Profis 28.08.2023 - 13:30 Uhr
"Bitter vom Ergebnis her, nicht von der Leistung“
Eine unnötige Fehlerkette kostet den FSV in der Nachspielzeit den ersten Saisonsieg
Der Sportdirektor bemühte eine altbekannte Weisheit, um das 1:1, mit dem sich der 1. FSV Mainz 05 im Nachbarschaftsduell mit der Frankfurter Eintracht in der ausverkauften MEWA ARENA am Ende zufriedengeben musste, richtig einzuordnen. "Fußball ist nicht immer gerecht“, sagte Martin Schmidt, der nach dem Abpfiff noch ganz unter dem Eindruck jener Szene stand, die dazu geführt hatte, dass die Mannschaft von Bo Svensson nicht den ersten Heimsieg der Saison klarmachte, sondern mit einem Akteur mehr auf dem Spielfeld in der Nachspielzeit noch zwei Punkte aus der Hand geben musste. "So ein später Ausgleich mit einem Mann Überzahl fühlt sich ein bisschen an wie verloren, nicht wie ein Unentschieden. Deshalb sind wir maximal frustriert“, sagte der Schweizer nach dem Abpfiff in der Mixed Zone. "Verpasst haben wir, das zweite Tor nachzulegen, dass Ruhe ins Spiel kommt. Es waren Möglichkeiten da, in denen wir auf der Grundlinie waren, wo dann der letzte Pass nicht gepasst hat sowie einige Standards. Dann kann natürlich hinten raus immer so etwas passieren. Egal, ob du einer mehr oder weniger bist“, sagte der 56-Jährige.
Svensson: beim 1:1 nicht gut verhalten
Das Übel aus Mainzer Sicht ereignete sich in der ersten Minute der Nachspielzeit, in der die Gastgeber ihre 1:0-Führung aus der Hand gaben. "Verlorener Zweikampf auf Außen, Danny da Costa macht die innere Linie auf, Ball reingespielt, dann stimmt die Zuteilung im Zentrum nicht, wir verlieren den Kontakt zum Torschützen, und fangen uns ein Tor, welches du nie kriegen darfst. Für sie wie ein gefühlter Sieg und für uns frustrierend“, schilderte Schmidt die Aktion, die zu einfach war für die Gäste. Die Mainzer ermöglichten den Pass auf den links loslaufenden Eric Dina Ebimbe. Im eigenen Strafraum verhielten sich die Abwehrspieler nicht besser, reagierten zu zaghaft, Dina Ebimbe passte zum freien Omar Marmoush, der den Spielzug mit dem 1:1 abschloss. Oder wie es der FSV-Cheftrainer beschrieb: "Wir kriegen ein Gegentor, bei dem wir mit elf Spielern in der eigenen Hälfte sind, und am Ende schießt der Frankfurter Spieler das Ding ins leere Tor, weil wir uns in dieser Szene nicht gut verhalten.“ Die Frankfurter, monierte der FSV-Trainer, hätten den Ball niemals so da durchbekommen dürfen. "Am Ende hast du aber auch drei Innenverteidiger gegen einen Stürmer, der den Ball ohne Druck in ein leeres Tor schießt. Da hast du auch nicht alles richtig gemacht. solche Fehler darf man auf dem Niveau nicht machen und dann erwarten, nicht bestraft zu werden“, sagte Svensson. "Sonst haben wir fast alles Gefährliche weg verteidigen können. Das war das einzige, bei dem wir uns nicht gut angestellt haben“, stimmte Schmidt zu, fügte jedoch an: "Nur, weil du in der Nachspielzeit das Gegentor kriegst, kannst du ja nicht alles, was davor war, negativ sehen.“
Er sei natürlich froh, dass es seinem Team in der Nachspielzeit in Unterzahl noch gelungen war, den Ausgleich zu erzielen, sagte Dino Toppmöller. "Verdient oder unverdient, darüber lässt sich, glaube ich, immer streiten. Wenn man so spät den Ausgleich macht, ist das natürlich glücklich, aber den Punkt nehmen wir mit“, so der Eintracht-Trainer.
Die 05-Fans sorgten während der Begegnung für eine großartige Atmosphäre und honorierten die Leistung ihres Teams trotz des späten Gegentreffers.
Gelungener Umbau der Defensive
Svensson war bis zum Ende der regulären 90 Minuten ansonsten ziemlich angetan von seiner Defensive und der Reaktion des 05-Teams auf die Auftaktniederlage in Berlin. Die Mainzer hatten Randal Kolo Muani bis auf einen Kopfball zu Beginn der zweiten Halbzeit gut im Griff, in den wenigen Momenten, in denen der französische Torjäger am Strafraum angespielt wurde, trennten die Mainzer ihn notfalls zu dritt vom Ball. Frankfurter Abschlüsse gab es vor der Pause gar nicht.
