Profis 29.09.2021 - 18:40 Uhr
Stach: "Ich lerne, noch professioneller zu arbeiten"
Bundesliga statt College Soccer: Sommerneuzugang Anton Stach hat beim FSV erste Duftmarken hinterlassen, sieht große Fortschritte & hofft auf sein Startelf-Debüt - "Dann kann es sein, dass daraus irgendwann eine Art sportliche Waffe wird"
Einst gab er die Tennis- zugunsten der Fußballkarriere auf, mit dem Ziel Profi zu werden. Weil Letzteres bis vor anderthalb Jahren auf der Kippe stand, der 05-Profi hatte sich ein persönliches Ultimatum gesetzt, ist es eine glückliche Fügung, dass der Sommerneuzugang heute für den FSV in der Bundesliga statt am College in Amerika aufläuft. Im Oberhaus möchte er sich Schritt für Schritt etablieren und hofft seinen ersten Startelf-Einsatz.
Einen steilen Aufstieg hat Anton Stach jüngst erlebt, ein Karrieresprung im Schnelldurchlauf – aus der Regionalliga Nord zum Zweitliga-Aufsteiger, U21-Europameister, Olympia-Teilnehmer und Bundesliga-Spieler binnen zwölf Monaten. Die Entscheidung, im Sommer den Schritt von Greuther Fürth an den Bruchweg gewagt zu haben, hat der 22-Jährige zu keiner Sekunde bereut. "Ich bin überzeugt, dass Mainz 05 für mich persönlich der ideale Standort für meinen nächsten Entwicklungsschritt ist", hatte Stach anlässlich seiner Verpflichtung verlauten lassen.
Knapp zwei Monate später sieht er seine Erwartungen zu 100 Prozent bestätigt, wenn auch schweißtreibende Wochen hinter ihm liegen, wie er zugibt: "Am Anfang hatte ich wirklich Probleme, durchs Training zu kommen", erzählt er. Zum einen angesichts der Intensität der Einheiten am Bruchweg. Zum anderen hatten die Einsätze in der U21 und bei Olympia in Tokyo Spuren hinterlassen.
Große Fortschritte dank individueller Betreuung
Trotz des anspruchsvollen Auftakts sieht Stach sich bereits belohnt – nicht nur in Form seiner ersten vier Bundesliga-Einsätze als Joker: "Der Trainer redet viel mit jedem Spieler und das Team ist super. Ich bin sehr zufrieden, wie hier gearbeitet wird, auch individuell mit den Athletik-Coaches. Man sieht in jedem Spiel, dass wir eine unangenehm zu spielende Mannschaft sind, die immer die Chance auf Punkte hat. Persönlich merke ich, dass ich mittlerweile auf einem ganz anderen Level bin und mir jede Einheit, jedes Spiel leichter fallen. Ich haue alles rein und würde natürlich gerne bald mal in der Startelf stehen."
Ganz überraschend käme eine Berufung nicht. Akzente hat Stach bei seinen Joker-Einsätzen schließlich stets setzen können, das 05-Spiel zuletzt in Leverkusen belebt und nicht zuletzt mit zwei Assists in der ersten DFB-Pokal-Runde sowie einem beim Sieg in Hoffenheim aufhorchen lassen. Als Edeljoker sieht er sich dennoch nicht, sondern möchte dem Team, egal in welcher Rolle, helfen. Dafür nimmt er Zusatzschichten – sie sind seit seiner Ankunft am Bruchweg Normalität geworden – gern in Kauf. Ein Reifeprozess für den Jungprofi: "Ich lerne, noch professioneller zu arbeiten, beispielsweise bei der Regeneration. Im Bereich Schlaf und Ernährung hole ich mir verschiedene Meinungen ein, um alles zu optimieren. Zudem verbringe ich möglichst viel Zeit auf dem Trainingsgelände, bereite jedes Training vor und nach. Das tut mir gut", ist Stach überzeugt.
Fans als Faktor gegen Union
Und so fiebert er auch der nächsten Herausforderung mit dem FSV am Wochenende vor bis zu 25.000 Zuschauern gegen Union Berlin in der MEWA ARENA entgegen. Seine erste Profi-Saison hatte er schließlich Corona-bedingt vor leeren Rängen absolvieren müssen: "Ich habe es schon in den ersten Spielen gemerkt, was es bedeutet, dass unsere Fans da sind. Sie honorieren auch einfache Aktionen wie zum Beispiel eine Grätsche. Das ist schon ungewohnt, wenn man es vorher nicht kannte, und pusht mich enorm. Ich bin ein Spieler, der es liebt, vor Publikum zu spielen. Das kann in einem kampfbetonten Duell gegen einen unangenehmen Gegner wie Union ein mitentscheidender Faktor sein."
Dass Stach heute überhaupt im Oberhaus aufläuft und die Atmosphäre aufsaugen kann, ist indes alles andere als selbstverständlich. Schließlich gehörte er einst zu den deutschen Top-Talenten seines Jahrgangs im Tennis und fuhr zweigleisig: "Bis ich 13, 14 war, habe ich beides gemacht, hatte oft an einem Tag Fußball- und Tennistraining. Erst dann habe ich mich auf Fußball konzentriert", erzählte Stach im Sommer. Und tat anschließend alles für den Sprung in den Profi-Bereich, der bis vor rund anderthalb Jahren – damals lief Stach für VfL Wolfsburgs U23 in Liga vier auf – allerdings in den Sternen stand. "Ich habe mir immer gesagt, dass ich mir Zeit nehme, bis ich 21 bin und gucke, ob was geht im Profifußball. Alternativ habe ich ein College in Amerika als Option gesehen. Diese Kombination aus Fußball und studieren finde ich sehr gut. Meine große Schwester hat das im Basketball gemacht, wir haben sie ein paar Mal besucht, und es hat mir sehr gut gefallen." Ein Plan B, der dank der Entwicklung des letzten Jahres in der Schublade bleiben kann, setzt Stach doch nun endgültig alles auf die Karte Bundesliga-Fußball in Mainz.
Formt Svensson Stach zur "Waffe"?
Und kann sich vorstellen auf unbestimmte Zeit heimisch zu werden am Rhein, wo er im Oktober seine erste Wohnung beziehen wird - auf Dauer sei das Hotelleben "dann doch etwas öde" gewesen. Ganz bewusst habe er sich für einen langfristigen Vertrag (bis 2024) entschieden. Um sich zu etablieren, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Die Voraussetzungen dafür seien unter seinem neuen Cheftrainer ideal: "Er arbeitet einfach gern mit uns und möchte, dass sich das Team verbessert. Er fordert viel, auch im Training, und möchte, dass man in jeder Sekunde Gas gibt, sich keine Verschnaufpausen erlaubt. Ich denke, das ist letztendlich das, was unser Spiel besser macht", so Stach über Svensson, der wiederum sich bekanntlich zutraut aus dem Körper des 22-Jährigen eine "Waffe" zu machen. "Ich muss und werde dranbleiben. Dann kann es sein, dass daraus irgendwann eine Art sportliche Waffe wird", so der Mittelfeldspieler, auf die Aussage seines Chefs aus dem Sommer angesprochen, schmunzelnd.
Zunächst einmal beschäftigt sich Stach aber ausschließlich mit der nächsten Herausforderung, dem nächsten Heimspiel in der MEWA ARENA gegen den Klub aus der Hauptstadt: "Die Stimmung war schon in den ersten Partien unfassbar. Ich habe riesig Bock auf das Spiel!"
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