Nachwuchs 08.11.2023 - 10:05 Uhr
Mehr Netto von der Brutto-Spielzeit
Hannes Wolf, DFB-Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung sowie U20-Nationaltrainer, war im NLZ zu Gast und ging mit den 05-Trainern in den Austausch über die "Trainingsphilosophie Deutschland" / Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen
Hannes Wolf ist nicht nur Chef-Trainer der deutschen U20-Nationalmannschaft, sondern seit Mitte August auch als Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) angestellt. Wolf füllt seitdem eine wichtige Aufgabe mit Leben. Gemeinsam mit einem Kompetenzteam, bestehend aus deutschen National- und Vereinstrainern hat er sich auf den Weg gemacht, die "Trainingsphilosophie Deutschland" zu entwickeln und "auf die Straße zu bringen", wie der 42-Jährige Ende Oktober bei seinem Besuch auf dem WOLFGANG FRANK CAMPUS am Bruchweg erzählte. Wolf, seine Mitstreiter und der DFB wollen nicht weniger, als "nachhaltig das Training im Nachwuchs zu verändern" - sowohl auf Amateurs- als auch der leistungsorientierteren Ebene der Nachwuchsleistungszentren. "Wir wollen viele gute Spieler entwickeln, in der Spitze und in der Breite", so Wolf.
Auf Einladung von Meikel Schönweitz, Direktor Entwicklung Fußball beim FSV, tauschte sich Wolf deshalb mit den Mainzer Nachwuchstrainern vom Leistungs- bis zum Grundlagenbereich über zwei Stunden lang intensiv zu Trainingslehre und Spielformen aus. "Ich bin auch als Lernender hier", machte der Fußballlehrer klar, dass er für Anregungen und Austausch zu dem Konzept, für dass er momentan in ganz Deutschland wirbt, dankbar ist. Für die 05ER, die viele der Elemente bereits lange in ihrer Philosophie verankert haben, eine tolle Gelegenheit, die Weiterentwicklung ihrer Trainer zu fördern und voranzutreiben.
Mehr Aktionen für alle Spieler
Etwa im Jahre seit 2010 setzte eine schleichende Entwicklung im deutschen Fußball ein, der Nachschub an Top-Talenten wurde weniger und die DFB-Teams gerieten im Vergleich zu anderen Fußball-Nationen oftmals ins Hintertreffen. Die Weltmeister von 2014 entstammten noch einer anderen Generation, in der Nachwuchsausbildung lag der Fokus ohne Videoanalyse nur auf den eigenen Spielern. Es begann eine "Taktisierung und Rondoisierung des Fußballs", wie Wolf es beschreibt, auch die Corona-Pandemie hatte Einfluss. Viele Kinder hörten auf mit dem Fußball. "Wir haben zudem die Belastungssteuerung aus dem Profibereich übernommen", erklärte Wolf. "Was ist Profi- und was Jugendtraining?" Die Antwort: "Entwicklungsspieler brauchen mehr Nettospielzeit im Training als erfahrene Profis - und Spielpraxis: "Die Realität ist, dass die U21-Nationalspieler der Top-Nationen wie England und Frankreich drei bis viermal so viele Einsatzzeiten in ihren Profiligen haben."
Der Ansatz zur Lösung steckt zunächst in der Trainingsarbeit. Spielformen in kleinen Formaten als Kern, um für alle Spieler die Anzahl der Aktionen zu erhöhen: Dribblings, Zweikämpfe, Pässe, Torabschlüsse, aber auch kollektives Verteidigen, Pressing und Angreifen: Alle Elemente des Spiels sind dabei. Konsequenz, Regelmäßigkeit und Länge der Spielformen sind ebenfalls wichtig für nachhaltigen Erfolg. Heißt: mehr Nettospielzeit von der Brutto-Trainingszeit für die Spieler, gleichbedeutend mit mehr Intensität.
Nationaltrainer auf dem Platz und weitere Termine
Das Wissen und Fundament der Trainingslehre ist keineswegs elitär, sondern öffentlich für alle abrufbar, beispielsweise auf dem YouTube-Kanal des DFB. "Es sind Spielformen, die alle trainieren können", betonte Wolf. Meikel Schönweitz bedankte sich anschließend für den Besuch und den Austausch, dem noch weitere Termine folgen werden. Beispielsweise für die Trainerinnen und Trainer der drei Ausbildungszentren der 05ER. "Hannes Wolf war nur der Auftakt einer Vortragsreihe des DFB für die NLZ-Trainer, es wird noch viel Input und Know-how folgen" versprach Schönweitz.
Neben der Theorie kommt auch die Praxis nicht zu kurz. Ende Oktober war Marc Meister, U16-Nationalmannschafts-Cheftrainer bereits in Mainz vor Ort. Gemeinsam mit den Trainern der 05ER stand Meister bei einem Fördertraining auf dem Platz und leitete im Anschluss die Einheit der FSV-U16. Auch hier stehen schon weitere Termine fest.