Guilavogui: "In dem Moment hatte ich Gänsehaut"

Statt seine Karriere nach neun Jahren in Diensten des VfL Wolfsburg, wie ursprünglich vorgesehen, im Ausland fortzuführen, entschied sich Josuha Guilavogui Ende September vergangenen Jahres, das Angebot des FSV anzunehmen und so der Bundesliga treu zu bleiben. In der vollen Überzeugung, seinem neuen Klub auch im Alter von 33 Jahren auf hohem Niveau helfen und so zu einer erfolgreichen Saison beitragen zu können. Es kam bekanntlich anders, denn seine ersten Monate in der neuen Heimat waren von sportlichen Rückschlägen und Verletzungen geprägt. Dennoch glaubt der Franzose fest daran, dass sein Weg nach Rheinhessen "Schicksal" gewesen sei, und ist guter Dinge, die in den vergangenen Wochen eingeläutete Aufholjagd im Mai mit dem Klassenerhalt krönen zu können. 

Sieben Mal in Folge ist der Defensiv-Spezialist zuletzt für die 05ER zum Einsatz gekommen, wobei er viermal in der Startelf auftauchte. Damit hat der letzte Sommerneuzugang seine Einsätze binnen weniger Wochen mehr als verdreifacht gegenüber den Vormonaten, in denen er zunächst seinen Trainingsrückstand - in der Sommerpause hatte er sich individuell fit gehalten - aufholen musste, unmittelbar danach aber von einer Muskelverletzung zurückgeworfen wurde. "Ich liebe es zu verteidigen, und dafür bin ich gekommen", hatte der Verteidiger anlässlich seiner Verpflichtung zu Protokoll gegeben. Diese Leidenschaft und seinen Wert für das Team unterstreicht er längst und ist auf wie abseits des Rasens zu einem großen Faktor geworden. 

"Verantwortung in vielerlei Hinsicht"

Der Routinier strahlt Ruhe aus, hat stets ein Lächeln auf den Lippen, verrichtet seinen Job vorbildlich und kann mit seinen Erfahrungen - mit dem VfL Wolfsburg bestritt er 2017 und 2018 erfolgreich die Relegation - auch den Teamkollegen als Anker im Kampf um den Klassenerhalt dienen. "Als Fußballer hast du Druck und machst ihn dir auch, weil du immer Leistung bringen möchtest. Wichtig ist ein positiver Ansatz: Die Frage darf nicht lauten, was wir verlieren können. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht die 'Sucht' nach diesem schönsten Moment der Woche im Anschluss an ein erfolgreiches Spiel. Um diese Emotionen und Glücksgefühle geht es uns doch allen", beschreibt er seinen Umgang mit der Situation, hat dabei aber auch das große Ganze im Blick. "Als Fußballer geht es natürlich um unsere Karriere, um Erfolg als Sportler, aber man darf auch die Mitarbeiter nicht vergessen, die Familie haben und ihre Jobs lieben. Die Fans, die alles für ihren Verein tun. Wir tragen Verantwortung in vielerlei Hinsicht, das ist nicht immer leicht, Profi zu sein aber dennoch der schönste Job, den ich mir vorstellen kann."

Schicksalhafter Wechsel

Dank des Punktgewinns in Leipzig am vergangenen Wochenende, bei dem Guilavogui neben Robin Zentner überragte, haben die 05ER weiter Selbstvertrauen getankt und sind heiß auf den Heimspiel-Doppelpack gegen Darmstadt 98 (Samstag 15.30 Uhr) und die TSG 1899 Hoffenheim (genau eine Woche später, zum Online-Ticketshop). Klar sei aber, betont der Franzose, dass der Zähler beim Champions-League-Teilnehmer nur etwas wert sei, wenn man zuhause nachlege und gegen die Lilien die nächsten drei Punkte einfahre. Neben den Leistungen des Teams stimmt die Nummer 23 auch das optimistisch, was er zuletzt im Umfeld wahrgenommen hat - eine unheimlich positive Stimmungslage nämlich: "Ich glaube an Schicksal und bin nach diesem halben Jahr vollkommen überzeugt, beim richtigen Verein zu sein. Trotz der schwierigen Saison fühle ich mich hier richtig wohl in der Mannschaft, verstehe mich mit allen. Hinzu kommt - und diesen Faktor darf man niemals unterschätzen - die positive Einstellung unserer Fans. Vor dem Bochum-Spiel waren sie hier am Bruchwegstadion, um uns zu motivieren. Sie haben gezeigt, dass sie an uns glauben und wir an uns glauben müssen, statt Kritik zu äußern. Man spürt ihre Liebe für den Verein, in dem Moment hatte ich Gänsehaut. Für sie möchte man nichts anderes als kämpfen, laufen und gewinnen. Denn sie werden uns immer unterstützen."

Botschaft von Bo

Und mit ihnen im Rücken soll auch der nächste Akt im Endspurt um den Klassenerhalt gegen die Darmstädter erfolgreich gemeistert werden. Dass der Tabellenletzte mehr Druck verspüren könne als der FSV, kann sich der 05-Profi nicht vorstellen. "Das ist unmöglich", findet Guilavogui. " Wir spielen zuhause und müssen wieder mit dem Selbstvertrauen auf den Platz gehen, das wir uns in den letzten Wochen erarbeitet haben. Wir wollen die drei Punkte und ich bin sehr optimistisch, weil wir genau wissen, was wir leisten müssen, um ein Spiel zu gewinnen. Und auch die Gegner haben jetzt gemerkt, dass Mainz 05 wieder da ist. Wir wollen mit den Fans feiern und dieses Gefühl in der Kabine aufsaugen, laute Musik zu hören und uns in den Armen liegen.” Es wäre der nächste kleine Schritt in die richtige Richtung, würde an der Philosophie der Mainzer in den letzten Wochen aber rein gar nichts ändern. "Wir gehen unseren Weg, schauen nicht darauf, was die Anderen machen. Wir können zusammen etwas großartiges erreichen und geben niemals auf. Das muss unser Leitmotiv sein."