Profis 14.08.2019 - 11:30 Uhr
Grenzen ausloten, Potenzial ausschöpfen
Michael Thurk & Sven Herzog bereichern seit Beginn der Vorbereitung das Trainerteam des FSV - für beide wurden eigens neue Positionen geschaffen
Zwei neue Gesichter am Bruchweg: Mit Michael Thurk und Sven Herzog bereichern seit Beginn der Sommervorbereitung ein alter Bekannter sowie ein Quereinsteiger das Team um Cheftrainer Sandro Schwarz. Die Aufgaben der beiden Protagonisten in der täglichen Arbeit könnten unterschiedlicher kaum sein. Dafür kennen sie sich bestens - aus Augsburger Zeiten.
Thurk spielte einst für den FCA, Herzog war beim Eishockeyklub Augsburger Panther beschäftigt. Als Sportler lief man sich immer mal wieder über den Weg, denn "Augsburg ist ja keine Weltstadt", so Thurk. Zudem spielte Thurks Sohn in der Jugend bei den Panthern. Als der FSV auf der Suche nach einem Leiter Athletik war und Herzog im Blick hatte, wurde folglich auch bei Thurk nachgefragt: "Sandro hat mich tatsächlich kontaktiert und um meine Meinung gebeten. Ich habe gesagt: 'Ja, den kenne ich und habe bisher nur Gutes über ihn gehört, auch persönlich einen positiven Eindruck'."
Auf und abseits des Rasens ist Herzogs Arbeit gefragt
Dass es überhaupt zu diesem ungewöhnlichen Wechsel vom Eishockey in den Fußball kam, erklärt Herzog folgendermaßen: "Der Klub wollte durch die neu geschaffene Stelle eines Leiters Athletik die Professionalisierung vorantreiben. Man wollte gezielt jemanden von außerhalb des Fußballs holen." Das Angebot des FSV war für Herzog eines, das er nicht ablehnen konnte: "Wir haben in einem kleinen Eishockeyklub etwas vorangebracht. Unser Etat war der drittkleinste der Liga. Letztendlich stößt du da als Trainer an deine Grenzen. Es gab andere Optionen im Eishockey, aber es war relativ schnell klar, dass ich die Herausforderung suchen und eine andere Sportart erleben wollte, die auch näher an meinem ursprünglichen Background dran ist: Denn ich bin eigentlich Läufer."
Nach Bekanntgabe des Wechsels erhielt der ausgebildete "Strength & Conditioning Coach" zahlreiche Glückwünsche aus der Welt des Kufensports: "Für die kleineren Vereine im Eishockey, speziell für Augsburg, ist Mainz 05 ein Vorbild. Es herrscht die Ansicht: Die wissen, wer sie sind, haben sich immer weiterentwickelt, aber nie ihre Identität verkauft. So ist auch mein Eindruck nach nun fast zwei Monaten. Auch andere Kollegen aus der DEL und der Trainerakademie haben mir zu diesem Schritt gratuliert."
Im Video: Atlethiktraining beim FSV während des Sommertrainingslagers in Grassau
Wenn jemand die Anforderungen beider Sportarten im Bereich Athletik kennt, dann Herzog. Was den Trainingsalltag angeht, erkennt er deutliche Unterschiede: "Anteil und Intensität des Krafttrainings sind im Eishockey viel höher. Das ist notwendig, weil die Physis viel spielentscheidender ist. Fußballer brauchen zwar Kraft, aber nicht diese Masse. Dafür ist der Fußball ausdauerorientierter." Das verstärkte Arbeiten im physischen Bereich in den letzten Jahren ist für Herzog auch ein Grund, wieso er überzeugt ist, für die Arbeit beim FSV mit seinen Impulsen eine Bereicherung sein zu können: "Ein Fußballer kann durch sein Talent unglaublich viel in diesem Bereich kompensieren. Da ich aber sehr viel Wert auf die Physis lege, sehe ich ein anderes Potenzial in den Spielern. Ich fordere sie vielleicht noch einen Tick mehr als jemand, der aus dem Fußball kommt. Wenn die Jungs Laufprogramme machen, dürfen sie mich in dem Moment schon auch mal hassen… zumindest für den Moment", so Herzog augenzwinkernd. "Es geht letztlich darum neue Grenzen auszuloten. Darauf lag in der Vorbereitungsphase ein Hauptaugenmerk." Doch nicht nur was die Perspektive auf das Körperliche angeht, kann der neue Leiter Athletik seine Erfahrungen einbringen. Auch im Bereich Mentalität will der FSV von seinen Erfahrungen profitieren: "Eishockey ist nordamerikanisch geprägt. Um dort überhaupt Akzeptanz in der Mannschaft zu bekommen, muss man für sie arbeiten. Was die Stürmer mitarbeiten ist brutal."
