U23 13.07.2016 - 18:46 Uhr
"Ein Schritt zurück, zwei nach vorn"
Die Rückkehrer Patrick Huth und Patrick Manthe im Interview
Torjäger Patrick Huth (20) und Torhüter Patrick Manthe (22) wurden im Nachwuchsleistungszentrum des 1. FSV Mainz 05 ausgebildet, kehrten dem Verein jedoch verletzungsbedingt 2010 beziehungsweise 2012 den Rücken. Nach einigen Lehrjahren bei Oberligist TSV Schott Mainz kehren sie in diesem Sommer an den Bruchweg zurück, um mit der U23 Drittliga-Luft zu schnuppern. Im Trainingslager in Bitburg sprachen die beiden mit mainz05.de über den Sprung in den Profibereich, die Sommervorbereitung, sowie den Abschied und die überraschende Rückkehr zu ihren Wurzeln.
Das Wichtigste vorab. Knapp drei Wochen Vorbereitung auf die kommende Drittliga-Saison liegen hinter euch. Wie ist die Stimmung im Team? Wie schwer sind die Beine?
Huth: Das Team hat mich super aufgenommen. Ich bin sehr zufrieden, trotz schwerer Beine nach dem dritten Tag im Trainingslager. Aber es wird sich für uns um alles gekümmert, es ist wunderbar, da wir schon in diesem frühen Stadium zu einer Einheit zusammengewachsen sind.
Manthe: Die Beine sind naturgemäß schwer hier im Trainingslager und die Belastung extrem hoch. Aber wir haben eine Top-Mannschaft mit einem tollen Teamgeist zusammen, die mich wunderbar aufgenommen hat.
Wie groß sind die Unterschiede im Vergleich zur Sommervorbereitung in der Oberliga?
Huth: Die Umstellung ist sehr sehr groß und die Intensität riesig. Man muss voll konzentriert sein, auch wenn man ausgepowert ist. Der Trainer erwartet zwei Ligen höher natürlich auch ein Stück weit mehr von uns. Aber das ist ganz normal, insofern ist alles bestens.
Manthe: Was das Umfeld betrifft, liegen Welten zwischen beiden Vereinen. Bei Mainz 05 arbeiten wir unter Profi-Bedingungen, während Schott eher ein Breitensportverein ist, wo auch andere Dinge zählen. Der Trainingsumfang in der Oberliga war deutlich geringer und weniger anspruchsvoll. Zudem sind wir nicht ins Trainingslager gefahren.
Kurz und knapp: Was betrachtet ihr auf eurer Position als eure persönlich größten Stärken? Woran müsst ihr noch arbeiten?
Huth: Zu meinen Stärken zähle ich meinen Abschluss, aber auch meine Schnelligkeit. Was die Schwächen angeht: Ich muss an meinem Laufverhalten, insbesondere dem gegen den Ball, arbeiten. Bei Schott hatte ich diesbezüglich ganz andere Aufgaben. Der Trainer kümmert sich aber hervorragend und individuell um jeden einzelnen Spieler im Kader. Ich sehe mich auf einem guten Weg.
Manthe: Ich denken, dass ich fußballerisch sehr gut mithalten kann. In der Vergangenheit habe ich jede Menge Spielformen im Feld mitgemacht. Dementsprechend bringe ich meiner Meinung nach sehr gute technische Voraussetzungen mit. Arbeiten muss ich weiterhin an meiner Strafraumbeherrschung und an der Stabilität im Oberkörper. Vielleicht kann ich ja durch ein paar Extra-Schichten im Kraftraum schon kurzfristig Fortschritte erzielen, um einen Stürmer dann auch einfach mal wegdrücken zu können.
Stichwort Sandro Schwarz: Wie würdet ihr ihn beschreiben?
Huth: Er ist ein strenger Trainer, versteht in den passenden Momenten aber natürlich auch Spaß. Man merkt sofort, dass sein Hauptziel ist, alles aus jedem Spieler herauszuholen. Er ist ein toller Motivator.
Manthe: Der Trainer ist ein super Typ, der weiß was er will. Gleichzeitig macht ihm der Job Spaß, das vermittelt er uns auch. Er fordert von allen Spielern viel ein, sucht aber auch immer wieder das Gespräch mit dem Einzelnen. Davon werden wir alle profitieren. Es ist schlussendlich ein Glücksfall, dass der Trainer bei Mainz 05 geblieben ist. Schließlich hat er durch seine Arbeit zuletzt auch das Interesse anderer Vereine geweckt.
Euer Werdegang könnte ähnlicher kaum sein. Ihr wurdet jahrelang im NLZ des 1. FSV Mainz 05 ausgebildet, seid dann aber sozusagen einen Schritt zurückgegangen, um nun mit ein paar Jahren Verspätung die Bühne Profifußball zu betreten. Wie kam es dazu?
Huth: Ich gehörte früher mit zu den besten Spielern meines Jahrgangs. Ein Mittelfußbruch hat mich dann aber zunächst meiner größten Stärken beraubt. Danach fiel es mir schwer, wieder Anschluss zu finden. Mein Vater hat gesagt, ich solle jetzt den einen Schritt zurückgehen, um dann später wieder zwei nach vorne zu machen. So ist es gekommen. Die Entwicklung habe ich natürlich auch meinem Trainer beim TSV Schott, Ali Cakici, zu verdanken, der schon als A-Jugend-Spieler auf mich gebaut und mir das Vertrauen in der ersten Mannschaft geschenkt hat.
