Profis 05.09.2022 - 13:30 Uhr
Kohr-Grätsche symbolisch für den Plan
Svensson: Leistung "ein Schritt nach vorne, was die Spielanlage mit dem Ball angeht" / Mit dem 1:0 in Gladbach Auswärts- Rekord eingestellt
Beim 0:3 vor einer Woche schenkte der 1. FSV Mainz 05 den Gästen aus Leverkusen im Prinzip den Erfolg. Die Aufarbeitung dieser Partie hat nun Früchte getragen. Die Mannschaft von Bo Svensson siegte zum Abschluss des fünften Spieltages mit 1:0 bei Borussia Mönchengladbach, rehabilitierte sich mit einer intensiven, über weite Strecken starken Leistung und fuhr im dritten Auswärtsspiel den dritten Dreier ein. Zählt man das 2:1 bei Hertha BSC im letzten Auswärtsauftritt der vergangenen Spielzeit hinzu, hat das Team nun viermal hintereinander auswärts gewonnen. Und damit nebenbei noch den Vereinsrekord aus dem Jahr 2010 eingestellt.
"Nein, ich spiele einfach gerne in der Bundesliga", antwortete der Mainzer Cheftrainer auf die Frage eines Reporters, ob er denn jetzt lieber auswärts spiele. "Kämpferisch und willig" hat Martin Schmidt die Mainzer gesehen vor über 50.000 Zuschauern im Borussia-Park. Das Team habe den Ball genommen, habe hoch gestanden und Druck gemacht. "In der ersten Halbzeit haben wir viel Mut gesehen“, sagte der 05-Sportdirektor. "Wir sind nicht hergekommen, um uns hinten reinzustellen, sondern wollten genau das Gegenteil tun. Bo hat den mutigen Ansatz gewählt, Druck auf die letzte Linie ausgeübt. Das war sehr wichtig. In der zweiten Halbzeit haben wir ein gutes Tor gemacht und das Ganze ein bisschen zu Ende verteidigt."
Harte Arbeit gegen den Ball
Was sich so einfach anhört, war harte, aufopferungsvolle Arbeit gegen den Ball, kompromisslose Vorwärtsverteidigung und permanentes, hochintensives Draufgehen schon auf die hinterste Reihe, um den spielstarken Gegner nicht in sein eigenes, aus Ballbesitz resultierendes Kombinationsspiel kommen zu lassen. In der Anfangsphase bis weit in die erste Hälfte hinein funktionierte das überragend. Die Gäste dominierten, erspielten sich Chancen und hätten in Führung gehen können. Die Borussia fand lange kein Mittel dagegen.
"Intensität, Körperlichkeit, das ist das, was uns auszeichnet. Das war wieder da und das hat man von der ersten Minute an gespürt. Wir haben ihnen die Stärken genommen. Wenn du giftig bist, im richtigen Moment auslöst, kannst du Bälle stehlen. Das haben wir gemacht und sie damit verunsichert", erklärte Karim Onisiwo. "Wir haben gewusst, wenn sie quer spielen, müssen wir draufgehen und sie unter Druck setzen. Denn wenn sie ins Mittelfeld kommen, in die Halbräume, haben sie eine irrsinnige Qualität. Wie man gesehen hat in der zweiten Halbzeit"
Überzahlphase nicht clever ausgespielt
Svensson war jedenfalls zufrieden mit der Vorstellung. "Ich fand, dass wir eine gute erste Halbzeit gespielt haben, in der wir auch die bessere Mannschaft waren, es aber leider verpasst haben, aus unserer guten Spielanlage richtig große Chancen zu erspielen", sagte der 43-Jährige. "Wir hatten aber eine gute Intensität auf dem Platz und haben die Gladbacher gut gestresst. Bei ein paar Szenen hatten wir etwas Glück, aber ich war sehr zufrieden mit der ersten Halbzeit. Auch wie wir in der zweiten Hälfte angefangen haben, war gut. Nur die ganze Überzahlphase haben wir nicht so clever gespielt, da war Gladbach komischerweise die bessere Mannschaft. Insgesamt gibt es aber viele positive Sachen, die wir aus dem Spiel mitnehmen können."
Der Däne sprach von der Mainzer DNA die abgesehen von den letzten 20 Minuten wieder da gewesen sei. "Die ersten 70 Minuten war es sehr, sehr, klar zu erkennen, was wir ausgestrahlt haben. Das Gefühl, das ich an der Seitenlinie hatte, war einfach das richtige. Wir hatten was vor, haben es umgesetzt, sind einfach positiv geblieben."
