Profis 25.05.2018 - 09:30 Uhr
Kehrtwende mit Pragmatismus und ohne Larifari
Die Saison 17/18 im Rückblick: Die Endrunde - Überzeugende Vorstellung in sechs Akten
Es war ein klarer Auftrag an die Mannschaft, den Trainer und Sportvorstand des 1. FSV Mainz 05 kurz vor Ostern formulierten: Die Profis mussten das Signal geben für die als Endrunde proklamierte Schlussphase der Saison mit sieben noch ausstehenden Spielen. Alles, was an Problemen und Mängeln aufgearbeitet und besprochen worden war, mit Leistung untermauern, mit Widerstandsgeist und Behauptungswillen das große Ziel angehen, am Ende über dem Strich zu stehen. Das Projekt gelang überzeugend. Das erwartete Endspiel am 34. Spieltag wurde keines mehr. Die 05er holten in ihrer Endrunde aus sechs Spielen elf Punkte und feierten vorzeitig den Klassenverblieb. Mit den Maßnahmen, die Sandro Schwarz in diesen 14 Tagen Länderspielpause ergriff, beschäftigen wir uns im vierten Teil unseres Saison-Rückblicks.
"Die Anhänger erwarten von uns große Schärfe, Intensität und maximale Bereitschaft", sagte Schwarz vor dieser Endrunde. Die Botschaft kam an. Die Mannschaft zeigte großen Teamgeist, Kampf, Härte, Laufbereitschaft, Willensstärke und entwickelte in der entscheidenden Phase darüber auch fußballerische Qualität, die letztlich ausschlaggebend war für die erfolgreiche Mission. Gegen Mönchengladbach reichte es zwar nur zu einem 0:0 und in Köln nur zu einem 1:1, doch die Leistung vor allem in diesem Druckspiel, in dem der spätere Absteiger mit Vehemenz seine letzte Chance suchte, stimmte. Schon in Köln hätte das Team gewinnen müssen, tat dies dann überzeugend beim 2:0-Erfolg gegen den SC Freiburg. Das 0:2 in Augsburg war nochmal ein Ausrutscher, doch beim 3:0 in der OPEL ARENA gegen Leipzig, das kaum jemand erwartet hatte, zeigte sich, was möglich ist, wenn Mannschaft und Publikum eine Einheit bilden. Die Mainzer schufen eine neue Atmosphäre, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das Grenzen sprengte. Das fand dann beim 2:1 in Dortmund, mit dem zweiten Triumph hintereinander gegen eine Spitzenmannschaft, den Höhepunkt.
Viele Dinge richtig gemacht
"Ab der Länderspielpause haben wir viele Dinge richtig gemacht. Hinten raus hatten wir die beste Phase der Saison, als die Entscheidung gesucht werden musste", sagte der 05-Trainer nachher. Was war da passiert innerhalb des Teams? "Ich glaube nicht, dass es nur damit zusammenhing, dass wir dann wieder mit Viererkette gespielt haben. Ich denke eher, dass wir einen pragmatischen Stil gewählt haben", so der 39-Jährige in der Nachbetrachtung. "Am Ende war es wichtig, unsere Prinzipien eindeutig zu verinnerlichen und eine klare Grundordnung zu haben."
Defensive Stabilität und konsequenter Umschalt-Fußball. Das waren die Stichworte in diesem Saison-Endspurt. "Uns haben vorher häufig die Ergebnisse gefehlt. Unser Problem war oft das letzte Drittel, die Tiefenläufe. Das haben wir in der Endrunde drei Klassen besser gemacht. Wenn wir die Packingdaten nehmen, liegen da Welten in Sachen überspielte Verteidiger gegenüber der Vorrunde", sagte Schwarz. Die Kehrtwende erfolgte zum richtigen Zeitpunkt mit einem klaren Weg, ohne Hektik. "Wir sind die Dinge kritisch, in aller Offenheit, aber auch mit einem Stück Gelassenheit angegangen. Wir haben die Dinge beim Namen genannt, wie wir sie gefühlt haben. Um eine Endrunde zu spielen, wir es gemacht haben, haben wir Pragmatismus gebraucht", so Schwarz. "Wir haben jeden Stein umgedreht, auch vom Personal her. Welche Grundordnung? Wo fühlen sich die Spieler am sichersten? Wo kriegst du überall Zugriff. Ganz pragmatisch. Wir haben Kettenverhalten acht gegen zehn trainiert. In Dortmund hat man das gesehen. Da haben wir mit neun Mann, vier plus fünf, tief gestanden", berichtete Schwarz.
Einfachheit als Lösung
"Du guckst du dir das Personal an. Wen hättest du gerne auf dem Platz? Wen haben wir von der Mentalität her, der die Zuschauer mitnehmen kann? So haben wir die Bausteine zusammengefügt und damit eine Verlässlichkeit aufgebaut." In den Trainingsformen habe er nichts Neues mehr veranstaltet, sagte der Trainer, der fortan eine Stammformation ins Rennen schickte. "In der Einfachheit liegt da die Lösung. Wir haben die Abläufe im 4-3-3 perfektioniert und durchgezogen."
Die zwei Frankfurt-Spiele seien die absoluten Tiefpunkte gewesen wegen der Art und Weise, wie man dort verloren habe. "Es gab aber kein grundsätzliches Mentalitätsproblem in dieser Mannschaft. Es ging darum, gewisse Widerstände zu überwinden im Spiel. Wir hatten aber immer das Gefühl in schwierigen Phasen, dass die Jungs bereit waren, daran zu arbeiten. Es gab kein Larifari in den Trainingswochen", so Schwarz. Mit vielen intensiven Einzelgesprächen hat der Coach eine Gruppendynamik entwickelt, eine Eigenverantwortung erzeugt, die Dinge selbstständig zu regeln. "Die Gemeinschaft ist zusammengewachsen. Im Nachhinein ist es wichtig, solche Erlebnisse gehabt zu haben. Ein Tiefpunkt kann ja immer auch ein Wendepunkt zu etwas Gutem sein. Das war bei uns so."
Einen haben wir noch: Im letzten Teil unserer Saisonbetrachtung geht's um die Schlüsse, die die Verantwortlichen aus dieser Runde ziehen und um den Blick nach vorne.