplätzen, einer davon mit einer Sitzplatztribüne zu einem kleinen Stadion ausgebaut, befinden sich hier weitere Kleinfelder, welche die Mannschaften für die den Rasen belastenden Krafteinheiten oder das Torwarttraining nutzen können, sowie ein großer Kraftraum. Inmitten des Geländes thront ein zweistöckiges Funktionsgebäude mit Büros und Kabinen, Dachterrasse und Bistro im Souterrain. Neueste Errungenschaft: in einer kleinen Nische des Geländes hat er ein Feld für Padel-Tennis errichten lassen, welches von Spielern, Trainern und Staffmitgliedern in freien Minuten gerne genutzt wird.
Das Marbella Football Center (MFC) ist inzwischen längst zum festen Begriff geworden in der Fußballszene. Der Name beinhaltet allerdings weit mehr als das Gelände, welches sich an den aufsteigenden Hügeln des Hinterlands an der Stadtgrenze zwischen Marbella und Estepona befindet, etwa zehn Autominuten von der dortigen Stadtautobahn entfernt.
Viele Trainingsplätze, viele Testspiel-Optionen
Das MFC hat auf so ziemlich jedem Trainingsplatz der Region den Daumen, organisiert deren Instandsetzung und Pflege – oder baut neue Plätze. Hinzu kommen die Verbindungen zu den für Profiklubs geeigneten Hotels in der jeweiligen Nähe. An diese Struktur docken die Fußballklubs mit ihren Serviceagenturen an, im Fall der 05ER ist dies die Agentur Onside, welche die gesamte Reise der Teams organisiert. So ist es möglich, dass aktuell sieben Bundesligisten gleichzeitig die Dienste des Marbella Football Centers nutzen – alle auf verschiedenen Trainingsplätzen. Ganz so, wie es die Klubs mögen: man schätzt die Nähe zueinander, wenn man sich trifft, die vielen Optionen, Testspiele zu absolvieren. Aber trainieren will natürlich jeder für sich. So kreuzen sich die Wege der Mainzer auf der Trainingsanlage im Marbella Football Center aktuell nur mit den Schweizern vom FC Basel, was zu den täglichen Treffen mit dem früheren 05ER Fabian Frei führt.
Eindrücke vom MFC
MFC betreut 144 Teams in diesem Winter
Das MFC umfasst über das im Namen verankerte Gelände an der Costa del Sol hinaus weitere Standorte in den Regionen um Jerez de la Frontera, Alicante und neuerdings sogar in Portugal an der Algarve, wo beispielsweise die TSG Hoffenheim untergekommen ist.
Die Liste der vom Marbella Football Center in diesem Winter betreuten Teams ist stolze 144 Namen lang und für diese Winter-Saison noch gar nicht final. Bundesligisten, Zweitligisten, viele internationale Teams - Schweizer, Österreicher, dann, ab Februar, kommen vor allem die skandinavischen Teams, die witterungsbedingt erst später wieder in die Saison starten. Roldan pflegt ebenfalls die Kontakte zu den Verbänden, in diesen Tagen kommen auch die U17-Juniorinnen des DFB ins MFC. Und sogar Klubs aus der amerikanischen MFL schauen vorbei: Einen Tag nach dem Abschied der 05ER stellen sich die Vancouver Whitecaps in Marbella vor – mit ihrem Generaldirektor Axel Schuster, dem früheren Mainzer Teammanager. So klein ist die Fußballwelt.
Das Hauptgeschäft liegt in der Wintersaison von Dezember bis März, aber auch das Sommergeschäft wird immer umfangreicher, der Service teilweise sogar ganz individuell. Das bis zu 85-köpfige Team von Andres Roldan vermittelt über seine Kontakte auch ganzjährig spanische Klubs zu Testspielen nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz. Oder aber in Marbella schaut einmal Erling Haaland zum Individualtraining vorbei, denn ganz in der Nähe lebt dessen Vater. Ein derart dichtes Netzwerk außerhalb der Verbände und Ligen ist im europäischen Fußball einmalig.
"Wir wollen flexibel bleiben, gerade auch mit unseren verschiedenen Standorten den Klubs auch Alternativen anbieten und individuelle Wünsche bedienen können“, beschreibt Andres Roldan das Prinzip. "Aber am wichtigsten ist, dass wir den Klubs für ihr Training perfekte Bedingungen bieten, feste Standards, auf die sie sich verlassen können. Und da steht und fällt alles mit den Rasenplätzen“, sagt Roldan und lässt seinen Blick über die Anlage gleiten. "Früher hat der Rasen gesagt, wo es langgeht, heute sagen wir ihm das. Unser Greenkeeper ist und bleibt der wichtigste Mann."