Profis 16.05.2022 - 13:00 Uhr
"Wir brauchen Jungs, die geil darauf sind, hier zu kicken"
Nach dem Abschluss der Saison sprachen die 05-Verantwortlichen über die abgelaufene Spielzeit, Entwicklungen, die Kaderplanung und weitere Themen
Die Saison ist zu Ende. Und der 1. FSV Mainz 05 hat den gelungenen Abschluss der Spielzeit 21/22 am Samstagabend nach dem 2:2 gegen Eintracht Frankfurt gebührend ausklingen lassen - zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Vereins in der MEWA ARENA. "Wir haben da gefeiert, wo Mainz 05 zu Hause ist", sagte Christian Heidel, der von einer feucht-fröhlichen Fete berichtete, die bis in den frühen Sonntagmorgen andauerte. "Es war richtig gut. Wir waren knapp 400 Leute. Es ging da nicht nur um die Spieler, es geht einfach darum, dass der ganze Verein zusammen feiert. Es hat sich gelohnt, es war toll“, sagte der Sportvorstand im Abschlussgespräch mit den regionalen Medien, an dem auch Bo Svensson und Martin Schmidt teilnahmen. Die 05-Verantwortlichen sprachen am Bruchweg über die abgelaufene Saison, über Entwicklungen, den Kader und sonstige Themen, bevor sich das Trio erst einmal vom Tagesgeschäft zurückzieht, aber dennoch im stetigen Austausch stehen wird.
Zum Saisonabschluss-Podcast mit dem Cheftrainer
Insgesamt könne man an den Saisondaten einiges sehen, erklärte der Cheftrainer. Unter anderem, dass die Mannschaft im Vergleich zur Rückrunde der vergangenen Saison weniger lange Bälle spiele, variabler geworden sei. "Wir spielen immer noch lange Bälle, aber wir haben eine Struktur geschaffen im eigenen Ballbesitz, die dafür sorgt, dass wir ein bisschen schwerer auszurechnen sind. Das ist ein Entwicklungsschritt", bekräftigte Svensson. "In anderen Phasen des Spiels haben wir bestätigt bekommen, dass wir es gut machen in den defensiven Abläufen, im Umschaltverhalten in beide Richtungen. Das findet bei uns generell auf gutem Niveau statt. Wir haben letztes Jahr in der Rückrunde immer das gleiche System gespielt. Wir sind jetzt dahin gekommen, dass wir auf den Positionen mit dem Ball eine Entwicklung genommen haben. Das wollen wir beibehalten, ohne dabei das zu verlieren, was uns ausmacht und bei uns bei uns immer ganz oben auf der Liste steht: Diese Intensität und den Teamgedanken immer zu pflegen. Und dadurch Akzente zu setzen. Du brauchst den Ball nicht nur, um Tore zu schießen, sondern, um in verschiedenen Phasen des Spiels die nötige Intensität und Qualität auf den Platz zu bringen", erläuterte der Trainer. Denn nur gegen den Ball zu spielen, bedeute auch, dass die Akkus nach 70 Minuten schwächer würden.
All das spiele mit rein, wenn es um die künftige Kaderzusammenstellung gehe. "Wir werden uns aber nicht erlauben, Spieler zu holen, die uns nur was geben können mit dem Ball. Die müssen schon die Kernfaktoren mitbringen für das Mainzer Spiel. Das geht von der Intensität, über athletisches Vermögen, bis hin zur Typfrage, die passen muss." Jean-Paul Boëtius sei so einer gewesen, betonte Svensson. Der am Wochenende verabschiedete Holländer werde fehlen auf und neben dem Platz als extrovertierter Typ, der mit allen Spielern gut umzugehen verstehe, der etliche Sprachen spreche und auf Leute zugehe. Deshalb führe man diese intensiven Spielergespräche vor einer Verpflichtung. "Wir gucken uns die Szenen an, was die Spieler können und sprechen dann, denn sie müssen ja auch von der Persönlichkeit zu uns passen", so der 05-Trainer.
Kader wird sich verändern
Bei Boëtius sei es so gewesen, dass er nicht mehr das Gefühl vermittelt habe, unbedingt bleiben zu wollen. "Wir brauchen Jungs, die absolut geil darauf sind, hier zu kicken. Wir wollten keinen Djanga, der nicht hundertprozentig geil auf die Aufgabe hier ist." Deswegen, ergänzte Heidel, habe man Boëtius auch gar kein Angebot mehr gemacht, "weil wir nicht das Gefühl hatten, dass er unbedingt bleiben wollte. Das hat mit Geld nichts zu tun. Ein Spieler, der hier spielen will oder soll, muss uns das Gefühl geben, dass er das unbedingt will. Wir wollen nicht jemand mit Geld überzeugen müssen", so der 58-Jährige. Von Boëtius sei keine Aussage gekommen, dass er in Mainz bleiben wolle. Eine Grunsatzentscheidung im Leben des Mittelfeldspielers, wie Svensson ergänzte. Und gleichzeitig eine Entscheidung, die man akzeptieren und verstehen könne.
