Profis 01.05.2022 - 13:20 Uhr
Die passende Antwort gegeben
Herausragende Leistung beim zweiten Heimsieg in Folge gegen den FC Bayern als Reaktion auf eine schwierige Woche / Svensson: "Bestätigung dafür, was uns bei Mainz 05 auszeichnen muss"
Ob es wirklich hauptsächlich an der mangelnden Bereitschaft der Bayern-Profis gelegen hat, sich eine Woche nach dem vorzeitigen Gewinn des nächsten Meistertitels in der Bundesliga noch einmal richtig zu quälen, dass der deutsche Rekordmeister an diesem 32. Spieltag beim 1. FSV Mainz 05 weiter weg gewesen ist von einem Erfolgserlebnis als jemals zuvor, war den meisten unter den 33.305 Zuschauern in der ausverkauften MEWA ARENA herzlich egal. Die restlos begeisterten 05-Fans feierten den zweiten Heimsieg der Mannschaft von Bo Svensson über die Münchner in Folge ausgelassen und ausgiebig, ließen jubelnd ein Team hochleben, für das es in dieser Partie ebenso wie für die Bayern im Prinzip um nichts mehr gegangen war. Das aber von der ersten Sekunde an bemüht gewesen war, seinem Publikum zu zeigen, dass sich jeder einzelne auf dem Platz für die deftige 0:5-Niederlage vor einer Woche in Wolfsburg rehabilitieren wollte. "Das war eine hochkonzentrierte Leistung. Es war kein glücklicher, sondern ein hochverdienter Sieg", erklärte Martin Schmidt.
Der Sportdirektor war angesteckt von der großartigen Stimmung, der Begeisterung über die Leistung der Mannschaft: "Heute sollen auch die Spieler singen, heute müssen sie singen“, sagte der Schweizer. "Es war eine herausragende Mannschaftsleistung über 90 Minuten. Ein Riesenkompliment an das Team, das eine starke Reaktion auf das letzte Wochenende gezeigt hat. So etwas ist wichtig. Umso schöner, wenn’s gegen Bayern ist. Es zeigt, was in dem Team steckt, was für eine Qualität drinsteckt, wenn wir an 100 Prozent kratzen“, so Schmidt. "Doch wir müssen da alle drankommen. Was dabei herauskommt, wenn wir das tun, ist herausragend: Wir haben genutzt, was uns Bayern angeboten hat", fand der Sportdirektor die richtigen Worte, um den 3:1-Erfolg einzuordnen.
"Nach dem Wolfsburg-Spiel waren es sicherlich keine leichten Tage für uns, wir mussten einige Sachen beantworten. Ich finde, dass die Jungs eine passende Antwort gegeben haben. Wenn du verdient gegen Bayern gewinnst, dann ist die Liste der Sachen, die du richtig gemacht haben musst, lang“, erklärte der Cheftrainer. "Wenn du so einen Nackenschlag bekommst, wie wir in Wolfsburg, dann dauert es etwas, aber daraus kann die Möglichkeit entstehen, richtig was zu lernen und etwas zu entwickeln. Ich denke, dass wir alle als Gruppe daraus gelernt haben“, fügte Bo Svensson noch hinzu.
Führungstreffer überfällig
"Das war eine sehr, sehr gute Leistung“, sagte Svensson in der Pressekonferenz, die er allein absolvieren musste, der Münchner Trainer war aus Zeitgründen mit dem Bayern-Tross schon auf dem Weg zum Flughafen. Vor der Abfahrt hatte Julian Nagelsmann noch gesagt,: "Wenn man ehrlich ist, kann Mainz heute acht oder neun Tore schießen." Er bestätigte damit den erstaunlichsten Aspekt dieser Begegnung: Dass seine Mannschaft an diesem Tag so chancenlos war, wie nur ganz selten in einem Bundesligaspiel.
Laut Martin Schmidt lag das daran, dass die Mainzer das in Wolfsburg entstandene Bild mit aller Macht und allem Einsatz geraderücken wollten. Allerdings auch daran, was der 05-Trainer seinem Team taktisch mit auf den Weg gegeben hatte. "Der Taktikzug von Bo ist voll aufgegangen“, sagte der 55-Jährige. Svensson nannte nicht direkt eine Szene als Schlüssel zum Sieg, auch nicht den längst überfälligen Führungstreffer von Jonathan Burkardt, sondern, dass sein Team von Anfang an mutig nach vorne gespielt habe. Mit Power und als Einheit, wie er es im Vorfeld eingefordert hatte.
Der Däne hatte seine Startformation nicht nur personell umgestellt, sondern taktisch anders angeordnet. Statt der üblichen 3-5-2-Formation wählte der Trainer ein 5-4-1. Mit Dominik Kohr und Leandro Barreiro auf der Doppelsechs sowie Anton Stach und Jonathan Burkardt auf den Außenbahnen. "Mit dem System haben wir auch vor einem Jahr gegen Bayern gewonnen", sagte er später. "Damit haben wir sie sicherlich überrascht“, ergänzte der Sportdirektor. "Und mit der Doppelsechs, sowie Stachi auf rechts und Johnny links außen, der immer hinten reinlaufen kann, damit haben wir sie einige Male geschnappt." Und zwar so, dass die Münchner den druckvollen, pressenden, leidenschaftlich kämpfenden und oft überragend nach vorne wie nach hinten umschaltenden Mainzern wenig entgegenzusetzen hatten. Am Ende musste der Meister froh sein, kein Debakel erlebt zu haben. Einige statistische Werte deuten jedenfalls darauf hin. Nach einer halben Stunde lag die Torschussquote bei 11:1 für den FSV. Nach dem Lattentreffer von Karim Onisiwo in der 70. Minute (einer von vier Aluminium-Treffern) war die Quote 22:7.
Noch zweimal so auftreten
"Wir waren dominant, hatten keine Phase, in der wir mal richtig unter Druck standen, in der wir selbst geschwächelt hätten oder schlampig geworden wären“, sagte Stefan Bell nach dem beeindruckenden Erfolg. "Zehn Minuten nach der Pause standen wir etwas tief, da hatten die Bayern zu viel Ballbesitz. Genau in diese Phase hinein haben wir das dritte Tor geschossen, haben es damit beendet und den Schwung rausgenommen. Ich hatte den Eindruck, dass damit ihr Wille gebrochen war. Wir haben absolut souverän gegen die Bayern gewonnen und dabei gesehen, dass es selbst für so eine Mannschaft nach dem Titelgewinn schwer ist, an ihre Leistungsgrenze zu kommen, wenn wir so auftreten“, betonte der Innenverteidiger. Und der starke Antreiber Stach fügte hinzu: "Wenn wir bei 100 Prozent sind, dann wird es einfach für jeden eklig und schwierig gegen uns."
"Wir haben noch zwei Spiele zu absolvieren. Wir wollen noch zweimal so auftreten, obwohl wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Ich glaube, dass wir alle als Gruppe etwas gelernt habe in dieser speziellen Woche. Das werden wir in den restlichen Spielen hoffentlich sehen. Ich bin froh, dass wir eine Reaktion bekommen haben und eine Bestätigung dafür, was uns bei Mainz 05 auszeichnen muss", sagte der 05-Trainer.