Profis 31.05.2023 - 19:45 Uhr
"Es ist nicht einfach, 46 Punkte mit Mainz 05 zu erreichen"
Stark begonnen, zwischenzeitlich nachgelassen, eine Rekordserie gestartet, nochmal kurz geschwächelt und positiv beendet: Rückblick auf eine überdurchschnittliche Saison 2022/23 von Mainz 05.
Der Schlusspunkt der Saison 2022/23 war so denkwürdig im positiven Sinne wie Teile der gesamten Spielzeit. Am 34. Spieltag, im mit 81.000 Zuschauern ausverkauften Dortmunder Signal-Iduna-Park und 8.000 Mainzer Fans im Rücken, sorgte der 1. FSV Mainz 05 mit einem verdienten Punktgewinn beim Meisterschaftsaspiranten Borussia Dortmund dafür, dass man beim FSV mit einem sehr guten Gefühl aus der Saison gehen konnte. Die Ausstrahlung war wieder so, wie sie sein soll. Eine vierwöchige Niederlagenserie zuvor hatte den Mainzer Blick auf das positive Gesamtbild kurzzeitig etwas vernebelt. Doch nach einer Spielzeit mit 46 Punkten, Tabellenplatz neun und zahlreichen Highlights, ist es Bo Svensson wichtig, zu betonen: "Wir haben ganz klar eine gute Saison gespielt."
Elementar und für einen Verein wie Mainz 05 niemals selbstverständlich: Zu keiner Zeit befanden sich die Rheinhessen in ihrer insgesamt 17. Bundesliga-Saison im Abstiegskampf. Bis zur Niederlagenserie kurz vor Schluss schnupperte der FSV sogar an internationalen Rängen. "Es gab Höhen und Tiefen, wie es oft ist“, sagt Svensson. Highlights wechselten sich in einer langen Saison mit Enttäuschungen ab, nicht nur bei Mainz 05. "Wir haben drei Monate lang kein Spiel verloren. das ist schon sehr außergewöhnlich. Und aus zwei Phasen, in denen es nicht gut lief, haben wir etwas gelernt“, betont der Däne.
Inkonstante Leistungen und richtige Schlüsse in der Pause
Mit zehn Punkten aus den ersten fünf Spielen gelang der Start. "Wir haben sehr gut angefangen, hatten dann eine schlechtere Phase“, beschreibt der Mainzer Cheftrainer die Partien bis zur langen Winterpause, die bereits Mitte November aufgrund der WM in Katar begann. Konstant inkonstant agierten die 05ER, insgesamt und auch innerhalb der Partien. Das hatte Gründe: "Wenn wir gewusst hätten, dass wir fast eine ganze Saison ohne Jonny Burkardt spielen, wir mussten Moussa Niakhaté ersetzen. Schlüsselspieler wie Silvan Widmer und Anton Stach haben nicht dieselbe Leistung gebracht wie in der Saison zuvor, aus allen möglichen Gründen. Wir konnten sehr oft nicht mit der gleichen Abwehrkette spielen. Wenn man das alles zusammenzählt, hätte man befürchten können, dass wir eine Saison gegen den Abstieg spielen. Es läuft nicht immer glatt“, zählt Svensson auf. Mit vier Spielen ohne Sieg und offenen Fragen ging der FSV in die lange Pause.
Die sportliche Führung um Sportvorstand Christian Heidel, Sportdirektor Martin Schmidt und Svensson zog die richtigen Schlüsse. Personell, mit den Neuverpflichtungen von Stürmer Ludovic Ajorque und Verteidiger Andreas Hanche-Olsen. Inhaltlich, unter anderem in zwei Trainingslagern auf dem Platz, vor allem aber innerhalb der Gruppe. Svensson forderte von seinen Spielern mehr Verantwortungsbewusstsein ein. "Dass sie bei Sachen, die nicht gut laufen, nicht immer nur auf den Trainer schauen und erwarten, dass der ihnen die Lösung gibt, sondern sich bewusst machen, selbst in die Verantwortung zu kommen und Dinge zu regeln. Diese Weiterentwicklung hat sich ausgewirkt darauf, wie wir auf dem Platz aufgetreten sind.“ Svenssons Forderung richtete sich einerseits an die erfahrenen Spieler, aber auch an jüngere Akteure wie Leandro Barreiro, "der das auch von seiner Persönlichkeit her mitbringt“.
Schlüsselspiele und Rekordserie
Die 05ER setzten es von da an meist sehr gut auf dem Platz um. Es folgten im neuen Jahr Siege in den Schlüsselspielen gegen Augsburg und Bochum und eine außergewöhnliche Erfolgsserie über zehn Spieltage. "Bis kurz vor dem Bayern-Spiel sind wir sehr nah drangekommen an meine Vorstellung, wie eine Mannschaft funktionieren soll, mit dem Höhepunkt in Leipzig“, so Svensson. Viele richtige Entscheidungen erfordere es für einen Klub wie Mainz 05, in der Bundesliga Spiele zu gewinnen. "Wenn wir nicht am Anschlag, nicht am Limit sind, was die Spielweise und das Konstrukt im Team angeht, kriegen wir Probleme.“ Man dürfe sich nicht so viele Fehler leisten wie die oftmals finanzstärkere Konkurrenz. "Das ist die Kunst und das ist auch der Reiz“, betont der Cheftrainer der 05ER.
Der Sportvorstand teilt die Ausführungen Svenssons uneingeschränkt und erwähnt einen weiteren Punkt, den diese Saison in ihrer Entwicklung hervorgebracht hat - für einen Verein wie Mainz 05 vielleicht einer der wichtigsten: Die Unterstützung der Fans. "Dass in dieser Stadt wieder eine ganz andere Stimmung herrscht in Bezug auf Mainz 05. Das war vielleicht eines der Hauptprobleme“, sagt Christian Heidel. Im Schnitt verfolgten wieder fast 30.000 Fans die Heimspiele in der MEWA ARENA, die Mitgliederzahl stieg um 25 Prozent. Auch auswärts erfuhren die 05ER großen Support. "Wichtig ist, dass wir weiterhin auch Niederlagen akzeptieren und nicht alles in Frage stellen. Jetzt geht’s weiter, nur noch mit viel mehr Menschen. Mein Wunsch ist, dass wir das gute Gefühl, das in der Stadt herrscht, weiter nutzen."
Das erste Ziel steht schon fest
Für die kommende Saison ist das primäre Ziel am Bruchweg klar. "Wenn es wieder losgeht, wird unser erstes Saisonziel heißen: Wir wollen auch im 18. Jahr in der Bundesliga weit weg vom Strich bleiben. Dann sehen wir weiter“, sagt Heidel. Die 05ER sind sich ihrer Rolle in der Liga bewusst und wollen weiter lernen, um auch zukünftige Herausforderungen gut meistern zu können. Das weiß auch der Cheftrainer. "In unserem und meinem Naturell ist die Rede vom nächsten Schritt immer drin, wir wollen es immer besser machen und das nächste Ziel erreichen, aber ein bisschen Demut gehört auch dazu. Es ist nicht einfach, 46 Punkte mit Mainz 05 zu erreichen“, so Svensson.