Profis 13.02.2023 - 12:45 Uhr

Eine konstante Konstante

Bo Svensson würde ihn niemals abschreiben: Stefan Bell hat zuletzt gegen Augsburg wieder bewiesen, warum er ein Stabilisator der 05-Defensive sein kann

Gegen Augsburg räumte Bell fast alle langen Bälle der Gäste zuverlässig ab.

Konstanz in den eigenen Leistungen ist ein Thema, das die Profis von Mainz 05 durch diese bisherige Bundesliga-Saison begleitet. Zu oft wechselten sich starke Auftritte mit schwächeren Darbietungen ab, manchmal sogar innerhalb einer Partie. Wenn man über Konstanz spricht, ist aber auch der Name Stefan Bell schnell im Sinn. Der 31-Jährige steht als derzeit dienstältester 05-Profi stellvertretend für Kontinuität. In den vergangenen Partien, zuletzt beim Sieg im Fastnachtsheimspiel gegen Augsburg, zeigte der Innenverteidiger auf dem Platz, warum er mit seinen nicht immer messbaren Qualitäten immer noch immense Wichtigkeit für die Stabilität des FSV-Spiels besitzt.

Nach dem Spiel überlässt Bell gerne seinen Mitspielern das Rampenlicht. Mit einem lieb gemeinten Schubser bugsierte das 05-Urgestein den Doppeltorschützen des erfolgreichen Heimauftritts gegen den FCA, Jae-sung Lee, in Richtung Fantribüne. Dennoch war Bell die Freude über das atmosphärische Drumherum, die starke Mannschaftsleistung und auch seine eigene Performance, die ihm erstmals einen Platz in der "Elf des Spieltags" im Sportmagazin "Kicker" bescherte, deutlich anzusehen. Über 83 Prozent seiner Zweikämpfe hatte der 05-Routinier in diesem intensiven Duell mit den Augsburgern für sich entschieden. Als zentrale Figur in der defensiven Dreierkette gewann er dazu 80 Prozent seiner 15 Luftduelle. Mehr als alle anderen. Das i-Tüpfelchen, ein eigener Treffer, blieb Bell letztlich verwehrt. "Das war wirklich bitter, den muss ich eigentlich machen“, ärgerte er sich über seinen nicht verwandelten Kopfball-Aufsetzer aus kurzer Distanz in der ersten Hälfte. "Ich habe einfach sauschlecht geköpft, ehrlich gesagt und bin froh, dass das keine Auswirkungen auf das Spiel hatte. So muss es sich als Stürmer anfühlen, wenn man eine Großchance vergibt und dann nicht gewinnt."

"Bello tut uns einfach gut hinten"

Die Bedeutung des gebürtigen Andernachers, der 2007 aus Mayen in das Nachwuchsleistungszentrum am Bruchweg gewechselt war, muss Bo Svensson keinem mehr erklären. Seit seinem Amtsantritt setzt der FSV-Cheftrainer auf die Dienste des erfahrenen Verteidigers. "Bello tut uns einfach gut hinten“, betonte Svensson auf der Pressekonferenz nach dem Augsburg-Sieg und freute sich als ehemaliger Verteidiger, dass die Aufmerksamkeit nicht nur, wie üblich, den Offensivspielern galt. "Wenn man Bell abschreibt, macht man einen Fehler. Das muss jedem klar sein. Solange ich hier Trainer bin, werde ich mir sehr stark überlegen, ihn abzuschreiben." Würdigende Worte, die Bell gefallen und die er auch weiterhin mit Leben füllen will: "Es gibt in einem Mannschaftssport mehr Faktoren als die, die man unmittelbar messen kann." 'Soft-Skills', die für eine Mannschaft so wichtig sein können auf und außerhalb des Platzes. "Das wird oft außen vorgelassen. Das sind dann die Bereiche, in denen ich vielleicht einen Mehrwert für die Mannschaft habe, beispielsweise mein Coaching auf dem Platz.“

Seine Verletzung in der Winterpause hinderte Bell mehrere Wochen an Übungen auf dem Platz. "Ich habe fast kein Testspiel gemacht. Deswegen war ich erstmal am Anfang aus der Mannschaft raus, verständlicherweise“, so der 31-Jährige. Gegen Stuttgart fehlte er Gelb-gesperrt, gegen Dortmund reichte es noch nicht für einen Einsatz, doch seit dem Bochum-Spiel ist das 05-Urgestein erneut nicht mehr wegzudenken aus der defensiven Dreierreihe. "Gutes Timing“, sagt Bell, der auch die wiedergewonnene Breite in der Kette betont: "Das hat uns in der Hinrunde vielleicht ein bisschen gefehlt. Die Leistungsdichte macht einen besser auf dem Platz.“

13.02.2023

Beim Abspielen dieses Video werden Daten an YouTube weitergegeben. Weitere informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

"Man verspürt den Druck, in der Mannschaft bleiben zu wollen"

Als zentraler Part im Verbund mit seinen Nebenleuten Andreas Hanche-Olsen und Edi Fernandes ließ Bell gegen die Augsburger so gut wie nichts aus dem Spiel heraus zu. "Das war schon gut und stabil. Wir haben ihnen nicht die Chance auf hohe Balleroberungen gegeben und oft in den Zweikämpfen die richtige Entscheidung getroffen.“ Ein wichtiger Part im Mainzer Spiel, wie schon gegen Bochum, kam Bell dabei in den Luftzweikämpfen zuteil. Durch das hohe Anlaufen der 05ER im Angriffspressing kamen viele lange Bälle auf ihn zu. “Es ist wichtig, dass wir hinten in der Kette dann die Zweikämpfe gewinnen und den Ball direkt wieder in die gegnerische Hälfte befördern. Das war einer der Schlüssel und gibt den Jungs vorne das Gefühl, dass sich das hohe Anlaufen auch lohnt.“ Und jede Minute ist lohnend für die Eingespieltheit, die defensiven Abläufe in der 05-Kette. "Beim Verschieben und Absichern können wir noch besser werden. Man kann nicht immer so viele Zweikämpfe gewinnen, wie es gestern der Fall war. Wir haben noch Luft nach oben, aber es ist schon gut, wenn wir weniger Wechsel als in der Hinrunde haben, die oft auch erzwungenermaßen waren“, so Bell, der den gestiegenen Konkurrenzkampf als hilfreich beschreibt. "Man verspürt den Druck, in der Mannschaft bleiben zu wollen."

Die wichtigen Spiele gegen direkte Konkurrenten haben die 05ER für sich entschieden. Nun geht es für Bell und seine Teamkollegen gegen Teams mit deutlich höheren, wenn auch bisher unerfüllten, Ambitionen: Bei Bayer Leverkusen (Fastnachtssonntag, 19.30 Uhr) und Borussia Mönchengladbach (24. Februar, 20.30 Uhr, Tickets für alle Heimspiele gibt's hier). "Mal schauen, wie wir gegen solche Teams bestehen, in der unsere defensive Stabilität noch mehr gefordert sein wird“, blickt Bell voraus. Seine nicht immer messbaren Qualitäten könnten auch in diesen Partien wieder gefragt sein.