Svensson hatte seine Hintermannschaft einerseits wegen der Trainingseindrücke auf etlichen Positionen umgebaut, zum anderen wie er sagte, weil er gegen die schnellen Frankfurter Angreifer möglichst viel Tempo auf dem Platz haben wollte. "Das war ein Faktor. Wir wollten sehr hoch anlaufen. Das bietet Räume hinter der Kette für Konter“, erklärte der Däne. Der Mainzer Trainer war bei seiner Anfangsformation zu zwei personellen Änderungen gegenüber dem 1:4 in Berlin gezwungen, zwei weitere nahm er aus freien Stücken vor: Innenverteidiger Stefan Bell, alleiniger Bundesligarekordspieler des Klubs, nahm ebenso auf der Bank Platz wie Rechtsverteidiger Danny da Costa. Karim Onisiwo fiel wegen eines grippalen Infekts aus, und Ludovic Ajorque zerrte sich beim Aufwärmen den linken Oberschenkel.
Auf ihn als Zielspieler sei der Matchplan ausgerichtet gewesen, erzählte Martin Schmidt. Der 18 Jahre alte Nelson Weiper aber bot als Vertreter eine starke Leistung. "Ihm fehlt noch die Erfahrung, aber er hat das über 70 Minuten sehr gut gemacht.“ Auch die weitaus gravierenderen Umbesetzungen in der Abwehrkette funktionierten: Sepp van den Berg in seinem ersten Spiel von Beginn an und Maxim Leitsch nach fast einem Jahr Pause bildeten mit Edimilson Fernandes die Innenverteidigung, Der erst am Mittwoch verpflichtete Phillipp Mwene gehörte ebenfalls der ersten Elf an; wie vor seinem Intermezzo in Eindhoven bearbeitete er die linke Außenbahn. Van den Berg überzeugte in der Vorwärtsverteidigung und brachte zudem die Kopfballstärke mit, für die sonst Bell zuständig ist. Wäre die Partie pünktlich zu Ende gegangen, hätte Svenssons Urteil über seine Defensive gelautet: "Alles richtiggemacht, gegen so viel Frankfurter Qualität muss man das erst mal schaffen. Du fängst an mit einer fünferkette und am Ende spielt keiner von denen, die begonnen haben auf der gleichen Position, das ist kurios und außergewöhnlich.“
Guter Einstand von Mwene
Lob gab es auch für Mwene. Der Rückkehrer aus Eindhoven gab einen sehr guten Einstand, verteidigte hoch und konsequent, hatte viele Balleroberungen. "Er hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Das einzige Problem war, dass es nur für 70 Minuten gereicht hat. Die ganze Kette war gut: Die Jungs haben so noch nie miteinander gespielt. Und dann so wenig zuzulassen und so gut miteinander zu harmonieren, das hat mir gut gefallen“, sagte der Däne. Auch die Haltung seiner Profis im Spiel habe ihm gut gefallen, sagte Svensson. Sein Sportdirektor nannte das "ein solidarisches Verhalten in der Kompaktheit, die wir zuletzt nicht hatten. Das hat das ganze Spiel über gepasst.“
In Führung gebracht hatte Jae-Sung Lee die Gastgeber in der 25. Minute nach einer hohen Flanke von Fernandes. Eintracht-Innenverteidiger Hrvoje Smolcic räumte seinen Keeper Kevin Trapp in der Luft ab, Lee köpfte den freien Ball ins Tor. Mängel sah der 05-Cheftrainer danach lediglich im Offensivverhalten der zweiten Hälfte. "Wir haben es einfach versäumt, insbesondere nach der Gelb-Roten Karte, in der Offensive noch klarer zu spielen. Die aussichtsreichen Situationen müssen wir viel besser ausspielen.“ Die Mainzer schafften es nicht, ihre klare Überlegenheit in eine deutlichere Führung zu verwandeln, und auch nicht, das trotz Überzahl hektischer werdende Geschehen zu beruhigen. Dafür wurde die Mannschaft schließlich mit dem unnötigen Ausgleich bestraft. Dennoch zog Bo Svensson ein positives Gesamtfazit: "Bitter vom Ergebnis her, nicht von der Leistung“, erklärte der 44-Jährige, der nun die nötigen Schlüsse aus dieser Vorstellung ziehen muss, um dann am Samstag (15.30 Uhr) auswärts beim SV Werder Bremen die nächste Chance auf den ersten Saisonsieg zu nutzen.
Tickets für die Partie an der Weser, bei der es keine Tageskasse geben wird, sind noch bis Mittwoch über die bekannten Vorverkaufswege beim FSV erhältlich.