Herzog freut sich indes nicht nur auf die neue Sportart, sondern auch auf sein neues Arbeitsumfeld: "Wir waren in Augsburg gerade mal ein Cheftrainer, ein Co-Trainer, ein Physio und ich. Ich war für Verletzungsstatistik, Monitoring, Tracking, Individual- und Rehatraining verantwortlich. Da ist man immer am Rotieren. Hier ist der Vorteil, dass ich mich auf einen Bereich konzentrieren kann. Mit Axel Busenkell und Jonas Grünewald haben wir ein Team mit unterschiedlichen Ansätzen, in der jeder Raum für Entwicklung hat." Auch die Kaderstruktur des FSV kommt ihm entgegen: "Ein junger Kader ist für uns von Vorteil, weil junge Spieler eher offen sind für neue Dinge."
Bisher zögen aber auch alle erfahrenen Spieler hervorragend mit. Grundsätzlich versucht Herzog durch Kooperation und greifbare Ergebnisse bzw. Messwerte seine Spieler zu überzeugen: "Man darf die Spieler nicht unterschätzen. Sie merken, was gut für sie ist. Ich probiere aus den Spielern herauszubekommen, was ihnen wichtig ist und dann arbeiten wir da gemeinsam dran." Dabei schöpft er alle technischen Möglichkeiten aus: "Heute gibt es aus technologischer Sicht vielfältigere Möglichkeiten als früher. Man kann heute zu einem Spieler beispielsweise sagen: "'Vor zwei Wochen bist du in einer Viertelstunde bei 19 km/h einen Kilometer weniger gelaufen als jetzt.' Entwicklungen sind messbar und ich werde mich auch an ihnen messen lassen", so Herzog. Im modernen Fußball gehören allerdings nicht nur die klassischen Bereiche Kraft- und Ausdauertraining zu den Aufgaben eines Leiters Athletik. Auch die Ernährung ist ein wichtiger Aspekt: "Man kann mittlerweile Gen-Tests machen. Dort sieht man dann die Nährstoffzusammensetzung, die jeder Spieler braucht. Jeder Körper hat da eine andere Gewichtung in Sachen Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette. Es gibt nicht die eine richtige Ernährung", so Herzog zu einem weiteren Bereich, auf den er viel wert legt.
Einst als Teamkollegen für die 05er im Einsatz, heute gemeinsam im Trainerteam: Michael Thurk & Cheftrainer Sandro Schwarz
Thurk: "...immer gut, wenn man seine Augen überall hat"
Ebenfalls für die Weiterentwicklung der Spieler in einem Spezialgebiet wurde Ex-05-Stürmer Michael Thurk zurück an den Bruchweg geholt. Der 43-Jährige soll sich vor allem um die Offensivspieler kümmern. Er steuert so noch eine weitere Komponente im Trainerteam bei: "Ich bringe nochmal einen anderen Blickwinkel rein als ihn zum Beispiel Sandro, Falke und Jan-Moritz haben, die auf dem Platz alle eher defensiv orientiert waren. Ich kann mich hier und da besser in einen Stürmer hineinversetzen, nachvollziehen wie er in bestimmten Momenten denkt, fühlt, und was er hätte besser machen können", beschreibt Thurk seine neue Aufgabe. Allerdings beschränkt er sich in der täglichen Arbeit nicht nur auf die Torjäger: "Wenn mir bei einem Verteidiger etwas auffällt, dann spreche ich das auch an. Insgesamt ist es immer gut, wenn man seine Augen überall hat."
Den Klub kennt das Mitglied der 2004er Aufstiegsmannschaft ohnehin in- und auswendig, hielt auch in den vergangenen Jahren stets den Kontakt. Rund um den Verein hat sich seit seiner Spielerzeit allerdings einiges verändert: "Wir hatten damals einen Trainingsplatz. Dazu einen Hartplatz, wo heute die Kunstrasenplätze sind. Links einen Käfig, ein bisschen Wiese und das war es", erinnert sich Thurk. Doch nicht nur infrastrukturell sieht er Unterschiede zu seiner aktiven Zeit im Dress der 05er: "Wenn wir unter Kloppo ein Auswärtsspiel hatten, habe ich mir beim Metzger vorher noch zwei Mettbrötchen geholt und dann sind wir losgefahren. Auf die Idee kommt heute ja keiner mehr". Auch das Stürmerspiel an sich hat sich für den ehemaligen Zweitliga – Torschützenkönig verändert: "Du musst heute natürlich auch deine zwölf Kilometer brummen. Wenn es als Stürmer dann mal vor dem Tor nicht so läuft, musst du für die Mannschaft arbeiten. Das ist dann deine Berechtigung zu spielen." Insgesamt geht sein Blick optimistisch in die neue Spielzeit: „Wir stehen vor einer tollen Saison, davon bin ich überzeugt." Ein Baustein sollen dabei auch die beiden Neuzugänge innerhalb des Trainerteams sein.