Schließlich waren es zwei Schlüsselszenen, die das Spiel für die Rheinhessen entschieden. Die erste hatte Dominik Kohr, der nach einem nicht abgeschlossenen eigenen Angriff und einem schnellen Gladbacher Konter über Marcus Thuram quasi vom Borussia-Strafraum im Vollsprint nach hinten hetzte und vor dem eigenen Tor Thurams quergelegten Ball gerade noch vor dem einschussbereiten Florian Neuhaus zur Ecke grätschte. Irgendwer hat es nachgemessen: 35,3 Stundenkilometer schnell soll Kohr gewesen sein. "Es war ein Fehler von Leitschi, Dome hat Vollgas gegeben und uns den Arsch gerettet“, bewertete Svensson die Szene. "So eine Aktion ist manchmal wichtiger als ein Tor, weil sie symbolisch ist, dafür, was wir hier vorhatten und was uns wichtig war.“
Unstrittige Rote Karte
Die zweite Schlüsselszene ereignete sich nach der Pause. Der Cheftrainer forderte von seinem Team weiterhin mutiges Vorwärtsverteidigen und Nachvornespielen. Die Gäste legten los, wie zu Beginn der Partie. Nach einem langen Ball aus der eigenen Abwehr und einer unfreiwilligen Weiterleitung von Marvin Friedrich stoppte Ko Itakura Onisiwo mit einem Klammergriff am Sololauf Richtung Sommer. Schiedsrichter Deniz Aytekin zog die Rote Karte und gab Freistoß, den Aarón sehenswert und mit perfekter Technik direkt in den oberen linken Torwinkel zum 1:0 für die Mainzer verwandelte. "Wenn sich Yann Sommer nicht zum Ball hinbewegt, dann weiß man schon, dass er sehr gut geschossen sein muss", sagte Svensson , der nicht überrascht war vom Freistoßkönnen des Spaniers. "Diese Qualität hat er, noch schöner war es, dass es ausschlaggebend für den Sieg war."
Aytekin erklärte vor den TV-Kameras, dass es kein abseits gewesen sei, weil der Ball vom Gegner gekommen war. "Ich denke, es ist unstrittig, dass es ein klares Foulspiel war, und wenn das der letzte Mann verübt, muss ich Rot zeigen“, sagte der Schiri. Was allerdings danach passierte, gefiel den 05ern nicht. Weder den Spielern noch dem Coach. "Wir sind wir etwas schläfriger geworden, haben Torchancen zugelassen. Das darf uns in dieser Situation nicht passieren", meinte Onisiwo. "Wir hatten einen guten Spielaufbau, gute Raumaufteilung, haben gute Entscheidungen getroffen, mit Qualität in der Technik. Wir haben es nur im letzten Drittel verpasst, die Torchancen mit mehr Genauigkeit besser herauszuspielen, denn wir waren sehr häufig da“, sagte Svensson. "Weil wir die Angriffe nicht sauber zu Ende gespielt haben, sind wir in die Konter gelaufen. Wenn du klare Torchancen hast, passiert das nicht. Da arbeiten wir dran“, sagte der Däne. "Es war dennoch ein deutlicher Schritt nach vorne, was die Spielanlage mit dem Ball angeht."
Svensson: Tabelle nicht aussagekräftig
Mit zehn Punkten sind die Mainzer nun Fünfter. "Ich glaube nicht, dass die Tabelle nach fünf Spieltagen besonders aussagekräftig ist“, sagte der 05-Trainer. "Wir haben zehn Punkte, haben einen wichtigen Schritt gemacht, aber wir wissen, dass wir noch einige mehr machen müssen. Wir freuen uns über die Punkte, die wir haben, weil es nicht so einfach und selbstverständlich ist, in der Bundesliga Punkte zu bekommen. Sie sind eine Basis. Für mich war aber die Art und Weise wie wir Fußball gespielt haben wichtiger, denn das sichert uns auf Dauer und längerfristig Punkte."
"Und zum Glück kommt nächste Woche ja wieder ein Auswärtsspiel", wie Martin Schmidt scherzte. Eine Partie, die die 05ER mit ihren Fans dennoch gerne zum "Heimspiel in Hoffenheim" machen wollen (Tickets ab 5 Euro im Online-Shop). Am Samstag um 15:30 Uhr ist der FSV zu Gast bei der TSG.