Verein 17.06.2022 - 15:30 Uhr
Petz: "Und der Titel, der bleibt"
1982 fuhr der FSV seinen bis dato einzigen nationalen Titel ein: Moppes Petz, der damalige Torhüter aus dem eigenen Nachwuchs, erinnert sich.
Der 17. Juni ist und bleibt für den 1. FSV Mainz 05 für immer ein besonderes Datum. Heute jährt sich zum 40. Mal jener Tag, an dem die erste Mannschaft des Vereins, dem FSV den ersten nationalen Titelgewinn sicherte. Am 17. Juni 1982 feierten die 05ER vor 7000 Zuschauern im Bruchwegstadion den Gewinn der Deutschen Amateur-Meisterschaft durch einen sicheren und beeindruckenden 3:0-Erfolg im Finale gegen die Amateure des SV Werder Bremen. Es ist bis heute der einzige nationale Meistertitel im Seniorenbereich für den Verein.
Deutscher Amateur-Meister wurden die Mainzer im zweiten Anlauf. Ein Jahr zuvor waren sie in der Endrunde am FC St. Pauli gescheitert. Jedes Mal mit dabei und beim Titelgewinn als Torhüter hinter einer starken Abwehr mit großem Anteil am Erfolg: der aus dem eigenen Nachwuchs empor gekommene Manfred Petz, in Mainz geboren und insgesamt 20 Jahre lang am Bruchweg aktiv. Petz, den in der Region alle nur Moppes nennen, hat in der damaligen Oberliga Südwest und später in der Zweiten Bundesliga rund 200 Spiele als 05-Torhüter absolviert.
Meisterschaft als Beginn einer Ära
"Für mich und für alle jungen Spieler war es natürlich etwas ganz Besonderes", erinnert sich Petz im Gespräch. "Auch für die Stadt, die das Ganze freudig aufgenommen hat. Es war der erste Titel für Mainz 05 überhaupt und hat irgendwie bewirkt, dass in Sachen Fußball wieder etwas mehr Leben reinkam, dass es auch in der Region wieder etwas euphorischer geworden ist um Mainz 05. Klar, du hast dir für diesen Titel nichts kaufen können, aber er hat wieder das Interesse an 05 geweckt. Der erste Titel auf dem Vereinswimpel. Es war der Beginn von Kontinuität. Von den Spielern heute weiß das keiner mehr", sagt Petz, der aktuell als Torwart-Trainer bei Eintracht Braunschweig arbeitet und mit dem Verein eben erst den Wiederaufstieg in die Zweite Liga geschafft hat. Kontinuität insofern, als dass dieser Titelgewinn trotz aller Turbulenzen dieser Jahre (mit dem Finanz Crash, ausgelöst durch den mysteriösen Tod des Vorsitzenden Jürgen Jughard, der so genannten "Jughard-Affäre") schon so etwas wie der Ausgangspunkt einer Ära war, die später in den 80er Jahren damit begann, dass der Klub unter Trainer Horst-Dieter Strich eine Mannschaft zusammenstellte, die zweimal in die Zweite Liga aufstieg, und schließlich dort blieb bis zu ihrem ersten Bundesliga-Aufstieg unter Jürgen Klopp im Jahr 2004.
Der Wettbewerb um die Deutsche Amateur-Meisterschaft war einst 1950 vom DFB eingeführt und 1998 eingestellt worden. Die Rekordsieger sind der SC Jülich, sowie Hannover 96 (A) und Werder Bremen (A) mit jeweils drei Titeln.
Der Regionalverband Südwest hatte zur Saison 1978/79 die Amateur-Oberliga Südwest (komplettes Rheinland-Pfalz plus Saarland) eingeführt. 1980 stieg Jughard, Generalbevollmächtigter des seinerzeit größten Leasingunternehmens Europas als neuer Macher und Geldgeber bei den Rheinhessen ein. Seine Bedingungen: das Präsidentenamt, und keiner stellt Fragen.
Auf Anhieb Stammtorhüter
Im ersten Jahr gab es noch keine großen Transfers, Jughard brachte aus Harxheim den ehemaligen 05-Südwestmeister Jürgen Janz mit, von TuS Neuendorf kam deren Topspieler Ludwig Scherhag, aus Schornsheim das überdurchschnittliche Libero-Talent Jürgen Menger. Weil die Zweite Liga auf eine Staffel reduziert wurde, stiegen die Mainzer als Meister nicht auf und scheiterten bei der Amateur-DM. Im Tor stand der 19-jährige Nachwuchsspieler Moppes Petz, der sofort Stammtorhüter geworden war. Dazu kam auch das große Stürmertalent Karl-Helmut (Charly) Mähn aus dem eigenen Nachwuchs, der auf Anhieb Maßstäbe setzte in der ersten Mannschaft.
"Als ich 1980 dazu kam", erinnert sich Petz, "wurde Franz Schwarzwälder geholt, als DER Torhüter überhaupt im Südwesten. Peter Hilbich hatte einen Motorradunfall und riss sich den Meniskus ab. Schwarzwälder hat sich im letzten Vorbereitungsspiel den Daumen gebrochen und auf einmal war nur noch die 'klaa Brotworscht' Moppes Petz da", sagt er. Herbert Dörenberg hat mir im ersten Trainingslager gefühlt 500 Flanken vors Tor geschlagen, um zu sehen, ob ich die fange, weil ich ja so klein war. So wurde ich die Nummer eins, weil der Trainer dachte: 'Das geht schon.' Und ich konnte ja auch etwas kicken. Am Ende war es so, dass die Alten im Team mich akzeptiert haben, obwohl ich nicht der Längste war. Und so habe ich gespielt. Jahrelang."
