Profis 22.08.2023 - 14:30 Uhr
Ajorque: Hadern ist keine Alternative
Die beiden verschossenen Elfmeter in Berlin beschäftigten den Franzosen nur kurz, vielmehr schmerzte die Niederlage als Mannschaft. Im Rhein-Main-Duell wollen die 05ER nun vieles besser machen. Und Verantwortung übernehmen möchte der Torjäger auch künftig.
Müde, aber gefasst wirkt Ludovic Ajorque am Montagnachmittag, keine 24 Stunden nach der bitteren Bundesliga-Auftaktniederlage des FSV bei Union Berlin. Alles andere als einen Auftakt nach Maß hatte der französische Angreifer mit den Mainzern in der Hauptstadt hingelegt, wo ausgerechnet der Torschütze vom Dienst aus der vergangenen Rückrunde zwei Elfmeter verschossen und einmal per Kopf am Querbalken gescheitert war. Ein bitter Aufgalopp in die Saison 2023/24. Womöglich aber auch ein Warnsignal zur rechten Zeit, wie der 29-Jährige sich erhofft.
Wiedergutmachung im Rhein-Main-Duell
Nach Spielen schlafe er immer schlecht, "völlig unabhängig vom Ergebnis oder dem Spielverlauf“, berichtet Ajorque zu Wochenbeginn. Das sei Sonntagnacht nicht anders gewesen als sonst auch. Das Gedankenkarussell dreht sich, Situationen wiederholen sich vor dem inneren Auge. "Dass die Laune im Keller war, ist, denke ich normal, wenn man zum ersten Mal in seinem Leben zwei Elfmeter verschossen hat. Viel schlimmer aber war die Niederlage für uns als Mannschaft an sich.“ Hadern aber, oder sich gar noch tagelang mit seinen Fehlschüssen beschäftigen, hält er für die schlechtere von zwei Alternativen, die es aus seiner Sicht gibt: "Das ist eine Erfahrung, die zum Fußball dazugehört. Man muss damit umgehen können. Ich könnte das die ganze Woche mit mir rumschleppen, oder das Negativerlebnis abhaken, um mich auf das nächste Spiel vorzubereiten, in dem ich meine Leistung bringen möchte. Ich bevorzuge ganz klar den zweiten Ansatz und schaue positiv nach vorne“, so der Neuzugang aus dem Januar 2023. "Die Saison hat jetzt angefangen, und das Positive ist, dass wir jedes Wochenende die Möglichkeit haben, in einem neuen Spiel vieles besser zu machen und erfolgreich zu sein“, so der Franzose, der das Rhein-Main-Duell mit Eintracht Frankfurt am Sonntagnachmittag (15.30 Uhr, live auf DAZN & 05ER.fm) in der MEWA ARENA längst im Hinterkopf hat.
"Ich könnte das die ganze Woche mit mir rumschleppen, oder das Negativerlebnis abhaken, um mich auf das nächste Spiel vorzubereiten"
Dennoch stand die Aufarbeitung der Partie in der Alten Försterei am Tag nach der Rückkehr aus der Hauptstadt naturgemäß im Mittelpunkt. Zu verheerend war die Anfangsphase inklusive des 0:2-Rückstands nach weniger als zehn Minuten gewesen. "Es ist immer schwierig, nach einer Minute zurückzuliegen. Das war ein kleiner Schock. Dazu kam schnell der zweite Treffer, so dass wir dem Resultat hinterhergelaufen sind. Wir wissen, woran es gelegen hat“, so Ajorque, das habe nicht zuletzt das Auftreten nach dem Seitenwechsel unterstrichen: "Da waren wir aggressiver, sind besser angelaufen, haben besser gepresst und mehr Zweikämpfe gewonnen. Ärgerlich, dass wir das nicht von Beginn an auf den Platz bringen konnten. Vielleicht ist es besser, ein solches Erlebnis gleich zu Saisonbeginn zu haben, um daran erinnert zu werden, worauf es ankommt, um in der Bundesliga Spiele zu gewinnen.“
Sechs Treffer, wie hier im April gegen Werder Bremen, erzielte Ajorque bereits im 05-Trikot. Viele weitere sollen folgen.
Französische Derby-Weisheit
Es ist ein Anspruch, den die 05ER im Idealfall bereits am kommenden Wochenende im Duell mit dem Nachbarn vom Main untermauern und im ersten Heimspiel nach mehr als drei Monaten überzeugen möchten. Ajorque kommt mit Blick auf die Herausforderung ein französischer Ausspruch in den Sinn: "In Frankreich sagt man: 'Derbys spielt man nicht, Derbys gewinnt man.‘ Es ist klar, was auf uns zukommt. Im Mai haben wir in Frankfurt 0:3 verloren, und uns ist klar, was wir anders machen müssen, um uns zu revanchieren. Alles, was uns gegen Union in der ersten Halbzeit gefehlt hat, werden wir am Sonntag über 90 Minuten, von der ersten Sekunde an, brauchen."
Eine wichtige Rolle und weiterhin Verantwortung möchte auch der Angreifer dann wieder übernehmen, der nach seinen Fehlschüssen von Berlin ausnahmslos Zuspruch erhalten hat, wie er erzählt: "Wir verlieren immer als Mannschaft, es war wichtig, das in Berlin in der Kabine gemeinsam abzuhaken. Ich habe mich selbst am meisten geärgert und das auch der Mannschaft gesagt. Niemand macht mir einen Vorwurf. Wir halten zusammen, dafür steht Mainz 05, so habe ich es in den ersten Monaten bereits kennenlernen dürfen“, lobt Ajorque das intakte Gebilde rund um den FSV. Fußball könne eben mitunter ein "verrücktes Spiel“ sein, blickt er noch einmal zurück. Er habe in Berlin keinerlei Zweifel gehabt auf dem Weg zum Punkt. "Ich hatte keine Angst und werde auch künftig keine haben. Wenn die Entscheidung bei mir liegt, dann nehme ich mir den Ball auch beim nächsten Mal wieder. Verantwortung zu übernehmen, entspricht meinem Charakter. Natürlich haben wir aber auch andere Spieler mit der Qualität, Elfmeter zu verwandeln. Wer auch immer das nächste Mal antritt, kann sich der Unterstützung der Mannschaft sicher sein.“
"Wir halten zusammen, dafür steht Mainz 05, so habe ich es in den ersten Monaten bereits kennenlernen dürfen"
Bundesliga
27.08.2023 - 15:30 Uhr
Und sicher sein können sich auch alle 05-Fans, dass der Franzose auf die erste komplette Saison als 05ER sowie seinen siebten Bundesliga-Treffer brennt. Die Voraussetzungen seien in der Vorbereitung geschaffen worden, wenngleich er sein Potential noch nicht gänzlich ausgeschöpft sieht: "Ich bin in der Winterpause gekommen und habe eine intensive Rückrunde erleben dürfen. Ich denke, dass dieses halbe Jahr plus die Sommervorbereitung mich enorm weitergebracht haben, physisch wie auch taktisch. Ich sehe mich auf einem anderen Level, aber immer noch mit Luft nach oben“, ist Ajorque überzeugt, mit Mainz 05 künftig noch reichlich Fußballfeste zu feiern.