Profis 20.05.2019 - 11:00 Uhr

"Einfach nur großer Sport"

Grandioses Bundesligafinale in der OPEL ARENA mit allen Facetten der Emotionalität und Begeisterung - Furioser 4:2-Erfolg gegen Hoffenheim zwischen den Abschiedszeremonien

Ekstase pur: Das am Samstagnachmittag allgegenwärtige Mainz-05-Gefühl in der OPEL ARENA sorgte für den perfekten Schlusspunkt hinter die Saison 18/19.

Das sei viel zu viel für eine einzelne Person, kommentierte Niko Bungert mit Tränen in den Augen die Wertschätzung der 05-Familie zu seinem Abschied. Dieses grandiose Programm zum Bundesligafinale in der OPEL ARENA war auch fast zu viel für ein einziges Spiel: Die emotionale Verabschiedung von Klaus Hafner nach 30 Jahren als Stimme des 1. FSV Mainz 05. Die einfühlsame und von Begeisterung getragene Abschiedszeremonie von Rouven Schröder für die sechs 05-Profis, die den Verein verlassen beziehungsweise die Karriere beenden. Die Grußbotschaften von 05-Legenden wie Jürgen Klopp, Thomas Tuchel oder Christian Heidel. Und dieser spektakuläre und furiose Auftritt der Mannschaft, die einen 0:2-Rückstand in einen 4:2-Erfolg gegen die TSG 1899 Hoffenheim verwandelte. "Einfach nur großer Sport", sagte Sandro Schwarz anschließend.

Der 05-Trainer hatte wie viele andere im Stadion auch feuchte Augen an diesem denkwürdigen und emotionalen, aber trotz der vielen Abschiede und damit verbundenen Grüße niemals rührseligen Saisonabschlusses. Ein Finale, an das man sich lange erinnern wird. Sicher auch die Spieler wie René Adler, Giulio Donati, Gaetan Bussmann, Jannik Huth und Emil Berggreen, die der Sportvorstand nach dem Abpfiff würdigte. "Es war wichtig für uns als Verein. Wir reden immer von Torschützen und Vorlagengebern, aber es sind so viele wichtige Spieler im Kader, die ihr Puzzleteil für Mainz 05 einsetzen. Die müssen denselben Rahmen kriegen", erklärte Schröder.

Bungert wie einst Fritz Walter

Dass es für Bungert dabei nach elf 05-Jahren den ganz großen Bahnhof gab, versteht sich von selbst. Die ohnehin vor Begeisterung bebende Arena wäre wohl vollends aus den Fugen geraten, wenn der 05-Capitano in der 88. Minute mit dieser artistischen Hackeneinlage im Flug mit dem Kopf voran das 3:2 erzielt hätte. "Unfassbar", sagte Schwarz später zu dieser Szene. Die Aktion habe an Zlatan Ibrahimovic erinnert, man habe den Kapitän auf der Bank schon in "Zlatan Bungert" umbenannt. Ältere Anhänger können sich vielleicht erinnern oder wissen es aus Erzählungen, dass Fritz Walter 1956 in einem Freundschaftsspiel des FCK vor über 100.000 Zuschauern in Leipzig genauso seinen berühmten Hacken-Treffer erzielte, der als Tor des 20. Jahrhunderts gilt. In Mainz vereitelte TSG-Keeper Oliver Baumann Bungerts Triumph. "Ich glaube, dann wären alle hier komplett ausgerastet und ich weiß nicht, ob der Schiri dann nochmal hätte anpfeifen können. Es wäre geil gewesen", erklärte der 05-Trainer.

Großer Sport auch vor und nach 90 packenden Minuten Bundesliga-Fußball

Doch auch ohne diesen Höhepunkt war es ein aufregendes, tolles Fußballspiel zweier starker Mannschaften. Mit einer Zwe-Tore-Führung der Hoffenheimer, einem 05-Team, das bis zur Pause keine zwei Tore schlechter war, dem nur etwas die Effizienz im Abschluss fehlte. Nach der Gelb-Roten Karte für Christoph Baumgartner musste sich die TSG dem immer stärker werdenden Druck der 05er beugen. Daniel Brosinski nach Foulelfmeter und Videobewies brachte das Team heran, der überragende Jean-Paul Boëtius erzielte den Treffer zum vermeintlichen 2:2, der aber wegen Handspiels nach Überprüfung vom Schiri aberkannt wurde. Boëtius blieb cool und fokussiert, legte zwei blitzsaubere Tore nach, ehe schließlich Jean-Philippe Mateta den Endstand in der Nachspielzeit herstellte.

"Das ist Entwicklung"

"Es war großartig", sagte Schwarz. "Wenn du es dir ausmalst und dir wünschst, wie es auszusehen hat, eine Saison zu krönen für die Jungs, die verabschiedet werden, dann wünscht du dir das genauso." Klar, man habe eine Halbzeit lang einen Mann mehr gehabt, "aber du musst dann auch erst einmal so Fußball spielen gegen einen tiefstehenden Gegner. Das haben wir top gemacht. Das ist Entwicklung, mit dem Ball etwas anzufangen, vier Tore zu machen. Wir haben in den letzten vier Heimspielen insgesamt 15 Tore geschossen. Das ist einfach gut und klingt nach Spektakel." Und seine Spieler seien ihrer Aufgabe und sportlichen Verantwortung bis zur letzten Spielminute der Saison gerecht geworden. Das belegte der Torjubel, der jedesmal so ausfiel, als hätte das Team den Ligaverbleib gerade erst eingetütet.

"Wir sind total stolz und haben das Gefühl, wir könnten weiterspielen. Wir sind im Flow, wir haben Lust. Und das macht Lust auf die neue Saison", sagte Schröder nachher. "Wir haben in dieser Schlussphase der Runde endgültig bewiesen, dass wir eine gute Mannschaft haben, einen Top-Trainer, der sie einstellt und dass wir mit dieser Art und Weise auf einem richtig guten Weg sind. Genauso musst du auftreten, da kann es auch sein, dass du mal verlierst, aber du hast das Gefühl, die Mannschaft kann kicken, spielt leidenschaftlich und nimmt alles mit. Das war beste Werbung für Mainz 05, gibt uns aber auch den Auftrag, genauso weiterzuarbeiten in der neuen Saison. Es wird nicht leichter, aber unsere Brust wird breiter."