Profis 04.12.2023 - 14:00 Uhr
"Wir haben uns selbst geschlagen"
FSV bleibt nach bitterer Niederlage gegen den SC Freiburg Vorletzter – Siewert: "Abstiegskampf ist kein Sprint"
Der Gegner sparte nicht mit Lob und Komplimenten für die Leistung der Gastgeber. Das änderte jedoch nichts daran, dass der 1. FSV Mainz 05 am Ende in der MEWA ARENA eine 0:1-Schlappe gegen den SC Freiburg hinnehmen musste. Im vierten Spiel unter Trainer Jan Siewert ist die Serie ohne Niederlagen gerissen. Die Mainzer schafften es nicht, sich von den Abstiegsplätzen der Liga zu lösen und bleiben nach diesem 13. Spieltag Tabellenvorletzter der Fußball-Bundesliga.
"Das ist nur schwer wegzupacken heute“, lautete der erste Kommentar von Martin Schmidt nach dem Abpfiff. "Ich denke, dass diese Niederlage unverdient war. Und man muss sich fragen, wie man so ein Spiel verlieren kann. Unglaublich eigentlich. Wenn man die Statistik sieht, die Chancenverteilung, die Art und Weise, wie wir gespielt haben gegen diesen Gegner, dann ist es krass, dass wir hier ohne Punkte heimgehen.“ Die Gründe dafür registrierte der Schweizer jedoch ebenfalls. "Wir haben die Dinger einfach nicht gemacht, waren zu wenig effizient im Strafraum. Wir haben vieles sehr gut gemacht, viele Sachen vorbereitet bis in die Box, dann aber einfach zu viel liegen lassen. So kann man nichts holen, wenn man kein Tor schießt. Wir waren vorne oft zu kompliziert“, erklärte der Sportdirektor, der noch hinzufügte: "Bei unseren großen Chancen hatten wir Pech. Wir hatten es selbst auf den Füßen und müssen es eigentlich regeln. Heute sollte es nicht sein. Schade, bei dieser Leistung."
Lehrstunde in Sachen Effizienz
In vielen Statistiken lag der FSV vorne: Mehr Ballbesitz, insgesamt 20 Torschüsse, sieben mehr als die Gäste, mehr Flanken, 14 Ecken, gute Torchancen in ausreichender Zahl. "Gefühlt ist den Freiburgern jeder Ball auf dem Kopf gelandet. Und wenn mal einer durchgerutscht ist, wie ganz am Ende, war auch wieder ein gegnerischer Fuß drin“, klagte Schmidt. Bei allem, worin die Mainzer dem Gegner überlegen waren, unter dem Strich musste das Siewert-Team eine bittere Lehrstunde in Sachen Effizienz hinnehmen. Die Gäste nutzten ihre einzige Großchance in der zweiten Halbzeit zum Siegtreffer. Ein Tor, das in einer Phase fiel, als die 05er eigentlich am Drücker waren, das absolut vermeidbar war und den Freiburgern einen eher glücklichen Erfolg nach vier sieglosen Begegnungen bescherte.
Es war diese Szene in der 70. Minute, die das bis dahin dominierende und stark aufspielende 05-Team aus der Bahn warf und diese Begegnung entschied. Bei einem weiten Einwurf postierten sich Anthony Caci und Tom Krauß nebeneinander und einen guten Meter hinter dem Ex-05er Lukas Höler, der den Ball dadurch unbedrängt verlängern konnte. Im Zentrum leitete Merlin Röhl weiter auf Michael Gregoritsch, dessen Linksschuss genau in die lange Ecke passte.
Ein bisschen den Stecker gezogen
Dem SCF-Trainer war anzumerken, welche Bedeutung er diesem Auswärtssieg zuschrieb. "Ich habe gewusst, was auf uns zukommt. Mainz war wieder extrem stark. Es ging los, wie wir gewusst haben, dass es los geht. Mit ganz viel Power, mit Flexibilität, wir haben das überstanden. Nach der Halbzeit war es schwierig. Wir haben alles auf dem Platz gelassen. Wenn es etwas weniger gewesen wäre, hätten wir heute 0:3 verloren. Wir brauchten etwas Glück, keine Frage, aber gegen so eine starke Mannschaft brauchst du das auch“, sagte Christian Streich, der in der Pressekonferenz mehrfach auf die Mainzer Stärke abzielte. Wovon Jan Siewert allerdings nichts hören wollte. "Danke für das Lob, aber dafür können wir uns nichts kaufen“, erklärte der 41-Jährige. "Ich glaube, wir haben uns heute selbst geschlagen. Man kann es, glaube ich, nicht besser spielen gegen Freiburg. Wir waren mutig, haben nach vorne verteidigt, haben Bälle hoch gewonnen und den Spielaufbau früh gestört. Es war bemerkenswert, dass wir es so lösen konnten. Wir haben uns selbst geschlagen nach der Einwurf-Situation. Und final ist der Ball bei uns vorne nicht über die Linie gegangen, trotz aller Versuche. Das Tor, das förmlich aus dem Nichts fällt, tut weh. Und das war dann die Situation, in der uns ein stückweit der Stecker gezogen worden ist. Wir haben versucht, weiter dran zu bleiben, aber wir müssen uns einfach an die eigene Nase fassen“, so der 05-Trainer.
