Profis 10.01.2019 - 14:00 Uhr
Müller & Zentner im Interview: "Kuhni war immer der Maßstab"
Beide Torhüter haben sich nach stabilen Leistungen in der Vorrunde in Position gebracht im Kampf um den Platz im Tor
Im Fokus stehen im 05-Trainingslager im spanischen Estepona, wo der FSV seit Sonntag die Grundlagen legt für einen erfolgreichen Start in die am 19. Januar mit dem Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart beginnende Rückrunde, natürlich auch die beiden Torhüter Flo Müller und Robin Zentner. Nachdem Müller im Sommer als Nummer eins in die Saison gegangen war, übernahm Zentner den Job zwischen den Pfosten nach einer Verletzung des Kollegen ab dem neunten Spieltag. Nun sind beide wieder fit und brennen auf weitere Einsätze. Im Interview sprechen sie über gestiegene Ansprüche, Torwarttrainer Stephan Kuhnert und verraten, warum sie sich in der Pole-Position sehen.
Flo, bist du wieder komplett beschwerdefrei?
Müller: Ja, alles ist verheilt, ich habe keine Probleme und bin voll dabei. Es tut gut, wieder auf dem Platz zu stehen.
Wie hast du die Leistungen von Robin gesehen, nachdem du dich verletzt hast?
Müller: Robin hat es sehr gut gemacht, wir haben viele Punkte geholt. Er hat seinen Teil dazu beigetragen.
Robin, dein Eindruck von Flo in den Spielen davor?
Zentner: Das kann ich nur zurückgeben. Ich glaube, wir haben im Schnitt ähnlich viele Punkte geholt. Wir sind gut in die Saison gekommen, hatten dann einen kleinen Durchhänger. Das lag aber sicher nicht an Flo.
Du bist als Nummer zwei in die Saison gegangen. Wie gelingt es trotz der Enttäuschung, auf Top-Niveau weiter zu trainieren und allzeit bereit zu sein für den einen Moment?
Zentner: Ich denke, man muss hier auch Jannik mit einbeziehen. Wir alle mussten die Entscheidung akzeptieren und haben danach nicht das Training eingestellt. Wir haben uns einen fairen, harten Dreikampf geliefert, uns gegenseitig gepusht. Da muss man professionell mit umgehen, seinen Job zu 100 Prozent machen. Das gehört dazu, mal ist man vorne, mal hintendran.
Gute Laune trotz Konkurrenzkampf: Zentner (li.) & Müller im Wintertrainingslager der 05er
Ihr habt euch beide bereits den Traum von der Bundesliga erfüllen können. Wie hat sich euer Anspruch verändert in den letzten Monaten/Jahren?
Müller: Wenn man aus der Jugend kommt, ist man natürlich erstmal zurückhaltender. Man möchte aber generell immer spielen, dafür sind wir Torhüter da. Aber gerade nachdem ich ein paar Spiele am Stück gemacht hatte, kam der Anspruch automatisch, immer spielen zu wollen. Ich bin hier aus der Jugend gekommen und musste mich erst einmal beweisen, habe auf meine Chance gewartet und sie dann aus meiner Sicht auch genutzt.
Zentner: Jeder möchte sich entwickeln und da gehört dazu, regelmäßig Spiele zu machen, Erfahrung zu sammeln. Wie Flo es bereits gesagt hat: Sobald man einmal drin war, verschieben sich auch die Ansprüche. Man ist fester Bestandteil des Kaders und das Ziel lautet dann einfach, im Tor zu stehen.
21 Punkte haben wir in der Hinrunde einfahren können. Wie zufrieden wart ihr und mit welchen Erwartungen geht ihr in die Rückrunde?
Müller: Das Ziel sollte sicher lauten, die Leistungen zu bestätigen, uns weiterzuentwickeln und mindestens so viele Punkte wie in der Hinrunde zu holen. Die Ausbeute war in Ordnung, wir haben uns in einigen Spielen aber auch nicht belohnen können, da wäre auch etwas mehr drin gewesen. Wir haben aber bewiesen, dass wir uns vor keinem Gegner verstecken müssen, mit jedem mithalten können.
Zentner: Ich sehe es ähnlich, wobei ich denke, dass die Punktzahl unter dem Strich schon in Ordnung geht. Es gab Spiele, in denen wir das Quäntchen Glück hatten und Spiele, in denen wir uns, wie Flo bereits sagte, nicht belohnt haben, das passt also aus meiner Sicht. Wir dürfen nun aber auch nicht die rosarote Brille aufsetzen und denken, das ist ein Selbstläufer, denn die Rückrunde wird deutlich schwerer. Wir dürfen in keiner Phase zufrieden, sondern müssen immer gierig auf die nächsten Punkte sein. Es gibt genug Ansatzpunkte, an denen wir arbeiten können.
Rückblickend betrachtet, wo seht ihr die größten Unterschiede im Vergleich zur Vorsaison? Nicht zuletzt in Hoffenheim hat sich zuletzt ja auch gezeigt, wie die Fans eure Leistungen honorieren.
