Engagement 10.12.2019 - 12:00 Uhr
Im Einsatz gegen Diskriminierung
Bündnis für Demokratie und Toleranz lud zu Podiumsdiskussion in die OPEL ARENA
Fußball verbindet. Ein schöner Satz, ein wahrer Satz. Aber nicht die ganze Wahrheit. Fußball als weltumspannend beliebteste Sportart verfügt über eine großartige einende Kraft für aktive Spieler und viele Millionen Fußballfans. Er bietet aber gleichzeitig eine Bühne für Diskriminierung und Ausgrenzung, die jenen Werten, die dem Sport eigentlich innewohnen, entgegenlaufen.
Mit diesem Paradoxon hat sich am Montagabend auf Einladung des Mainzer Integrationsbeauftragten Carlos Wittmer, des Bündnisses für Demokratie und Toleranz sowie des 1. FSV Mainz 05 eine Expertenrunde im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der OPEL ARENA beschäftigt, zu der auch Stefan Hofmann (Vereins- und Vorstandsvorsitzender des 1. FSV Mainz 05), Michael Grüber (Mitglied der Abteilungsleitung der Fanabteilung des 1. FSV Mainz 05) und Thomas Beckmann (Leiter des Mainzer Fanprojekts) gehörten.
Rassismus und Ausgrenzung begegnen dem Fußball im Alltag. In unverhohlenen Gesten, in Fangesängen, in öffentlichen Statements. Fußball ist hier vor allem auch ein Spiegel der Gesellschaft und gesellschaftlicher Probleme. "Wir als Fußball-Bundesligist müssen die Strahlkraft und Öffentlichkeit des Fußballs nutzen, um unsere Werte offensiv zu vertreten", sagte Stefan Hofmann. "In unserem Verein ist Integration gelebte Wirklichkeit, bei dem Profis, aber auch schon der Nachwuchs, wo wir 25 verschiedene Nationalitäten vereinen. Ein Verein ist dabei ein Querschnitt unserer Gesellschaft. Wir wollen hier frühzeitig auf die Jugendlichen einwirken und jene Werte betonen, die uns unsere Gründungsväter in der Satzung mit auf den Weg gegeben haben."
Dem 1. FSV Mainz 05 ist diese Verpflichtung tatsächlich in die Wiege gelegt. In der Vereinssatzung steht: "Der Verein fördert die Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Menschen mit Behinderung unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat. Mainz 05 ist ein weltoffener Verein, parteipolitisch und konfessionell neutral."
Zahlreiche soziale Projekte
Mainz 05 lebt diese Werte im Alltag gemeinsam mit seinen Fans und Partnern und trägt diese so in die Gesellschaft. So haben die 05ER beispielsweise in der Vergangenheit Flüchtlingsprojekte unterstützt, das Thema Integration fest in ihren sozialen Projekten wie dem 05ER KidsClub oder dem 05ER Klassenzimmer verankert oder über den karitativen Verein Mainz 05 hilft e. V. unbürokratisch auch Flüchtlingsprojekten Hilfe geleistet. Auch öffentlich steht Mainz 05 konsequent für seine Werte ein.
Die Notwendigkeit dieser fortdauernden gesellschaftlichen Arbeit betonte Thomas Beckmann, Leiter des Mainzer Fanprojekts. "Wir spüren schon einen Wandel in der Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um vordergründig rassistische Vorfälle, sondern vermehrt um die Ebene Respekt und Toleranz. Die Wertmaßstäbe haben sich generell verschoben", sagte Beckmann. "Wir als Fanprojekt müssen hier immer näher an die Menschen herantreten, um sie zu erreichen und auf ihre Verfehlungen aufmerksam zu machen. Es gibt kein pauschales Rezept für den Umgang mit diesen Problemen. Die Fans sind keine homogene Masse." 25 Jahre schon bietet das Fanprojekt Mainz diese präventive Sozialarbeit.
Von den Erfahrungen aus der Fanszene berichtete Michael Grüber, ehemaliger Vorsänger der Mainzer Fanszene und Mitglied der Abteilungsleitung der Fanabteilung. "Die Mainzer Fanszene gehört zu den aktivsten in Deutschland in der Arbeit gegen Diskriminierung. Mit der Unterstützung des Fanprojekts, der Supporters und des Vereins ist es gelungen, ein Klima der Offenheit und Dialogbereitschaft herzustellen", sagte Grüber. "Allerdings verändern sich auch hier Schwerpunkte von Rassismus über Homophobie und Sexismus. Gemeinsam ist unser Ziel, über punktuelle Aktionen Aufmerksamkeit zu erzeugen, die Themen dann aber auch nachhaltig zu bearbeiten." Als Beispiel führte er das Engagement der Fans zu Eugen Salomon an. Im Zuge der öffentlichen Diskussionen über den nach Ausschwitz deportierten jüdischen Vereinsgründer des 1. FSV Mainz 05 wurde dessen persönliches Schicksal erst öffentlich.
Seine Notwendigkeit hat dieser Einsatz leider nie eingebüßt und ist vielleicht wichtiger denn je. Es sind viele kleine Bausteine, die den Erfolg im Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus im Alltag ausmachen. So wie die Geschichte des FC Ente Bagdad, jenes Mainzer Freizeit-Fußballklubs mit vielen Spielern mit Migrationshintergrund, der gerade vom Deutschen Fußball-Bund mit dem Julius-Hirsch-Preis ausgezeichnet wurde für sein vorbildliches Engagement gegen Antisemitismus. "Wir Erwachsenen spielen in einer Freizeitliga und haben keine Probleme, das ist vielleicht ein anderer Maßstab. Aber wir haben auch eine A-Jugend, die am regulären Spielbetrieb teilnimmt und in der vor allem Flüchtlinge spielen. Auch diesen Spielern begegnen unsere Gegner mit Respekt, das ist toll", sagt Stefan Schirmer vom FC Ente Bagdad. Ein Beispiel, das Mut macht.
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