Profis 17.12.2022 - 10:30 Uhr
Rose: "Nur in diesem Verein & in dieser Stadt"
05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 17
Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.
Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis. Unseren bewährten Adventskalender mit täglich neuen Gewinnchancen von Mainz 05 und unseren Partnern erreicht ihr auch über die Story auf unserem Instagram-Kanal.
Präsentiert wird der Kalender auch in diesem Jahr von Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling.
Der linke Flügel war sein Metier. Als leidenschaftlicher Außenverteidiger mit der Nummer 17 auf dem Rücken spielte sich Marco Rose einst in die Herzen der 05-Fans, wurde - sein Auftritt aus dem Mai 2004 ist legendär – "Erstliga-Spieler", ließ mit den Teamkollegen kaum eine Feier aus und fühlte sich über fast zehn Jahre heimisch in Mainz. Ein kurzes, überzeugendes Gespräch mit Jürgen Klopp hatte ihn im Sommer 2002 vom Wechsel nach Rheinhessen überzeugt. Als Volltreffer betrachtet der heutige Trainer von RB Leipzig den Schritt bis heute.
Rose für Schuler
Sieben Jahre lang war der mittlerweile 46-Jährige 05-Profi, erlebte bewegte Zeiten rund um den Bruchweg, wirkte an zwei Aufstiegen mit, erlebte aber auch bittere Stunden wie den dramatischen Nicht-Aufstieg 2003 mit. Als Bundesliga-Aufsteiger mit Hannover 96 war Rose im Alter von 25 Jahren nach Mainz gekommen. Um Spielpraxis zu sammeln nach einer von Verletzungen geprägten Vorsaison. Wie es dazu kam, weiß Rose noch genau: "Es war relativ simpel. Markus Schuler ist damals aus Mainz nach Hannover gewechselt, und Kloppo brauchte einen neuen Linksverteidiger. Ich wollte unbedingt spielen, und wenn du mit Kloppo einmal im Favorite Parkhotel sitzt, dann ist relativ schnell alles klar. Zuvor hatte ich Gespräche mit Dieter Hecking gehabt und über einen Wechsel nach Lübeck nachgedacht. Ans Meer zu gehen, konnte ich mir gut vorstellen. Aber nach dem Gespräch mit Kloppo – er war sehr überzeugend - war das keine Option mehr, was sich später als vollkommen richtige Entscheidung herausgestellt hat. Ich habe mich vom ersten Tag an pudelwohl gefühlt", erinnert er sich. Als unumstrittener Stammspieler verpasste er mit dem FSV in seiner ersten Saison haarscharf den Sprung ins Oberhaus, nur, um sich 2004 gemeinsam mit den Teamkollegen vor tausenden Mainzern und Mainzerinnen auf dem Theaterplatz feiern zu lassen, nachdem der Traum wahr geworden war.
Rose als 05-Profi
Mehr als ein "Erstliga-Spieler"
Eine Sternstunde seiner Spielerkarriere: "Es war für uns alle in Mainz ein großartiger Tag und herausragender Moment. Der Klub war 1997 ja schon mit dem Spieler Klopp in Wolfsburg knapp am Aufstieg gescheitert, dann kam 2002 Union und ein Jahr später das Drama in Braunschweig. Wir hatten es endlich geschafft, und die Geschichte wird sich in dieser Form auch nicht mehr oft wiederholen, denke ich." In der Innenstadt angekommen, sprach Rose damals die heute legendären Worte: "Erstliga-Spieler Marco Rose - irgendwelche Einwände? Nein? Dann ist ja alles okay!" Unvergessen, auch für die 05-Legende, die 65 Bundesliga- und 64 Zweitliga-Spiele im FSV-Trikot absolvierte.