Der Kader wird sich verändern. Boëtius hat sich verabschiedet. Sein Landsmann Jeremiah St. Juste ebenfalls. Der Verteidiger wechselt zum Champions-League-Teilnehmer Sporting Lissabon. Daniel Brosinski ist verabschiedet worden, sucht künftig eine neue Herausforderung. Kevin Stöger ebenfalls.
Drei Neuverpflichtungen unter Dach und Fach
Die sportliche Leitung hat allerdings schon einige Verpflichtungen unter Dach und Fach gebracht. Allen voran Dominik Kohr, der nun fest von der Eintracht abgelöst worden ist und nun zusammen mit Danny da Costa, der ebenfalls dauerhaft vom Main zum Rhein wechselt, sowie Aymen Barkok eine Ex-Frankfurter Gruppe beim FSV bildet.
Barkok gilt als großes Talent, das der 05-Trainer zu einem richtigen 05-Spieler auf der Boëtius-Position entwickeln möchte. "Ich habe ein paar Gespräche mit ihm geführt. Er hat enttäuschende Jahre in Frankfurt gehabt. Wenn er wirklich was vorhat mit seiner Karriere, und das hat er, dann muss er jetzt richtig Gas geben. Sein Talent sehen sehr viele. Bei den letzten Trainern hat es mit ihm nicht so funktioniert. Es liegt jetzt an uns, aber auch sehr viel an ihm. Das ist ihm klar. Er ist bereit hier anzufangen. Wenn du länger in einem Verein spielst, steckst du auch in einer Schublade drin. Es wird ihm guttun, dass ihn andere Augen sehen und eine andere Umgebung auf ihn wirkt."
Dazu hat der FSV schon vor geraumer Zeit Anthony Caci von Racing Straßburg ablösefrei unter Vertrag genommen, der in der Abwehr variabel einsetzbar ist und von dem Svensson und Heidel jetzt schon hellauf begeistert sind, weil der 24-Jährige perfekt in den FSV-Kader passe. "Wir sind hundertprozentig sicher, dass er als Charakter nach Mainz und in den Verein passt. Du glaubst im Gespräch, der kommt aus Nieder-Olm. Das hat eine große Rolle gespielt. Er hätte sich den Klub aussuchen können, wollte aber von Anfang an nur zu uns. Ich bin sicher, er ist ein hundertprozentiger Mainz-05-Spieler. Der will einfach hier zu Hause sein", erklärte Heidel. "Anthony ist ein besonderer Spieler, der genauso gut links wie rechts spielt. Deshalb hat er dieses Jahr in Straßburg fast alle Positionen in der hinteren Kette besetzt. Nicht in der Mitte, aber alle anderen Positionen. Wir müssen sehen, wo der uns am besten hilft, aber ich bin froh, dass er nächste Saison bei uns spielt", so der Trainer.
Heidel : "Der Niakhaté den wir holen, muss erst einer werden“
Kein großes Geheimnis ist, dass Moussa Niakhaté gehen könnte. "Das gucken wir uns an", sagte der Sportvorstand. "Der Wille zum Wechsel ist vielleicht nicht ganz so groß wie bei Jeremiah. Aber das wichtigste wird immer sein, sich die Frage zu beantworten: 'Glauben wir, dass wir es kompensieren können?' Was nicht passieren darf, dass wir ihn abgeben und keinen Plan haben. Aus wirtschaftlichen Gründen müssen wir keinen Spieler abgeben. Vielleicht aus logischen Gründen“, so Heidel. Ein logischer Grund könnte sein, dass der Kapitän sonst nächstes Jahr ablösefrei gehen würde. "Nur dann jedoch, wenn wir einen Plan haben, wenn wir wissen, was wir mit dem Geld machen können, das wir kriegen würden. Wir könnten nie einen Niakhaté holen, weil wir uns einen solchen Top-Spieler nicht leisten können. Den Niakhaté, den wir holen, muss erst noch ein Niakhaté werden.“
Der Klub werde noch tätig werden. Doch nur mit Sachen, die man auch stemmen könne. "In dem Teich, in dem wir fischen können, sind wir handlungsfähig, aber auch sehr wählerisch, Wir können nicht nur Super-Typen holen, die aber nicht den Ball treffen. Was wir suchen, betonte Heidel, "sind Spieler, die den Ball treffen und genau zu uns passen".
Der Sommer ist lang, es könnte sich einiges tun. Wenn es nach dem Trainer geht, dann ist das Tempo eines der Haupt-Kriterien bei der Suche nach personeller Verstärkung. Doch das ist ein Thema, das wir in einer weiteren Geschichte ausführlich behandeln. Genauso, wie wir in loser Folge abbilden werden, wie es um die Entwicklung der jungen Leute aus dem eigenen Nachwuchs bestellt ist. Oder wie die Verantwortlichen dieses kommende Fußballjahr planen mit der von Länderspielen im Juni unterbrochenen Sommerpause und der langen Saisonunterbrechung wegen der WM in Qatar im Winter. Und natürlich, was sich der Cheftrainer in Sachen Spielsystem und Grundordnungen unter anderem vorstellt für die Zukunft.
Fortsetzung folgt...