Spielberichte 05.05.2023 - 23:57 Uhr
In der 102. Minute: FSV muss sich Schalke geschlagen geben
Nach gleichfalls packenden wie auch denkwürdigen 90 Minuten - plus mehr als zehn Minuten Nachspielzeit(!) - in der ausverkauften MEWA ARENA musste sich der 1. FSV Mainz 05 am Freitagabend dem FC Schalke 04 mit 2:3 (0:1) geschlagen geben. Zur Pause hatte der FSV nach einem Treffer von Marius Bülter verdient zurückgelegen, war nach dem Seitenwechsel durch Leo Barreiro zurückgekommen und hatte auch den erneuten Rückstand nach einem Treffer von Tom Krauß durch Aaróns feinen Freistoßschlenzer kontern können. In der elften Minute der Nachspielzeit entschied dann ein umstrittener Strafstoß von Bülter die Begegnung zugunsten der Gäste, die wichtige Zähler im Abstiegskampf einfahren, während die Mainzer im Kampf um die Europapokal-Plätze einen Rückschlag verdauen müssen.
Zwei Veränderungen hatte Bo Svensson gegenüber der Niederlage in Wolfsburg vorgenommen: Für den verletzten Silvan Widmer - der Kapitän hatte seinen Vertrag unmittelbar vor dem Anpfiff der Partie verlängert - kehrte Danny da Costa in die Startelf zurück, und auf dem linken Flügel erhielt Aarón den Vorzug vor Anthony Caci. Vor dem Anpfiff waren zuvor die U19-Meister geehrt worden, die die Meisterschale vor ausverkauften Rängen präsentieren durften.
05ER finden nicht ins Spiel
In einer zu Beginn komplett offenen Partie hatten die Gäste, die mutig begannen, zunächst leichte Feldvorteile, jedoch, genau wie der FSV, keinen nennenswerten Torgelegenheiten. Erstmals halbwegs brenzlig in beiden Strafräumen sollte es nach einer unterhaltsamen Anfangsphase dann nach rund einer Viertelstunde werden: Zunächst verpasste Leo Barreiro eine flache Hereingabe Jae-sung Lees haarscharf, bevor Robin Zentner nach dem folgenden Schalker Konter erstmals eingreifen musste, als er eine abgefälschte Flanke von Marius Bülter entschärfte (beides 16. Spielminute). Es waren die ersten Ausrufezeichen der Begegnung, und weitere sollten folgen: Nur drei Minuten später eroberten die 05ER das Leder auf dem rechten Flügel im Gegenpressing, Andreas Hanche-Olsen bediente Dominik Kohr, dessen Flanke Karim Onisiwo erreichte, der S04-Keeper Alexander Schwolow aus 15 Metern per Dropkick zu einer ersten Glanztat zwang (19.). Die Gäste ihrerseits sollten ihre erste Gelegenheit wenig später nutzen und in der 26. Minute folgerichtig in Führung gehen: Ludovic Ajorque versprang das Leder auf Höhe der Mittellinie im Mainzer Spielaufbau, Rodrigo Zalazar schaltete schnell und bediente Bülter, der Hanche-Olsen mit gleich mehreren Übersteigern aussteigen ließ und von halblinks zum 0:1 vollendete. Die Gastgeber mussten sich schütteln und hatten nach einer guten halben Stunde Glück, nicht Gegentreffer Nummer zwei schlucken zu müssen, als Kenan Karaman zu viel Raum hatte und von der Strafraumgrenze am Aluminium scheiterte (35.).
Darüber hinaus tat sich nicht viel, weil die Schalker es über weite Phase leicht hatten, die 05ER vom eigenen Tor fernzuhalten. Zu viele technische Ungenauigkeiten und Missverständnisse prägten das 05-Spiel vor dem Seitenwechsel, so dass die Gäste-Führung zur Pause eine verdiente war.
