Profis 23.12.2022 - 10:30 Uhr
Okazaki: "Ich führe einen Wettkampf gegen mich selbst"
Der 05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 23
Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.
Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis. Unseren bewährten Adventskalender mit täglich neuen Gewinnchancen von Mainz 05 und unseren Partnern erreicht ihr auch über die Story auf unserem Instagram-Kanal.
Präsentiert wird der Kalender auch in diesem Jahr von Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling.
Shinji Okazaki ging von 2013 bis 2015 in der Bundesliga für den FSV auf Torejagd. Insgesamt 27 Treffer erzielte der Japaner in 70 Partien für die 05ER unter den Trainern Thomas Tuchel und Martin Schmidt im Oberhaus. Unter den Fans war Okazaki beliebt ob seiner Lauf- und Einsatzfreude. Eigenschaften, die der 36-Jährige auch heute noch, nach Stationen in England und Spanien mittlerweile in der ersten belgischen Liga, auf den Platz bringt.
VV Sint-Truiden heißt der Klub, bei dem Okazaki im Sommer einen Einjahresvertrag unterschrieb. Die 40.000-Einwohner zählende Stadt in der belgischen Provinz Limburg, nicht weit von der Grenze zu Deutschland und den Niederlanden, zählt nicht zu den Orten, in denen der große Fußball Halt macht. Dennoch fühlt sich es sich für Okazaki richtig an. "Ich habe seit Sommer fast jedes Spiel von Anfang an gemacht. Es ist nach langer Zeit in meiner Karriere wieder so, dass ich so viel Spielzeit bekomme. Ich habe hier viel Spaß und bin momentan gut drauf“, erzählt er im Gespräch. Am Vorabend hat Sint-Truiden im belgischen Pokalwettbewerb beim belgischen Champions-League-Teilnehmer Club Brügge sensationell mit 4:1 gewonnen.
Ältester Spieler, die meisten Kilometer
Im Sommer sahen die Pläne noch anders aus. Nach Engagements beim FC Malaga, SD Huesca und dem FC Cartagena wollte Okazaki am liebsten in Spanien seine Karriere fortsetzen und sich für die WM empfehlen. Einen neuen Klub zu finden, erwies sich jedoch als langwierige Mission. "Deshalb bin ich selbst aktiv geworden.“ Beim japanischen Besitzer von Sint-Truiden fragte Okazaki nach, ob er mittrainieren dürfe, um sich fit zu halten. Dem deutschen Trainer des belgischen Klubs, Bernd Hollerbach, empfahl er sich innerhalb von einer Woche für einen Vertrag. Neben Okazaki ist auch der ehemalige Dortmunder Shinji Kagawa Teil des Kaders der Belgier, die derzeit auf dem zehnten Tabellenplatz stehen.
Eine Führungsrolle ob seines Alters beansprucht der Japaner nicht. Vielmehr will er in einem für Profifußballer schon gesetzten Alter mit seiner Leistung vorangehen und ein Vorbild für seine Mitspieler sein. "Ich bin schon ein paar Mal die meisten Kilometer des Teams im Spiel gelaufen“, sagt er. Egal, ob jung oder alt: "Wenn die Leistung nicht stimmt, bekomme ich keinen neuen Vertrag mehr. Von daher will ich zeigen, dass ich immer noch einen Platz im Profifußball habe.“ Dass die belgische Liga dafür ein guter Ort sei, bejaht Okazaki. "In Belgien spielen viele Teams mannschaftlich sehr geschlossen, aber die individuelle Klasse ist auch entscheidend. Deshalb machen viele Talente hier ihre nächsten Schritte.“
Nur rund dreieinhalb Stunden Autofahrt liegen zwischen Sint-Truiden und Mainz. Den Weg nach Rheinhessen konnte Okazaki seit er im Juli am Bruchweg zu Gast war, aus Zeitgründen noch nicht auf sich nehmen. "Aber es ist sehr schön hier mit kurzen Wegen auch nach Frankreich oder Holland“, sagt er.
In Gedanken seien die 05ER aber stets präsent bei ihm. "Ich verfolge die Ergebnisse in den sozialen Medien, drücke die Daumen und freue mich immer, wenn Mainz gewinnt.“ Als "Wendepunkt seiner Karriere“ bezeichnet er die Zeit am Rhein. "Das war die erste Mannschaft in Europa, bei der ich meine volle Leistungsstärke zeigen konnte. Mainz 05 ist für mich ein besonderer Verein.“
Große Ziele
Träume und Ziele hat Okazaki noch viele. An das Karriereende denkt er nicht, dafür von Jahr zu Jahr. "Für mich ist wichtig, dass meine Leistung noch stimmt. Ich spiele die Saison fertig und gebe Vollgas. Wenn ich danach wieder ein Angebot bekomme, weiß ich, dass ich noch gut genug bin.“ Okazaki sagt, er führe einen "Wettkampf gegen sich selbst. Ich schließe nur noch Jahresverträge ab und setze alles daran, weiter Fußball zu spielen.“
Der Wunsch, bei der gerade beendeten WM in Katar für Japan zu spielen, erfüllte sich nicht. Okazaki war bewusst, dass er auf der Liste des Nationaltrainers eher im unteren Bereich angesiedelt war. "Ich wusste, dass ich viele Tore hätte machen müssen. Meine Leistung hat nicht ausgereicht, um nominiert zu werden. Ich habe alles versucht, aber es hat nicht gereicht und ich habe es vollkommen verstanden, dass ich nicht nominiert wurde.“ Dafür konnte er sich über die guten Leistungen seiner Landsleute im Turnier freuen.
Europa, WM und J-League
Beendet ist der Traum von der WM damit für ihn keineswegs. 2026, Okazaki wird dann 40 Jahre alt sein, steht das Turnier in den USA, Mexiko und Kanada an. Bis dahin will er weiter in Europa professionellen Fußball spielen, alles geben, Tore schießen und sich für die japanische Nationalmannschaft empfehlen. "Das ist meine Motivation, um als Spieler gut zu sein, auch in diesem Alter“, betont Okazaki. Und danach das Karriereende? Die japanische J-League wäre noch eine Möglichkeit. "Wenn ich noch darf. Lust habe ich. Aber das ist alles noch offen“, sagt er.