Profis 16.02.2021 - 15:30 Uhr
Extra-Schichten im Kampf um Stammplatz & Quote
Als "mein emotionalstes Spiel, seit ich hier bin", bezeichnet Phillipp Mwene das Remis in Leverkusen und zeigt sich stolz, fürs Erste dauerhaft mittendrin statt nur dabei sein zu dürfen
Bewegte Zeiten hat Phillipp Mwene seit seinem Wechsel an den Bruchweg im Sommer 2018 erlebt. Den ersten Bundesliga-Einsätzen folgte eine langwierige Patellasehnenreizung, gleichbedeutend mit fast anderthalb Jahren ohne Pflichtspiel, in denen er stets dranblieb und sich zurückgekämpft hat. Dennoch: Seinen jüngsten Einsatz in Leverkusen, den fünften in der Startelf in Serie, bezeichnet der Österreicher als "mein emotionalstes Spiel, seit ich hier bin". Dazu beigetragen haben nicht zuletzt zwei ihm bestens bekannte ehemalige Weggefährten, die ihm in der laufenden Saison nach Rheinhessen gefolgt waren.
"In der Hinrunde wäre es wahrscheinlich so gewesen, dass wir uns nach dem 0:2 aufgegeben und vielleicht sogar noch zwei Stück kassiert hätten. Man hat aber immer gespürt, dass noch was geht, dass wir an uns glauben", sagt der 27-jährige Außenverteidiger mit Blick auf den Spielfilm des zurückliegenden Wochendes. "Und dann kamen Robert und Kevin rein und haben die Tore gemacht. Es zeigt, dass jeder, egal wielang er spielt, voll da ist." Die beiden Joker hatten in einer verrückten Schlussphase eine klasse Teamleistung gekrönt und den bereits siebten Rückrunden-Zähler (aktuell Platz fünf) eingetütet. Dass er einmal mit Glatzel und Stöger gemeinsam in der Bundesliga würde jubeln dürfen, war vor wenigen Monaten längst nicht absehbar gewesen. Während Mwene mit Letzterem einst im Nachwuchsleistungszentrum des VfB Stuttgart ausgebildet worden war, bevor sich die Wege zunächst getrennt hatten, lief er mit Glatzel eine Saison lang im Trikot des 1. FC Kaiserslautern in Liga zwei auf. Dass augerechnet seine beiden neuen, alten Kollegen schließlich nachhaltig auf sich aufmerksam machen konnten am Ende eines starken zweiten Durchgangs, freute den gebürtigen Wiener umso mehr: "Ich weiß selbst, wie schwer es sein kann von der Bank zu kommen. Das war etwas Besonderes und hat mich für die Jungs total gefreut."
Ungeachtet aller freigesetzten Emotionen betont der 05-Profi, dass zwar die Ausgangslage verbessert, aber noch längst nichts erreicht sei: Grundsätzlich spüre man jedoch, dass ein "positiveres Gefühl" mitschwinge. Ob nun in der Kabine, im Training oder, allen voran, am Wochenende, wenn die Punkte vergeben werden. "Alles fühlt sich etwas geschlossener an, wir stecken nie auf. Das ist etwas, das Bo mitgebracht hat. Jede Einheit, jedes Trainingsspiel zählt. Wenn ihm etwas nicht passt, kritisiert er das sofort. Immer gewinnen wollen, ist für ihn ganz wichtig. Bis zur letzten Sekunde daran glauben, immer. Das nehmen wir mit in jedes Spiel und müssen den Hebel gar nicht erst umlegen."