Manthe: Ich habe in meinem zweiten A-Jugend-Jahr aufgrund einer Hüftprellung wenig spielen können. Bei den Amateuren gab es damals bereits zwei Torhüter mit laufendem Vertrag, so dass meine Chance auf Einsätze hier im Verein sehr gering waren. Es hätte wenig Sinn gehabt, als junger Torhüter auf der Bank zu sitzen. Letztendlich war der Abschied genau die richtige Entscheidung, da ich bei Schott nun vier Jahre lang Spielpraxis sammeln durfte. Die Möglichkeit zur Rückkehr jetzt im Sommer kam relativ überraschend. Stephan Kuhnert hat mich angerufen und mich gefragt, ob ich mir eine Rückkehr vorstellen könnte. Dann ging alles ganz schnell. Für mich ein Glücksfall.
Im Kader gibt es gleich vier Mal den Namen Patrick. Wie geht der Trainer mit dieser besonderen Herausforderung um?
Huth: Da haben wir bislang noch keine Lösung gefunden. Ich denke, das kommt noch. Manchmal drehen sich dann eben zwei oder drei von uns um, wenn der Trainer ruft.
Ihr wart bei Schott in der abgelaufenen Saison Stammkräfte. Mit welchen persönlichen Zielen geht man nun an die neue Herausforderung heran?
Huth: Mein Ziel ist es natürlich, möglichst viel zu spielen. Aber man muss auf dem Boden bleiben. Es ist immerhin ein Zwei-Klassen-Unterschied. Und der Sprung ist groß. Das kurzfristige Ziel lautet daher, im ersten Spiel im Kader zu stehen.
Manthe: Mir gegenüber wurde klar kommuniziert, dass ich zunächst als dritter Mann im Tor vorgesehen bin. Dennoch steht bei Mainz 05 ganz klar das Leistungsprinzip im Vordergrund. Da sehe ich meine Chance, gebe in jedem Training Vollgas.
(Patrick Manthe), Du musstest in der vergangenen Saison wegen einer schweren Verletzung, eines Stirnhöhlenbruchs, zwei Monate pausieren. Ist man nach so einem Erlebnis als Torwart sofort wieder angstfrei oder dauert es eine gewisse Zeit, bis man wieder zu 100 Prozent in die Zweikämpfe einsteigen kann.
Manthe: Ich habe nach der Verletzung mit einem Mentalcoach zusammengearbeitet und insofern aus psychischer Sicht eine hervorragende Begleitung gehabt. Die Ärzte haben zudem gesagt, dass sowohl Stirn als auch Kopf stabiler als vorher sind. Dennoch habe ich zunächst einen Schutzhelm getragen. Als ich ihn vor einem Spiel zum ersten Mal vergessen habe, wusste ich, dass ich wieder soweit bin, auch mal ohne aufzulaufen.
(Patrick Huth), Du hast in der abgelaufenen Oberliga-Saison zwölf Tore erzielt und zehn vorbereitet. Was ist in deinen Augen wichtiger, die Offensive, oder dass hinten die Null steht?
Huth: Es ist schon wichtig, dass hinten die Null steht. Für Tore durch Konter und bei eigenem Ballbesitz ergibt sich im Spiel immer eine Gelegenheit. Das Hauptaugenmerk sollte aber in meinen Augen auf der Defensive liegen.
In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Bundesliga-Klubs ihre Zweitvertretungen vom Spielbetrieb abgemeldet. Wie seht ihr diese Entwicklung im deutschen Fußball?
Huth: Der direkte Sprung ins Profi-Team ist für junge Spieler häufig sehr groß. Die U23 bietet die Chance, sich in Ruhe weiterzuentwickeln und an höhere Aufgaben herangeführt zu werden. Gerade Mainz 05 hat in der Vergangenheit bewiesen, dass junge Spieler die Möglichkeit haben, es nach oben zu packen. Wir haben die beste U23 Deutschlands. Daher sehe ich die zweite Mannschaft als einen großen Vorteil an.
Manthe: Ich bin der Meinung, zweite Mannschaften sind sehr wichtig für einen Verein, insbesondere, wenn sie in der dritten Liga spielen. So kann der Verein letztendlich auch Spielern aus dem Bundesliga-Kader nach Verletzungen eine wunderbare Gelegenheit bieten, Spielpraxis zu sammeln.
Wie ist das Verhältnis beziehnungsweise der Kontakt zum Bundesliga-Team, das sich ja gerade im Trainingslager in Colorado aufhält? In den vergangenen Tagen wurden über die sozialen Medien Grußbotschaften ausgetauscht.
Manthe: Bisher gab es noch wenig Zeit dazu. Aber ich denke, dass wir hier den Vorteil haben, durch die Trainingsbedingungen am Bruchweg sehr nah an den Profis dran zu sein. Martin Schmidt kenne ich beispielsweise bereits, da ich als Jugendspieler ein paar Einheiten mit der damaligen U23 absolvieren durfte, die er damals trainiert hat.
In der Oberliga habt ihr in der Regel vor wenigen hunderten von Zuschauern gespielt, nun müsst ihr euch auf Gegner wie Rostock, Duisburg oder Magdeburg mit unheimlich begeisterungsfähigen Anhängern einstellen. Ist man da nervös?
Huth: Es ist eigentlich pure Vorfreude. Mit Schott haben wir aber im Pokalfinale (1:2 n.V. gegen Hauenstein) auch vor einer großen Kulisse gespielt. Ich mache mir da wenig Gedanken, keinen Druck und blende die Atmosphäre ein Stück weit aus.
Manthe: Ich freue mich darauf viel mehr. Das pusht uns alle nochmal zusätzlich. Das Pokalfinale mit Schott ist da ein gutes Beispiel, so eine Atmosphäre setzt nochmal zusätzliche Kräfte frei. Wir freuen uns ganz einfach auf den Auftakt gegen einen Traditionsverein wie Zwickau und hoffen auf einen erfolgreichen Start in die Drittliga-Saison.