Profis 04.12.2022 - 10:00 Uhr
Noveski: "Wir hatten gute Zeiten"
Der 05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 4
Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.
Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis.
Nikolce Noveski, der große Mazedonier, musste damals erst noch ein bisschen dazulernen, ehe er von Jürgen Klopp aufgestellt wurde, bis er Stammspieler, Leistungsträger, Abwehrchef, Kapitän und Vereinslegende wurde. Der Abwehrspieler mit der Nummer Vier im 05-Legenden-Adventskalender.
Der FC Erzgebirge Aue, so heißt es, soll 2004 schon darüber nachgedacht haben, Noveski aus Mainz zurückzuholen, als dieser nach seinem Transfer zum Bundesligaaufsteiger wochenlang nicht mal auf der Ersatzbank auftauchte. Wie der Innenverteidiger doch in die Startelf gelangte, ist hinlänglich bekannt: Im Training war sein Arm stärker als der Schädel von Stammspieler Tamás Bodog. Der Ungar fiel nach der Kollision monatelang aus, der Platz neben Manuel Friedrich war damit frei. Und wenn auch die Spieleröffnung nie zu seinen Parade-Disziplinen gehörte, gab Noveski als zweikampfstarker, kopfballstarker, willensstarker und gleichzeitig nie aus der Ruhe zu bringender Fels in der Brandung von da an ein Jahrzehnt lang seine Position nicht mehr her.
"Immer da, wo es brennt"
Kurios: Eine 34-Spiele-Saison schaffte Noveski dennoch nie. Irgendwas kam immer dazwischen. Eine Gelbsperre im zweiten Jahr. Drei kleinere Wehwehchen im dritten. Beides sowie eine Rotsperre im vierten, unterschiedlicher Kleinkram (darunter Noveskis Klassiker, die Platzwunde am Kopf – vermutlich wurde nie ein Bundesligaspieler vor und nach ihm so oft am Spielfeldrand getackert wie der „Eisenmann“) im fünften und sechsten, noch eine Rotsperre im siebten Jahr. Im achten Jahr, 2011/12, erlitt er erstmals eine größere Verletzung, in deren Folge auch ein kurzes Formtief, dessentwegen der Verteidiger erstmals seit September 2004 ein paar Wochen auf der Bank saß. Danach aber spielte er noch zwei volle Jahre nahezu durch.
Sechs Eigentore bedeuten zusammen mit dem früheren Hamburger Manfred Kaltz einen Bundesligarekord, angekreidet hat sie ihm niemand. "Nikolce ist halt immer da, wo es brennt“, kommentierte Christian Heidel, seinerzeit noch 05-Manager, dies einmal. Stattdessen war man war stolz auf ihn, als er im November 2005 mit zwei solcher Missgeschicke Eintracht Frankfurt in den ersten sechs Minuten binnen 132 Sekunden eine 2:0-Führung ermöglichte, aber selbst dazu beitrug, noch einen Punkt zu behalten: mit seinem unbändigen Willen, das Spiel zu drehen, mit seinem Tor zum 1:2 und mit der Hoffnung, die der Anschlusstreffer den Kollegen verlieh, die in der 90. Minute in Petr Rumans Ausgleich mündete.
Abschiedsspiel mit Verspätung
Dabei wäre Noveski nach wenigen Jahren beinahe weggegangen. Nach dem Mainzer Abstieg im Sommer 2007 hätte er nach Stuttgart, Frankreich oder England wechseln können, die Angebote waren lukrativ. Der 1. FC Köln hatte sogar schon die Zusage des Spielers, den im letzten Moment wohl der Mut verließ; den nahezu sicheren Transfer ließ der Verteidiger noch platzen. Und die 05ER bauten Noveski schließlich ein Denkmal – einen Pappkameraden unter der Fantribüne der Arena. Unter Kasper Hjulmand verlor Noveski 2014 seinen Stammplatz. Der Kapitän war nicht fit, als die Saison begann, wurde von Niko Bungert, Stefan Bell, Gonzalo Jara verdrängt, durfte sich aber am Ende mit ein paar erstklassigen Leistungen in Freiburg und gegen den 1. FC Köln verabschieden.
Der große Schweiger, vom Klub zum Ehrenspielführer ernannt, wäre durchaus noch länger geblieben, aber der Verein machte klar: Die Tür stehe immer offen für den Mainzer Rekord-Bundesligaspieler. Weil sich auch diverse Kontakte zerschlugen, endete Noveskis Karriere schleichend. Es vergingen mehr als zwei Jahre bis zum versprochenen Abschiedsspiel. Am 2. September 2017 bezwang das „Team Mainz 05, gecoacht von Jürgen Klopp, das Team Nikolce, gecoacht von Thomas Tuchel. Noveski wechselte in der Pause ins Klopp-Team und behielt die Orientierung: Ein Eigentor schoss er nicht.
Erinnerungen, die bleiben
"Ich bin gerade in Mazedonien in meiner Heimatstadt Bitola, und mir geht es gut“, sagt die 05-Legende am Telefon. Im Fußball gebe es gerade nichts Konkretes für ihn, sagt Noveski, der aber eine Trainerausbildung absolviert und einen Teil davon abgeschlossen hat. "Ich schaue mir seit einiger Zeit viele Fußballspiele an Und ich habe auch alles verfolgt, was Mainz 05 so macht."
Nikolce Noveski verbindet Mainz mit etwas sehr Positivem und Schönen. "Es waren unglaublich gute elf Jahre für mich. Ich habe mit vielen verschiedenen Spielern zusammenspielen dürfen, mit den verschiedensten Spieler-Typen und -Charakteren. Wir hatten gute Zeiten. Ich erinnere mich an das alte Stadion gut und die wunderbare Stimmung, die dort herrschte. Ich kann mich an viele schöne Spiele erinnern, an die erste UEFA-Cup-Qualifikation. Vor allem das Spiel in Sevilla war etwas Besonderes. Die ersten Bundesliga- Jahre von Mainz 05 waren die schönsten Zeiten überhaupt. Und diese Jahre werden uns allen, die damals dabei waren, für immer in Erinnerung bleiben." Die Kontakte, das müsse er ehrlich sagen, würden immer weniger, "aber das ist ja auch normal. Die Erinnerungen bleiben und mein Abschiedsspiel 2017 war ein großartiges Event, bei dem alle zusammenkamen, wo wir uns alle noch mal getroffen haben. Es war ein schöner Tag mit ganz Mainz 05. Ich hoffe, die Leute in Mainz erinnern sich noch gerne an mich. Das wäre schön."