Verein 22.06.2017 - 13:30 Uhr
Ende einer Ära
Mit den anstehenden Neuwahlen endet am Sonntag gleichzeitig die jahrzehntelange Amtszeit des 05-Vorstands
Am kommenden Sonntag um 11 Uhr wird Harald Strutz zum letzten Mal als amtierender Präsident des 1. FSV Mainz 05 die Bühne betreten und vor der außerordentlichen Mitgliederversammlung das Wort ergreifen für den FSV, für seine Vorstandskollegen und dabei zurecht nicht ohne Stolz auf eine lange, ereignisreiche Amtszeit zurückblicken. Im Rahmen der am Wochenende anstehenden Versammlung sind die Mitglieder des 1. FSV Mainz 05 aufgerufen, neben einem Aufsichtstrat auch einen neuen Vereinsvorsitzenden zu wählen. Mit den anstehenden Neuwahlen endet gleichzeitig eine Ära auf der obersten Führungsebene des FSV, die einst unter erschwerten Bedingungen ihren Anfang nahm.
Rückblende Teil eins: Im September 1988 erlebt der einen Tag zuvor von der Mitgliederversammlung überraschend zum Präsidenten des 1. FSV Mainz 05 bestimmte Harald Strutz auf der Tribüne des Bruchwegstadions einen aus sportlicher Sicht rabenschwarzen Abend. Mit 1:6 unterliegen die 05er als Aufsteiger dem SV Meppen in der 2. Bundesliga vor 3500 Zuschauern. Ein Einstand nach Maß sieht anders aus, zumal im Sommer 1989 der erneute Abstieg in die Oberliga Südwest folgen sollte. Rückblende Teil zwei könnte kontrastreicher kaum sein: Den letzten Heimauftritt seiner knapp 29-jährigen Amtszeit beim FSV erlebt Strutz im Mai 2017. Die Mainzer bezwingen den Rhein-Main-Rivalen Eintracht Frankfurt nach zwischenzeitlichem 0:2-Rückstand noch mit 4:2 und sichern sich an diesem denkwürdigen Samstagnachmittag den Klassenerhalt sowie das neunte Jahr Bundesliga in Serie – vor mehr als 34.000 frenetischen Anhängern im neuen Wohnzimmer des 1. FSV Mainz 05, der OPEL ARENA.
Umsatz & Mitarbeiterzahl vervielfacht
Zwei Ereignisse, die einen Hinweis liefern auf das Erreichte, sowohl auf sportlichem wie auch auf wirtschaftlichem Terrain. Mit den Neuwahlen endet somit eine jahrzehntelange Ära am Rhein, die erfolgreicher kaum hätte gestaltet werden können. Sowohl für unseren Präsidenten als auch für seine Vorstandskollegen um die Vizepräsidenten Jürgen Doetz (kandidiert am Sonntag für den Vereinsvorsitz), Peter Arens und Karl-Heinz Elsässer sowie die weiteren Vorstandsmitglieder Friedhelm Andres, Manfred Thöne, Hubert Friedrich und Andreas Krafft endet am Sonntag mehr als nur eine Amtszeit. Federführend haben sie den Verein in operativer wie auch in strategischer Hinsicht den Anforderungen des modernen Profisports angepasst. So etablierten sich die 05er nach dem Wiederaufstieg 1990 zunächst in der 2. Bundesliga und vollzogen in den späten 90er Jahren unter Manager Christian Heidel und Trainern wie Wolfgang Frank oder Jürgen Klopp nach der Jahrtausendwende die Entwicklung hin zum modernen, aggressiven Mainzer Fußball-Stil. Dank der Kontinuität auf der Führungsebene, mutigen Entscheidungen und vertrauensvoller Zusammenarbeit war der erstmalige Aufstieg ins deutsche Fußball-Oberhaus im Jahr 2004 logische Konsequenz der Vorstandsarbeit. Dieser Aufstieg sowie der Ausbau der gesamten Infrastruktur rund um den Bruchweg und nicht zuletzt zweier Stadionprojekte haben den 1. FSV Mainz 05 in den vergangenen Jahrzehnten zu einem mittelständischen Unternehmen anwachsen lassen, das im Jahr 2016 erstmals einen Umsatz im dreistelligen Millionenbereich erzielen konnte. Ein weiterer der unzähligen Verdienste des scheidenden Vorstands. Zum Vergleich: Die Saison des Amtsantritts von Harald Strutz hatte der FSV noch mit einem Gesamtetat von 1,5 Millionen D-Mark bestritten.
Aus der Not der Ausgangssituation machte die Vorstandsriege eine Tugend, wuchs an ihren Aufgaben und mit ihr der Verein, der mittlerweile allein auf der Geschäftsstelle des Klubs mehr als 80 Mitarbeiter beschäftigt und sich seit der Jahrtausendwende ganze vier Mal für den Europapokal-Wettbewerb qualifizieren konnte. Die Weichen für die Zukunft hat dieser in seiner Struktur und mit Blick auf seine Historie ligaweit seinesgleichen suchende Vorstand gestellt. Die nun anstehenden Neuwahlen sind Konsequenz lange angedachter Strukturveränderungen. Deren Notwendigkeit gewann nicht zuletzt durch den Abschied des langjährigen Managers Christian Heidel im vergangenen Sommer an Bedeutung, zumal das operative Geschäft im vergangenen Jahrzehnt ohnehin bereits sukzessive auf die Ebene der Geschäftsführung sowie der Mitarbeiter übertragen worden war. Mit der Bestellung eines Aufsichtsrats trägt der 1. FSV Mainz 05 in Zukunft den Anforderungen der Moderne Rechnung und schafft zeitgemäßere wie auch transparentere Strukturen unter noch engerer Einbeziehung von Mitgliedern und Fans. Gespannt blickt der gesamte Verein den kommenden Herausforderungen entgegen, stellt sich gern den Aufgaben im umkämpften Bundesliga-Geschäft, kann aber gleichzeitig stolz auf seine Historie sein und auf den in den vergangenen 29 Jahren zurückgelegten und nicht selten steinigen Weg. Eine moderne Arena als Heimspielstätte und Wohnzimmer betrachten zu dürfen, in das mittlerweile zwölfte Bundesliga-Jahr der Vereinsgeschichte zu gehen und die auflagenfreie Erteilung der Lizenz für eine der Top-Ligen des Kontinents Jahr für Jahr beinahe schon als Selbstverständlichkeit wahrnehmen zu dürfen, sind bemerkenswerte Errungenschaften. Die Wege auf offizieller Ebene werden sich am Sonntag trennen, bei Heimspielen in der OPEL ARENA aber auch in Zukunft weiter kreuzen. Die Erinnerung an den SV Meppen ist verblasst, Festspieltage wie ebensolche gegen Eintracht Frankfurt auch für die Zukunft der Maßstab. Eine Zukunft, für die mehr als nur der Grundstein gelegt worden ist, um den Traum von der Bundesliga beim 1. FSV Mainz 05 weiter leben zu dürfen.