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Profis 23.10.2018 - 15:30 Uhr

"Geduld ist ein wichtiger Faktor"

Sandro Schwarz sieht in der Torflaute kein Qualitäts- oder Kopfproblem: "Weil die Jungs sehr, sehr viel Potenzial und Talent haben"

Sandro Schwarz bei seiner Rede auf der Mitgliederversammlung am Montagabend in der OPEL ARENA.

Am Tag nach dem 0:4 von Mönchengladbach sprach Sandro Schwarz erstmals in seiner Funktion als Cheftrainer des 1. FSV Mainz 05 auf der Mitgliederversammlung des Klubs. Der 40-Jährige bezog sich in seiner bemerkenswerten und mit viel Beifall bedachten Rede noch einmal auf die vergangene Saison, bedankte sich für das Vertrauen, das der Verein ihm entgegengebracht habe und bei Rouven Schröder dafür, "die Birne hinzuhalten in der Öffentlichkeit, um mir den Rücken zu stärken". Schwarz sprach auch von notwendiger Geduld im Entwicklungsprozess des aktuellen 05-Teams. Geduld, Vertrauen und Lernfähigkeit waren dann auch am Dienstag in der obligatorischen Medienrunde am Bruchweg die Themenschwerpunkte.

Er habe Verständnis dafür, sagte der 05-Coach, wenn sich die Fans bisweilen die Frage stellten, was die 05er eigentlich im Training treiben würden. "Es ist schon sinnvoll, was wir da machen. Das Problem ist nur, dass man es manchmal im Spiel nicht sieht." Und damit kam Schwarz dann zum Tagesgeschäft: Fünf Spiele ohne eigenen Torerfolg in der Bundesliga. "Das Thema ist da, es geht um Haltung und Überzeugung im Abschluss."

76 Torschüsse in fünf Spielen

Der 05-Trainer hat sich die Statistiken dieser fünf Auftritte rausgesucht: Leverkusen zwölf 05-Torschüsse, Wolfsburg zwölf, Schalke 15, Hertha 23 und Gladbach 14. Genügend also, um das eine oder andere Tor zu schießen. "Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben jung zu sein, dynamisch zu sein, auf Entwicklung zu setzen. Dabei nehmen wir gerade mit, dass uns die Effizienz bei Torschüssen abgeht", sagte Schwarz. Mit fehlender Qualität habe das jedoch nichts zu tun. "Wir sprechen den Spielern nicht das Vertrauen ab, weil die Jungs sehr, sehr viel Potenzial und Talent haben.“"

Der Entscheidungsprozess in dieser speziellen Sekunde, mit dem ersten Kontakt die richtige Präzision zu haben, das sei die Crux. Schwarz nannte als Beispiel den Gladbacher Lars Stindl, der sich extrem schlau zwischen den Linien bewege, beide Füße benutze und Chancen herausspiele. Stindl dreht meist mit dem linken Fuß auf und spielt mit dem rechten vorwärts. Das bringt Tempo und Schärfe in die Aktion. "Wir hatten im Spiel Situationen in genau denselben Räumen, wo der erste Kontakt unsauber war, und dann ist es schon zu spät. Diese kleine Detailarbeit, Ballmitnahme und Timing. Am Ende ist das der Unterschied. Wir brauchen drei, vier Kontakte, und damit nimmst du schon das Tempo raus."

Identische Situationen im Training

Das Interessante dabei sei, dass die Mannschaft dies im Training immer wieder deutlich besser hinkriege. Schwarz zeigte seinem Team in der Analyse-Sitzung Sequenzen aus dem Gladbachspiel, denen er Videos von Trainingseinheiten gegenüberstellte. "Das war phänomenal. Du siehst identische Situationen vor dem Tor, in denen wir den ersten Kontakt mitnehmen, im zweiten Kontakt nach vorne durchstecken und das Tor machen. Im Training gelingt das alles häufig genug", sagt Schwarz. "Wir müssen das gar nicht verkomplizieren."

Auf einfachen Wegen zu einfachen Abschlüssen kommen und das Tor treffen. Dafür braucht es Lockerheit, Entspanntheit. Das lässt sich leider nicht befehlen, sondern muss durch Erfolgserlebnisse im Training kommen. Darauf müsse man vertrauensvoll und geduldig setzen. "Geduld ist dabei ein wichtiger Faktor. Da muss ich bei mir anfangen. Ich bin der ungeduldigste Mensch auf diesem Erdball, aber es ist wichtig, nicht zu ungeduldig zu werden in diesem Entwicklungsprozess der jungen Spieler. Dazu gehört konsequente Arbeit, um sich in jedem Training zu verbessern. Wir machen ja in vielen Elementen des Spiels vieles echt gut und kriegen dafür Zuspruch", sagte Schwarz.

Der Trainer hat nicht das Gefühl, dass seine Offensive zu verkopft an die Sache herangeht. "Wenn wir jetzt sagen, wir haben ein Kopfproblem, was soll das bewirken? Wir müssen es vorleben und im Training immer weiter dran arbeiten. Es wird nur dann kopflastig, wenn wir verbissen an die Sache rangehen und nur noch darüber reden. Wir können aber aus diesem Spiel viel lernen von einer Top-Mannschaft wie Gladbach, wie die es richtig gemacht haben. Ich sage den Spielern: 'Ich erlebe euch jeden Tag und sehe, dass ihr es könnt, intuitiv das Richtige zu machen. Also macht es.' Ich bin überzeugt davon, das ist der richtige Weg, um da raus zu kommen."