Profis 10.01.2020 - 18:00 Uhr
Mit Sternekoch in Estepona
Philipp Stein begleitet die 05ER nicht zum ersten Mal auf Auslandsreisen
Trainieren, regenerieren und natürlich essen: Auf die richtige Ernährung kommt es, neben den intensiven Einheiten und ausgiebigen Ruhepausen, an im Trainingslager eines Fußball-Bundesligisten. Um ganz sicher zu gehen hat der FSV in diesem Jahr seinen eigenen Koch mitgebracht nach Estepona, der Profis, Trainerteam und Staff seit Sonntag bestens versorgt. Der Name dürfte vielen Mainzern bekannt sein, war Philipp Stein (29) doch einst im Jahr 2014 in seiner Funktion als Koch des Favorite Restaurants als jüngster Sternekoch Deutschlands ausgezeichnet worden.
Anfang 2019 hat er das Restaurant seiner Eltern, Stein’s Traube in Mainz Finthen, übernommen und möchte künftig bewusst auf einen Stern verzichten. Die Entscheidung, in der Küche im Teamhotel auf ein vertrautes Gesicht zu setzen, haben die 05ER laut Teammanager Darius Salbert im Rahmen der Weiterentwicklung des Wintertrainingslagers getroffen. Eine Verbesserung auf Basis der optimalen Bedingungen vor Ort in enger Abstimmung mit dem Hotelmanagement an der Costa del Sol. Im Interview spricht Stein über seinen Tagesablauf, die ersten Berührungspunkte mit seinen 05ERN sowie seine persönliche Vorbereitung auf eine intensive Woche.
Wie kam es zum Kontakt zu Mainz 05?
Ich habe lange im Teamhotel Favorite gearbeitet, wo die Mannschaft vor Heimspielen übernachtet. Da gab es immer mal wieder Berührungspunkte, das Bankett-Team hat für die Mannschaft gekocht und an mich wurden irgendwann immer wieder Anfragen von Seiten des Teams oder eines Trainers für besondere Anlässe gerichtet. Der Kontakt war insofern lose vorhanden, bis, sehr spontan, die Anfrage kam, ob ich mir vorstellen könne, das Team zum Europa-League-Spiel nach Baku zu begleiten. Aufgrund der Erfahrungen anderer Bundesligisten wollte man sich hier absichern und einen eigenen Koch vor Ort haben. Ich bin gerne mitgefahren und durfte eine super Erfahrung machen, auch wenn ich nur wenige Tage hatte für die Vorbereitung. Der Verein und die Spieler scheinen zufrieden gewesen zu sein. Insofern ist das etwas Besonderes für mich, weil ich von kleinauf Fan des Vereins bin.
Das heißt, du bist auch regelmäßig im Stadion dabei?
Das lässt die Zeit eigentlich fast nie zu, weil ich mich um mein eigenes Restaurant kümmern muss. Ich verfolge die Spiele mittlerweile eher im Fernsehen. Zu Bruchweg-Zeiten in meiner Jugend war ich regelmäßig vor Ort.
Wann kam die Anfrage bezüglich des Wintertrainingslagers hier in Estepona?
Vor ungefähr zwei oder drei Monaten. So hatte ich diesmal deutlich mehr Zeit, das strukturiert anzugehen. Aufgrund meiner Arbeit hier haben wir unser Restaurant zuhause auch für eine Woche geschlossen.
Der Blick hinter die Kulissen
Wie hast du dich vorbereitet?
Ich habe beispielsweise fünf Kanister mit Soßen dabei, um die Vorbereitung der Mahlzeiten vor Ort etwas zu erleichtern. So kann man spontan hancdeln. Natürlich habe ich mich im Vorfeld auch mit dem Hotel ausgetauscht und mir die Speisepläne schicken lassen. Ein Vorteil ist sicherlich, dass ich als Koch bereits Auslandserfahrung habe sammeln können und weiß, was läuft und auch, was eben nicht selbstverständlich ist in anderen Ländern. Man muss hier und da darum kämpfen, dass meine Vorgaben beziehungsweise die der sportlichen Abteilung eins zu eins umgesetzt werden. Es ist einfach eine andere Herangehensweise und Einstellung zur Arbeit. Dennoch läuft das reibungslos, das gesamte Team in der Küche ist total nett. Eine gute Grundvoraussetzung.
