"Ich gebe alles, bis ich nicht mehr kann"

Vier Tore in vier Rückrundenpartien, darunter sein erster Bundesliga-Doppelpack beim 3:1 gegen Augsburg: Jae-sung Lee ist im bisherigen Verlauf der zweiten Saisonhälfte eine der prägenden Figuren des Spiels von Mainz 05. Der 30-jährige Mittelfeldspieler passt auf und neben dem Platz perfekt zum FSV und fühlt sich, wahrscheinlich auch deshalb, gerade sehr wohl in Mainz. "Ich bin sehr froh, hier zu sein", betonte Lee in einer Medienrunde am Donnerstagmittag.

Bo Svensson mag sich Mainz 05 ohne ihn sowieso nicht vorstellen. Der FSV-Cheftrainer weiß ganz genau, was er und sein Team an Lee haben. Im Vordergrund stehen dabei nicht die sechs Saisontore, die der Südkoreaner bereits erzielt hat. Lee ist quasi die personifizierte Spielweise der 05ER. "Jae-Sung passt einfach hervorragend zu Mainz 05, mit seiner Art zu spielen, nie aufzugeben, immer extrem fleißig unterwegs zu sein", erklärte Svensson nach dem Augsburg-Spiel und führte als Beweis die Entstehung der zwei Treffer an, als Lee sich in eher ungefährlichen Situationen jeweils den Ball eroberte und vollendete. "Das ist eine dieser Sachen, die ihn auszeichnen", bestätigte der Däne. "Er macht diese Extra-Meter, schnuppert so an diesen Situationen, in denen nicht jeder daran glaubt, dass etwas daraus entstehen kann."

Viel gelernt in seiner Mainzer Zeit

Lee glaubt daran und macht die entscheidenden Läufe, die es im intensiven Spielsystem der 05ER unter Svensson gegen und mit dem Ball braucht. Ab dem Moment, in dem der Schiedsrichter die Partie anpfeift, ist der 30-Jährige ist voll da. Gegen Dortmund und Bochum war er bereits in den ersten zwei Minuten erfolgreich, gegen Augsburg war es schon nach 21 Zeigerumdrehungen so weit. "Bo betont immer, dass wir von der ersten Sekunde an Gas geben sollen“, weiß Allrounder Lee um seinen Auftrag: "Ich soll verteidigen und angreifen, intensiv anlaufen, Tore und Vorlagen machen.“ Wobei er die Treffer zunächst als zweitrangig erachtet. Eine bestimmte Anzahl hat er sich deshalb auch nicht als Ziel gesetzt.

Nur in der Saison 2019/20 mit Holstein Kiel in der zweiten Liga war Lee mal erfolgreicher vor dem gegnerischen Tor, damals gelangen ihm neun Treffer. Im Sommer 2021 erfolgte der Wechsel aus dem hohen Norden an den Bruchweg. Schnell entwickelte sich der 30-Jährige zu einem wichtigen Teil im Team der 05ER, auch, wenn die Umstellung auf den Mainzer Fußball und die erste Liga zunächst herausfordernd war. "Es war schwierig am Anfang. Ich kam aus der zweiten Liga, mental und physisch war ich sehr gefordert. Daraus habe ich viel gelernt und bin Bo dankbar dafür.“

Trotz der bislang so starken Auftritte im Jahr 2023 sieht Lee bei sich weiteres Verbesserungspotenzial. In den bisherigen Rückrundenpartien spielte er nie über die volle Distanz, verausgabte sich gegen Augsburg, bis er mit Krämpfen vom Platz musste. "Ich hoffe, dass ich mal bis zum Ende eines Spiels so Gas geben kann wie ab der ersten Minute“, sagt der Südkoreaner. Gleichzeitig weiß er aber auch: "Unser Kader hat viel Qualität. Ich gebe alles, bis ich nicht mehr kann.“

Das honorieren nicht nur sein Trainer und die Mannschaftskollegen, sondern auch die 05-Fans. Nach dem Fastnachtsheimspiel stimmte Lee, ausgestattet mit rotem Hütchen mit gelber Blume, knallgelber, herunterhängender Locken-Attrappe und Sonnenbrille auf dem Kopf, die Humba an. "Eine Riesenmotivation“ seien die Anhänger auf den Rängen für ihn, auch seine Landsleute, die teilweise extra für ein Spiel nach Mainz reisen. "Ich bekomme viele Glückwünsche aus Südkorea, im Stadion sieht man immer wieder südkoreanische Flaggen. Diese Unterstützung freut mich sehr“, sagt Lee, der auch aus der WM-Teilnahme mit seinem Heimatland Kraft gezogen hat. 

Fastnachts-Premiere

An diesem Fastnachtswochenende steht für die 05ER nun das Auswärtsspiel in Leverkusen an, bevor ein Teil der Mannschaft am Montag auf dem vereinseigenen Wagen am Rosenmontagszug in der Mainzer Innenstadt teilnehmen wird. "Das ist mein erstes Mal Fastnacht. Die Vorfreude ist auf jeden Fall da“, so Lee mit einem Lächeln im Gesicht.