Frischer Wind durch Weiper
Mit Wiederbeginn reagierte Svensson erstmals, brachte Nelson Weiper für da Costa und stellte gleichzeitig auf eine Viererkette mit Edimilson auf der rechten Seite um. Den ersten Abschluss jedoch verzeichneten die Königsblauen, für die Zalazar es aus gut 20 Metern versuchte, aber neben das Gehäuse zielte (48.). Die nun offensiver agierenden Mainzer liefen in den ersten Minuten nach dem Seitenwechsel immer wieder Gefahr, in Konter zu laufen. So auch in der 51. Minute, als Aarón das Leder vertändelte, Terodde Bülter auf die Reise schickte, der frei durch war und letztlich an einer klasse Fußabwehr Zentners scheiterte. Auf der gegenüberliegenden Seite bot sich Lee nach einer Ecke die Chance, auszugleichen, doch Zalazar bekam seinen Fuß dazwischen und klärte zur Ecke (53.) - die zum ersehnten Ausgleich führen sollte. Aaróns Hereingabe verlängerte Hanche-Olsen energisch auf den zweiten Pfosten, wo Barreiro lauerte und den Ball aus zwei Metern unter die Latte drückte - 1:1 (53.). Diesen Treffer verdienten sich die Rheinhessen spätestens in den folgenden Minuten, in denen sie die Gäste tief in die eigene Hälfte drückten und am Doppelschlag schnupperten: Weiper, der das 05-Spiel spürbar belebte, bediente kurz darauf Lee, der das Auge für Kohr hatte, dem der Ball in aussichtsreicher Position jedoch versprang (56.). Und weiter ging es zunächst in eine Richtung. Nach einer Flanke von Barreiro scheiterte jedoch Ajorque per Kopf aus zwölf Metern an Schwolow. Die Schalker hingegen stellten kurz darauf erneut ihre Effizienz unter Beweis, als sie aus dem Nichts die erneute Führung erzielten. Karaman brach auf rechts zur Grundlinie durch und spielte den Rückpass auf Krauß, der Zentner aus vollem Lauf überwand (60.).
Dieser weitere Rückschlag nahm dem FSV ein wenig den Schwung der vorangegangenen Minuten, doch die Partie blieb offen. Wenig später brachte der 05-Cheftrainer dann Aymen Barkok und Marcus Ingvartsen, die in den letzten 25 Minuten Lee und Ajorque ersetzten. Der FSV kam zurück und erarbeitet sich in der 70. Minute eine aussichtsreiche Freistoß-Situation, nachdem Zalazar Kohr zu Fall gebracht hatte. Aarón nahm sich der Angelegenheit an, bewies erneut einen ganz feinen linken Fuß und schlenzte das Leder aus gut 20 Metern zum 2:2 in den Torwinkel. Das Duell wurde nun immer mehr zu einer ganz heißen Angelegenheit. Denn die nächste Chance sollten die Gäste haben, als Tim Skarke in der 80. Minute aus spitzem Winkel an Zentner scheiterte. Beide Teams wollten den Sieg und Schalke war auch in der Folge einen Tick näher dran, doch Zentner war auch gegen den eingewechselten Sebastian Polter zur Stelle und verhinderte den dritten Rückstand. Kurz darauf brachte Svensson Caci für Edimilson, um dem Schwung der Gäste eine frische Defensivkraft entgegenzusetzen. Und so kamen auch die Gastgeber in der 87. Minute zu ihrer nächsten Gelegenheit, als Weiper das Leder per Kopf nach einer Aarón-Flanke nicht voll erwischte. Auf der gegenüberliegenden Seite war es dann ausgerechnet der langjährige 05-Kapitän, der - kurz zuvor eingewechselt - den Siegtreffer auf dem Fuß hatte, aber aus 18 Metern ebenfalls an Zentner scheiterte. Die Nummer eins des FSV schien sich in dieser Schlussphase immer mehr zu einer Art Matchwinner für sein Team aufzuschwingen, weil er auch in der 97. Minute gegen Bülter erster Sieger blieb. Wer dachte, dies sei bereits der Schlusspunkt, sah sich jedoch getäuscht, denn die Nachspielzeit lief weiter, und Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck bemühte in der 99. Minute den Videobeweis, nachdem Caci Bülter in einer eigentlich harmlosen und bereits geklärten Situation im Strafraum am Trikot gezerrt hatte. Der Unparteiische entschied sich nach langer Sichtung der Videobilder schließlich für den Strafstoß, den der Gefoulte in der 102. Minute dieser denkwürdigen Begegnung im Tor unterbrachte und Schalke so drei Zähler sicherte - der späte Knockout für den FSV.
Für die 05ER geht es am kommenden Wochenende mit dem Rhein-Main-Duell bei Eintracht Frankfurt weiter, bevor eine Woche später der VfB Stuttgart letzte Gast der Saison in der MEWA ARENA (hier gibt es Tickets für Mitglieder & Dauerkarteninhaber) sein wird. Zum Saisonfinale bei Borussia Dortmund eine Woche später werden die Mainzer dann von 8.000 Anhängern begleitet.