Welche Vorgaben hast du vorab bekommen?
Im Grunde habe ich da weitestgehend freie Hand. Wichtig sind aber zum Beispiel Avocados bei jeder Mahlzeit oder Säfte mit hohem Fruchtsaftgehalt. Schweinefleisch ist tabu oder auch Sahnegerichte. Vor Spielen ist die Auswahl am Büffet eine andere, da gehören mehr Kohlenhydrate auf den Tisch, Rohkost eher nicht. Abgesehen davon kann ich improvisieren und mich auch immer wieder ausprobieren. Das finde ich wichtig, denn das Essen soll letztendlich nicht nur gesund sein, sondern natürlich immer auch schmecken. Wenn ich unsicher bin, sichere ich mich auch mal ab. Das funktioniert wunderbar.
Hast du den Speiseplan zuhause bereits erstellt?
Nein, das wäre auch gar nicht möglich, weil man sich nicht immer auf Lieferzeitpunkte verlassen kann. Ich mache eigentlich jeden Morgen einen Rundgang in der Küche, schaue in Kühl- und Gefrierschränke und plane dann den Tag durch, je nachdem, welche Zutaten mir zur Verfügung stehen.
Wie sieht ein Tag hier in Estepona bei dir aus?
Es gibt um 8 Uhr Frühstück. Das heißt, ich stehe gegen 6 Uhr oder 6.30 Uhr auf und bin ab spätestens 7 Uhr in der Küche. Dann muss es natürlich flott gehen. Wir machen Pfannkuchen, verarbeiten pro Frühstück rund 200 Eier, das ist zeitaufwendig. Im Anschluss lege ich mich kurz hin und schalte einen Moment ab. Bis zum Mittagessen bleibt dennoch nicht viel Zeit. Nach der ersten Einheit des Tages bekommen die Spieler erstmal Smoothies, die ich zubereite. Dann kommt um 12 Uhr oder 12.30 Uhr schon die nächste Mahlzeit, die Vorbereitung des Büffets dauert rund zwei Stunden. Anschließend nehme ich mir wieder eine kurze Ruhepause und Richtung Abend ist das Prozedere das Gleiche. Nach dem Abendessen bereite ich den nächsten Tag vor und bin gegen 22 Uhr fertig. Insofern ist es auch für mich eine intensive Woche. Auch, weil ich nebenbei bereits Speisepläne für mein Restaurant in der Heimat erstelle und mit unseren Mitarbeitern in Kontakt stehe, Bestellungen aufgeben muss.
Wie empfindest du die Atmosphäre rund um das Trainingslager?
Alle sind sehr offen und freundlich. Es ist natürlich hilfreich, dass ich viele Gesichter schon kenne. Feedback ist bislang zwar ausgeblieben, aber ich denke, das kann ich positiv bewerten (lacht). Nach fast einer Woche kann ich auch sagen, dass alles viel lockerer zugeht als zuvor erwartet habe. Es gibt klare Regeln, aber alle sind locker und gut gelaunt.
Am Wochenende geht es zurück nach Mainz, wo du seit fast genau einem Jahr im zuvor von deinen Eltern geleiteten "Stein's Traube" Küchenchef bist. Was erwartet deine Gäste dort?
Wir haben ein gemischtes Konzept, mit traditioneller Küche, die auch eine gute Qualität bietet. Zudem haben wir regelmäßig Innovationsmenüs. Von gutbürgerlich über High-Class bis hin zu klassischen À-la-Carte-Angeboten ist alles dabei.
In der Favorite hattest du dir als jüngster Koch Deutschlands den begehrten Status als Sternekoch erarbeitet. Strebst du dies in Stein's Traube ebenfalls an?
Nein, es war immer klar, dass ich in Mainz bleiben und irgendwann das Restaurant meiner Eltern übernehmen würde. Wir möchten keine Schwelle haben in Sachen Preispolitik und für Jedermann- und frau das passende Gericht bieten können.