U19 16.11.2020 - 16:00 Uhr
NLZ: Der ewige Stanko
Eine echte 05-Legende: Stanko Sremac ist seit 1995 Trainer im Nachwuchs von Mainz 05
"Vom ersten Tag an bis heute, bin ich Stanko. Einfach nur Stanko." Und diese Aussage hat sich Stanko Sremac, mit Christof Babatz einer der zwei Co-Trainer bei der U19, auch wahrlich verdient. Und sie stimmt! Das musste auch kürzlich ein neuer Mitarbeiter des Analyse-Teams erfahren, als alle Mitglieder des Staffs der U19 sich in eine Anwesenheitsliste eintragen mussten. Name, Vorname, Adresse, Telefonnummer. Stanko schrieb – neben seiner Adresse - einfach nur Stanko. Natürlich. Und als man ihn darauf aufmerksam machte, sagte er lachend: "Natürlich kann ich meinen ganzen Namen hinschreiben, aber ich sage dir, hier kennt mich wirklich jeder – und das einfach nur als Stanko."
Sremac ist seit 1995 im bei den Nullfünfern. 13 Trainer hat er in seiner Laufbahn erlebt, von Bert Balte bis hin zu Benjamin Hoffmann. "Ich habe Benni gesagt, dass er mein letzter Trainer ist", sagt Stanko augenzwinkernd. "Die 13 ist ja eigentlich eine schlechte Zahl, aber das trifft auf ihn nicht zu. Meiner Meinung nach gibt es keinen Besseren für die Ausbildung einer Mannschaft, ob von theoretischer oder praktischer Seite." Hohes Lob von jemandem, der mit so vielen Trainern, darunter Thomas Tuchel und Wolfgang Frank, zusammengearbeitet und viele verschiedene Philosophien kennengelernt hat. Generell hat sich die Arbeit im Nachwuchsleistungszentrum in dieser Zeit sehr verändert. "Früher sind wir für das Training noch kreuz und quer durch Mainz gefahren, weil wir nicht genug Plätze am Bruchweg hatten. Vergleiche das damit, was wir heute haben! Nicht nur die Plätze, auch die technischen Möglichkeiten. Videoanalyse, Gegneranalyse – das ist eine ganz andere Welt. Der Fußball hat eine sehr große Entwicklung durchgemacht."
Was sich in dieser Zeit nicht verändert hat – Stanko ist bei jedem Spiel mit dabei. Egal ob zuhause oder auswärts – der 74-jährige ist immer auf der Bank zu finden. Laut wird er dabei nicht. "Ich bin ruhig. Der Trainer ist der Chef, er macht das Coaching, da rufe ich nicht rein. Es sei denn es fällt ein Tor, dann ist es mit der Ruhe vorbei", sagt er lachend.
Als Co-Trainer beschränkt sich sein Aufgabenfeld natürlich nicht nur auf den sportlichen Bereich. "Ich bin das Bindeglied zwischen dem Cheftrainer und der Mannschaft, wenn den Jungs etwas auf dem Herzen liegt, kommen sie zuerst zu mir", sagt Stanko. Und ist man da nicht auch manchmal Kummerkasten? "Natürlich" sagt er lachend. "Die Spieler müssen manchmal reden und ich bin da, um zuzuhören.“ Dabei kann ihn nach so vielen Jahren nichts mehr überraschen. "Ich denke, ich habe alles gesehen und alles gehört. Als Co-Trainer musst du die Balance finden, aber auch motivieren. Und ich habe das alles hier gelernt und nicht aus einem Buch."
Damit mein Stanko die psychologische Seite, die der Job als Co-Trainer mit sich bringt. Denn eine Ausbildung zum Fußballtrainer hat er in seiner Heimat Zagreb absolviert. Bevor Stanko 1994 aus Kroatien nach Deutschland kam, arbeitete er zwar als Jurist bei einer Rentenversicherung. Aber zuvor hatte selbst in der zweiten Liga als Linksaußen gespielt und neben der Arbeit bereits mehrere Trainerstationen gehabt.
Besondere Momente
Als er dann in Mainz war, schaute er beim Sportbund vorbei, seine Trainerlizenz in der Tasche, und fragte, ob es eine Möglichkeit gäbe, sich im fußballerischen Bereich einzubringen, gerne mit Jugendlichen. "Die nette Dame dort sagte mir, dass ich dort falsch wäre, denn der Sportbund und der Fußballbund wären zwei verschiedene Organisationen. Aber ich sollte meine Kontaktdaten da lassen und eine Kopie meiner Trainerlizenz und sie würde schauen." Und tatsächlich, wenige Tage später klingelte das Telefon und Mainz 05 war am Apparat. "Ich bin dieser Kollegin beim Sportbund wirklich unendlich dankbar“, sagt Stanko in der Rückschau, "denn sie hat für mich diesen Kontakt hergestellt und Mainz 05 und mich zusammengebracht." Zunächst arbeitete er als Trainer der A-Jugend, damals noch mit einem deutschen Kollegen, um die anfängliche Sprachbarriere zu überwinden. Nach einer Saison wurde er dann Co-Trainer von Balte.
Welche Momente waren für ihn ganz besonders in dieser Zeit? "Natürlich der Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2009. Das war unglaublich. Es waren 11000 Zuschauer da. Unser Bild hängt im NLZ und es wird für immer dort hängen. Es war ein unglaublicher Erfolg." Aber auch die Aufstiege der Profimannschaft und die 100-Jahr-Feier des Vereins kommen ihm in den Sinn. "Das waren Ereignisse, die über den Verein hinausgingen, das war etwas, was die ganze Stadt berührt hat." Und für diese Saison hat er ein klares Ziel: "Wir wollen zum Pokalfinale nach Berlin! Es war so ein Pech im letzten Jahr, dass das Halbfinale gegen Stuttgart aufgrund von Corona abgesagt wurde. Aber wir haben eine so starke und tolle Mannschaft, wir können es dieses Jahr erreichen."
25 Jahre Trainer und Co-Trainer, über 400 Spiele, 13 erlebte Cheftrainer – denkt man da nicht einmal ans Aufhören? "Ich habe Herrn Kersting gesagt, wenn er in eine neue Richtung gehen will, wenn er mich nicht mehr braucht – dann gehe ich. Dann höre ich von heute auf morgen auf, kein Problem. Aber wenn er das nicht sagt? Dann mache ich immer weiter. Denn das ist die schönste Arbeit, die ich mir vorstellen kann."
Dieser Text ist im aktuellen NLZ-Saisonmagazin "Am Bruchweg" erschienen. Auf der Homepage ist das Magazin hier als PDF online abrufbar.