Länger die Null halten
Und so sieht im Mwene auch im zweiten schweren Auswärtsspiel in Mönchengladbach am Samstagnachmittag eine Chance für seine 05ER bei der favorisierten Borussia, sofern es gelinge, an die zuletzt gezeigten Auftritte anzuknüpfen und sich stetig weiter zu steigern. Denn längst nicht alles sei in Leverkusen nach Plan gelaufen: "Wir haben uns alle sehr geärgert, dass wir so früh einem Rückstand hinterherlaufen mussten. Unser Ziel muss sein, länger die Null zu halten und vielleicht selbst in Führung zu gehen. Wir müssen an unsere Stärken glauben, unser intensives Spiel durchsetzen. Denn kein Spiel wird einfach." Es gehe darum, körperlich alles abzurufen und "uns fußballerisch immer weiterzuentwickeln. Dann glaube ich, dass wir noch einige so tolle Momente erleben werden", gibt sich der Österreicher zuversichtlich.
Auch, weil das gesamte Auftreten der 05ER in den ersten Wochen dieses noch jungen Jahres so gar nicht an einen glasklaren Abstiegskandidaten erinnert. Neben dem Trainer und der neuen Geschlossenheit sind in den Augen des Außenverteidigers auch zwei weitere Neuzugänge elementare Faktoren des Aufwärtstrends. "Mit Danny da Costa und Dominik Kohr haben wir nochmal zwei Spieler mit einer super Mentalität bekommen, auch atlethisch bringen sie uns nochmal auf ein anderes Niveau und sind wichtig für unser schnelles, intensives Umschaltspiel."
Lohn harter Arbeit
Und dann ist da ja auch noch Mwene selbst, der links in der Fünferkette von Woche zu Woche mehr überzeugt und sich festgespielt hat, nachdem die anvisierte Verpflichtung eines Linksverteidigers im Wintertransferfenster nicht zustande gekommen war. "Ich habe natürlich mitbekommen, dass vielleicht noch jemand kommen sollte, gleichzeitig aber das Vertrauen gespürt." Er zahlt es zurück und betrachtet seinen derzeitigen Status als Stammspieler nicht zuletzt als Konsequenz seiner Hartnäckigkeit: "Als ich damals herkam, wusste ich, dass ich als Herausforderer aus der zweiten Liga komme, wollte aber zeigen, dass ich die Qualität habe, Bundesliga zu spielen. Es hat etwas gedauert, dann gut funktioniert, dann kam diese blöde Knieverletzung, mit der ich lange zu kämpfen hatte. Ich bin dran geblieben und auch heute noch sehr viel im Kraftraum, schaue, dass ich meinen Körper vorbereite auf die Belastung. Jetzt habe ich fünf Spiele von Anfang an gemacht und merke, dass ich mich gut und fit fühle. Vielleicht ist das die Belohnung für die harte Arbeit, die ich in den letzten zwei Jahren reingesteckt habe." Zu den Einheiten im Kraftraum gesellen sich im Übrigen auch Sonderschichten auf dem Rasen, wie der Profi berichtet. "Seit Bo da ist, mache ich zwei, drei mal die Woche Extra-Einheiten und versuche, die Quote mit Flanken von links zu erhöhen. Im Spiel gibt es manchmal nur ein, zwei Möglichkeiten, und die müssen dann sitzen", weiß der 27-Jährige, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, dass es auch darum geht, persönliche Argumente zu sammeln für eine Ausweitung der Zusammenarbeit.
Zukunftsmusik, die den Fokus auf die Gegenwart nicht beeinträchtige, wie Mwene betont: "Es passiert gerade so viel, ich habe ehrlich gesagt nicht viel Zeit nachzudenken. Mir einen Kopf zu machen, würde nicht viel bringen. Ich fühle mich wohl hier und möchte unbedingt den Klassenerhalt schaffen. Nur das zählt. Alles, was danach kommt, werden wir sehen." Gegen weitere emotionale Schlüsserlebnisse im Oberhaus als Profi des FSV in der kommenden Saison aber hätte er - Stand jetzt - nichts einzuwenden. Eine Zukunftsvision, die ohne Zweifel erneut Ergebnis und Lohn harter Arbeit wäre.