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Fans 16.09.2020 - 12:30 Uhr

Ist der Fußball immer politisch?

Lesung mit Ronny Blaschke und Nadim Rai im Fanhaus

"Der Fußball war immer politisch." Diese These ist nicht nur die Ausgangsthese des Buches "Machtspieler: Fußball in Propaganda, Krieg und Revolution" von Ronny Blaschke, mit dieser Aussage begann der Journalist auch seine Lesung im Fanhaus am Montagabend.

Über 30 Zuhörer waren der Einladung der Fanabteilung gefolgt und erlebten einen abwechslungsreichen und informativen Abend. Der 39-jährige Journalist saß dabei nicht alleine auf der Bühne, sondern hatte sich Verstärkung mitgebracht. Nadim Rai, 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen, berichtete über die Rolle, die der Fußball in seinem Heimatland spielt, und wie sich dieser durch den Bürgerkrieg verändert hat.

Die Zuhörer nutzten die Gelegenheit und wollten beispielsweise wissen, wie sich die Ultrakultur in Deutschland und Syrien unterscheidet, oder welche Texte beispielsweise syrische Fangesänge haben. Doch auch die Rolle der syrischen Nationalmannschaft war Thema. Kann sich Rai als jemand, der aus seinem Heimatland flüchten musste, über die Erfolge der Nationalmannschaft freuen? "Ich denke, irgendwo sind wir doch auch alle nur Fußballfans, die unsere Nationalmannschaft mal bei einer WM spielen sehen wollen", sagte er dazu.

Drei Jahre, vier Kontinente 150 Interviews

Blaschke war für sein inzwischen fünftes Buch drei Jahre in der Welt unterwegs, auf vier Kontinenten hat er über 150 Interviews geführt. In seinen Erzählungen wird deutlich, wie unterschiedlich die politischen und gesellschaftlichen Situationen sein können, in denen der Fußball eine Rolle spielt.

Da ist zum Beispiel Katalonien, wo Ultras des FC Barcelona Wahllokale für das von der Zentralregierung verbotene Unabhängigkeitsreferendum einrichteten. Oder die Ukraine, in der Ultras verschiedener Vereine gemeinsam 2013 an den Protesten gegen Viktor Janukowitsch teilnahmen und teilweise auch in den Bürgerkrieg zogen.

Doch nicht nur die Perspektive der Anhänger wird beleuchtet. In Katar wird Fußball seit Jahren als politisches Instrument verstanden, Investments in europäische Spitzenklubs wie Paris St. Germain oder auch die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2022 werden genutzt, um politische Beziehungen zu knüpfen oder zu vertiefen.

"Mein Ziel ist es, die großen gesellschaftlichen und politischen Themen unserer Zeit durch die Brille des Fußballs zu betrachten", sagte Blaschke über die Motivation zur Arbeit an seinem Buch. "Mir ist es wichtig zu zeigen, dass der Fußball sowohl positiv als auch negativ als politisches und gesellschaftliches Mittel genutzt werden kann, von ganz unterschiedlichen Akteuren: Fans, Vereinen, Machthabern."

Das Buch "Machtspieler: Fußball in Propaganda, Krieg und Revolution" erscheint im Werkstatt-Verlag.