Die Mainzer hätten zum Zeitpunkt des 0:1 längst führen müssen. Taktisch von Siewert erneut glänzend eingestellt, trotz des Ausfalls des in Hoffenheim noch überragenden Edimilson Fernandes (Muskelverletzung im Oberschenkel) nahmen sie dem Gegner die Räume, um das Spiel von hinten aufzubauen. Gleichzeitig gelang es ihnen selbst immer wieder, Lücken zu finden, mit denen sie an und in den gegnerischen Strafraum vordringen konnten. Die Folge waren hochkarätige Torchancen. Wie die in der Anfangsphase von Ludovic Ajorque, dessen wuchtigen Kopfball nach Flanke von Marco Richter Torwart Noah Atubolu mit einer grandiosen Parade abwehrte. Der Franzose brachte eine weitere Großchance nicht im Tor unter, dann scheiterte Leandro Barreiro an Atubolu, ebenso wie Richter und Sepp van den Berg mit einem Kopfball. Auch die Freiburger waren nah dran an der Führung durch einen Pfostentreffer von Gregoritsch. Trotzdem war es möglich, mit einer knappen Führung in die Kabine zu gehen, wenngleich die Mainzer in einigen Situationen nicht klar genug agierten, was sich nach der Pause fortsetzte. Da setzte auch die Kritik des Sportdirektors an. Die Niederlage habe nicht nur am Gegner gelegen, "wir hatten selbst genügend Szenen in der Box, aber die Entscheidungsfindung war oft zu kompliziert“. Diese Einschätzung teilte auch der Kapitän. "Wir haben es nicht geschafft, den Ball über die Linie zu drücken. Wir waren gefühlt doppelt so oft vor dem gegnerischen Tor, hatten weit über zehn Eckbälle. Im Fußball geht es aber darum, Tore zu erzielen, das haben wir nicht geschafft. Wir sind sauer, dass wir keine Punkte geholt haben. In der Offensive muss man geradlinig sein, wir waren einige Male zu verschnörkelt“, sagte Silvan Widmer.
Einen Marathon aushalten
Dass dieses 0:1 in der aktuellen Situation sehr weh tut, ist logisch. "Wir müssen klar bleiben und auf unsere Art und Weise Möglichkeiten finden. Das werden wir auch tun“, betonte Siewert. "Wir müssen uns bewusst sein, dass der Abstiegskampf kein Sprint ist. Es ist ein Marathon auszuhalten. Das müssen wir uns immer wieder klar machen und jedes Spiel neu vorbereiten. Der Faktor, dass wir uns quasi selbst geschlagen haben, ist das, was der Mannschaft gerade weh tut. Nichtsdestotrotz müssen wir wieder Lösungen finden, uns auf das Spiel in Köln vorbereiten und alles dafür tun, dass es in unsere Richtung läuft.“ Beim FC müssen die Rheinhessen am Sonntagabend ran. Danach ist noch der FC Heidenheim zum Spiel der Herzen zu Gast in der MEWA ARENA. "Ich finde, das ist ein Super-Programm“, sagte Widmer. Das sind Spiele, die wir gewinnen müssen, und die wir auch so angehen. Wir haben die Tabelle natürlich im Blick, aber wir werden sie auch nicht überbewerten“, so der 05-Kapitän. "Wir stehen unten, zu weit unten. Dessen sind wir uns bewusst. Doch wir werden die nächsten Tage trotzdem so angehen wie immer. Wir werden mit einem Lächeln zum Bruchweg kommen und gute Trainings abliefern, denn das ist die Basis dafür, dass wir endlich wieder einen Dreier holen.“