Die Mainzer kauften aber dann kräftig ein. Aus Pirmasens kamen die Offensivtechniker Karl-Heinz Halter und Helmut Wagner, aus Eisbachtal Oberliga-Torschützenkönig Erich Klasen. Zurück von Kastel 06 kam die Tormaschine Bimbo Bopp, von 1860 München die 05-Legende und ehemaliger Bundesligaspieler Herbert Scheller.
Die 05ER bildeten die überragende Abwehr der Oberliga mit Scheller, Menger, Janz, Michael Wocker, Hans Keller, Moppes Petz im Tor und kassierten nur 37 Gegentore in 40 Spielen. Mit Bopp (20 Tore), Scherhag (15), Wagner (10), Charly Mähn (10), Halter (5), Klasen (5) stellten sie eine Offensive, die nur der Südwestmeister FC Homburg übertraf.
"Ausnahmestürmer" Charly Mähn
"Wir hatten schon Qualität in der Mannschaft, sagt Petz rückblickend, "und wir waren durch das erste Jahr auch eine gewachsene Einheit mit einer guten Mischung aus starken jungen sowie erfahrenen Leuten. "In der heutigen Zeit wäre ein Charly Mähn ganz sicher ein Bundesligaspieler gewesen. Man sagt ja, entweder ist einer ausdauernd, oder er ist ein Sprinter. Charly hatte beides und war extrem torgefährlich. Das war schon ein Ausnahmestürmer."
Der Weg ins Finale verlief schließlich wie folgt: In der ersten Runde wurde Viktoria Köln zweimal mit 4:1 bewzungen. Im Halbfinale gegen Hertha Zehlendorf lieferten die Mainzer zwei hochklassige Spiele ab, gewannen auswärts durch ein Mähn-Solo 1:0. In Mainz gab es dann ein 3:2 nach 3:0-Führung durch Wocker, Klasen und Scherhag. Mähn (2) und Scherhag machten dann mit ihren Treffern zum 3:0 im Finale gegen Werder den Titel klar. „Erneut ein Riesenkompliment an die Mannschaft, die in den letzten Wochen Unglaubliches geleistet hat", erklärte Meister-TrainerHerbert Dörenberg nachher. „Das ist einfach nur ein herrliches Gefühl", sagte Doppel-Torschütze Mähn und 05-Kapitän Herbert Scheller schwärmte: „Das ist bislang der schönste Erfolg in meiner Laufbahn."
Exklusives Menü in der Favorite
"Wir haben uns ins goldene Buch der Stadt eintragen dürfen", erinnert sich Petz gerne. Ebenso an die Feier in der Favorite. Ein Blick auf die Menü-Karte von damals zeugt von einer gewissen Exklusivität:
Salm-Medaillons 05, Salat Waldorf, Kräutercreme-Cocktailbrötchen - Fasanenessenz mit kleinen Bällchen - Fleischauswahl nach Meister-Art: Rinderlende, Schweinelende, Rehkeule mit Pommes Gratin, Pommes Berni und hausgemachte Spätzle - Orangensurprise "Freudenzauber" - 1981er Rauenthaler Steinmächer Riesling, 1979er Geisenheimer Schlossgarten Kabinett, 1976er Chateau Lafon Haute-Medoc
Bei den Weinen könne er nicht mitreden, sagt Petz, der keinen Alkohol trinkt. „Ich habe meine Cola, Saft und Malzbier abgezogen. Die Jungs haben den Rest getrunken. Die Mannschaft war auch später noch lange unterwegs in der Altstadt.
In Braunschweig sei kürzlich nach dem geglückten Wiederaufstieg logischerweise allerdings mehr Trubel gewesen. "Wir haben mit allen Mitarbeitern und den Familien gefeiert, quasi aus dem nichts. Das war superschön und kam von Herzen. So war es damals in Mainz auch. Und der Titel, der bleibt. Man redet 40 Jahre später noch davon. Das bleibt immer an dir heften. Das war etwas wert, das muss man schon sagen."
Und für die Spieler gab es damals sowieso eine besondere Belohnung.
"Wir haben eine Reise geschenkt bekommen, die der DFB und das Auswärtige Amt bezahlt haben. Wir sind dann im Ausland als deutsche Mannschaft aufgetreten, die ihr Land vertritt, mit Nationalhymne und so weiter. Das war ein großes Erlebnis. Ich hatte das Glück, dass ich auch noch mit der Südwest-Auswahl Länderpokalsieger geworden bin. Und dafür gab es wieder so eine Reise. Also habe ich innerhalb von einem halben Jahr zweimal Asien und ungefähr zehn Länder besucht. Das war der Wahnsinn, was mir der Fußball da gegeben hat. Ich habe es als große Belohnung empfunden. Wenn du aus normalen Verhältnissen kommst und bist auf einmal in Südkorea, Honkong, in Manila, Indien, Burma oder Pakistan und spielst da quasi als Botschafter Deutschlands. Das sind alles Sachen, die du als Normal-Sterblicher nicht erlebst. Das war schön."
Heute hat Petz noch viel zu tun mit Mähn oder Menger, mit Michael Wocker. "Einige hat man im Laufe der Jahre etwas aus den Augen verloren", sagt das 05-Urgestein, das jeder kennt. "Mainz 05 ist der Verein, für den ich 20 Jahre lang aktiv war und der mir als Spieler alles gegeben hat", erklärt Petz. "Deswegen gucke ich immer auf Mainz 05. Und das wird auch immer so bleiben. Was in Mainz alles passiert ist, das ist großer Sport. Es war immer eine interessante Zeit, Eine Zeit, in der immer was los war und die ganz sicher auch etwas hatte."
Bei SWR Sport findet ihr übrigens ein Video zum Finale von 1982 mit allen Toren.