Zentner: Gerade in Hoffenheim war die Stimmung richtig geil. Toll, dass so viele dabei waren und uns unterstützt haben. Die Situation ist mit der vergangenen Saison gar nicht zu vergleichen. Wir waren eigentlich nie in der Lage, uns so richtig zu freuen. Wir haben Siege eingefahren, die wir holen mussten und haben so nur selten in Ruhe arbeiten können. Viel Qualität hatten wir zwar auch in der letzten Saison, aber man sieht, dass alle sich weiterentwickelt, noch mehr zueinander gefunden haben. Hinzu kommt, dass Sandro jetzt ein Jahr länger dabei ist und wir noch genauer wissen, was er von uns erwartet und sehen will. Da sieht man einen großen Unterschied, Ausreißer nach unten sind viel seltener geworden.
Müller: Die Ausgangssituation ist eine ganz andere als im letzten Jahr. Wie Robin sagte: Letzte Saison war irgendwann jede Partie ein K.o.-Spiel. Wir haben uns früh einen Abstand nach unten erabeitet, können häufiger durchatmen, ohne dabei nachlässig zu werden. Wir hatten auch letztes Jahr einen guten Kader, haben diese Qualität aber zu selten abrufen können.
Welche Rolle spielt Torwarttrainer Stephan Kuhnert bei eurer Entwicklung? Was macht ihn besonders?
Zentner: Ich trainiere seit fast zehn Jahren mit Kuhni. Er hat mich am meisten geprägt, keine Frage. Er war immer der Maßstab, weil er die Profis trainert hat. Ich habe davon geträumt, irgendwann dazu zu gehören. Er hat zu uns allen ein super Verhältnis und immer ein offenes Ohr. Wir können uns definitiv glücklich schätzen, unter ihm zu arbeiten. Das Training findet täglich auf hohem Niveau statt, gleichzeitig entwickelt und bildet auch er sich permanent weiter. Ich glaube, wenige Menschen gucken mehr Fußball als er. Er hinterfragt jedes Tor kritisch, da gibt es fast keins, bei dem er sagt, der Torwart war chancenlos. Diesen Anspruch, Tore verhindern zu wollen, gibt er an uns weiter, möchte einfach, dass wir nie zufrieden sind. Einstellung und Qualität sind bei ihm entscheidend. Zudem hat Kuhni hat auch selbst einen guten Fuß, was das Training natürlich zusätzlich bereichert.
Müller: Ich bin seit ca. drei, vier Jahren bei ihm. Er hat mir den Übergang aus dem Jugend- in den Profibereich schon sehr erleichtert. Er ist seit so vielen Jahren dabei und hat wahnsinnig viel Erfahrung, weiß immer worauf es ankommt. Das bringt er wunderbar rüber und findet immer die richtigen Worte. Zudem geht sein Wissen weit über das Torwartspiel hinaus, er schaut sich die gegnerischen Feldspieler an, bereitet uns auf jedes Spiel perfekt vor, in allen Details.
Loris Karius hat mittlerweile ein Champions-League-Finale absolviert. Wovon träumt ihr?
Zentner: Vom Champions-League-Sieg. (lacht) Aber im Ernst: Am Wichtigsten ist es, im Hier und Jetzt zu leben und hart an sich zu arbeiten.
Müller: Jeder möchte das Maximum erreichen. Träumen darf man natürlich, ob nun von der Champions League oder generell von Titelgewinnen. Was davon in Erfüllung geht, muss man abwarten, sich aber vor allem auf die Gegenwart konzentrieren.
Gibt es Dinge bei euren Torhüter-Kollegen, in denen ihr euch selbst verbessern wollt bzw. könnt?
Zentner: Lernen kann man von jedem, ob es nun Flo, Jannik, Finn oder auch René sind. Das kann Ruhe am Ball, Fangtechnik oder Stellungsspiel betreffen.
Müller: Bei uns in der Gruppe sind aus meiner Sicht alle Torhüter ziemlich komplett. Es gibt aber natürlich Situationen im Training, die man wahrnimmt und nochmal genauer drauf schaut. Wenn jemand 20 Eins-gegen-eins-Duelle für sich entscheidet oder jede Flanke abfängt, dann gibt es meistens auch Gründe dafür.
Eine letzte Frage: Warum hast du am Ende die Nase vorn?
Müller: Wir geben beide alles und müssen zum Glück nicht entscheiden. Dazu gehören aber nicht nur wir beide, sondern alle Torhüter im Kader. Klar möchte jeder spielen, und für den Trainer ist das sicher keine leichte Entscheidung. Wir können nur unser Bestes geben und müssen dann die Entscheidung abwarten. Ich denke aber der Trainer hatte seine Gründe, dass er sich im Sommer für mich entschieden hat. Ich kann nur versuchen, ihn jetzt wieder zu überzeugen und bin zuversichtlich.
Zentner: Wir haben zum Ende der Hinrunde als Team gute Leistungen gezeigt, zu denen ich meinen Teil beitragen konnte. Insofern sehe ich keinen Grund zu wechseln. Aber wer weiß, vielleicht hat ja auch keiner von uns beiden recht…