"Die Szene macht mich mittlerweile mehr aus als die eine oder andere fußballerische Leistung. Aber dieser Moment verbindet mich natürlich extrem mit Mainz 05. Wir waren damals grundsätzlich eine Mannschaft, die viel Durst hatte, gerne gefeiert hat. An dem Tag haben wir es aber richtig krachen lassen. Am Theaterplatz habe ich – ein paar Getränke hatte ich schon drin – einfach mal meinen ganzen Stolz rausgelassen", erinnert er sich an den Moment, in dem die 05ER einen Meilenstein hinter sich ließen. Und in der Folge, als krasser Außenseiter, in der Bundesliga für Furore sorgen sollten.
"Verliebt" in eine Stadt
Wenig überraschend für Rose, der ins Schwärmen gerät, wenn er über das Teamgefüge spricht, im seinerzeit "klassischen, gallischen Dorf" – mit dem Bruchwegstadion als Festung. "Wir konnten zwar gut feiern" – das Ballplatzcafé, das Roxy, den Starclub, die Piano Bar oder der KumiKlub zählten seinerzeit, neben weiteren Lokalitäten in Wiesbaden und Frankfurt, zu den Stammplätzen abseits des Rasens ("Wir waren omnipräsent im Nachtleben. Spätestens mit meiner ersten Fastnacht habe ich mich in die Stadt verliebt") -, waren aber grundsätzlich eine tolle Gemeinschaft, in der jeder seine sportliche Rolle kannte und Verantwortung getragen hat. Wir waren sicher nicht die besten Fußballer, wussten aber, was dazu gehört, Fußballspiele zu gewinnen. Das haben viele von uns mitgenommen auf unserem Weg. Wir waren definitiv eine ganz spezielle Gemeinschaft", sagt er, der mit einem Großteil der ehemaligen Weggefährten nach wie vor Kontakt pflegt.
Dieser speziellen Atmosphäre in der Mannschaft stand der glühende Support von den Rängen des Bruchwegstadions in nichts nach, so dass die Heimstärke jeweils den Grundstein für die Klassenerhaltsfeiern der Jahre 2005 und 2006 legen sollte. 30 Zähler im ersten Bundesliga-Jahr folgten immerhin noch 25 in der Saison 2005/06. Eine Ausbeute, die nicht von ungefähr kam und Partien in Mainz für die Kontrahenten regelmäßig zu einer überaus unangenehmen Angelegenheit machten. "Den Bruchweg zu kopieren, wird nie funktionieren. Als ich damals nach Mainz kam, war das Stadion im Umbau, in der Bundesliga kamen als Krönung die Stahlrohrtribünen in den Ecken dazu. Es ist für mich nach wie vor das lauteste, engergiegeladenste Stadion, das ich in der Bundesliga erlebt habe. Schon das Warmmachen vor dem Q-Block hat sich besonders angefühlt und dir als Spieler brutal viel Energie gegeben. So haben wir es gemeinsam geschafft, große Enttäuschungen wegzustecken und später die ganz besonderen Momente zu erleben. Endlich Bundesliga zu spielen, war für den Klub ein Quantensprung“, so Rose. Was ihn zudem stets beeindruckt habe trotz der hitzigen Atmosphäre: "Die Stimmung den Gästen gegenüber war immer fair, es war familiär und impulsiv, dieses Gesamtpaket habe ich geliebt."
Wiedersehen an der Seitenlinie
Schlussendlich sei diese damals geschaffene Basis auch eine der Voraussetzungen gewesen, dass die Entwicklung nach dem Abstieg 2007 nicht eingeschlafen sei, wie Rose findet. "Wir haben uns lange gewehrt, aber in der Saison kam vieles zusammen. Dennoch, und das war sicherlich vor allem Christian Heidels Verdienst, war der Verein stabil aufgestellt, auch nach Kloppos Abschied." Der Ex-05ER selbst absolvierte in der zweiten Aufstiegssaison dann aufgrund von Verletzungsproblemen nur noch zwei Partien, war bei der erneuten Aufstiegsfeier aber selbstredend wieder mittendrin – und schloss sich im Sommer 2009 der U23 des FSV an, für die er bis 2011 noch 32 Partien in der Regionalliga West absolvierte und Teil des Trainerteams wurde. Einige davon an der Seite eines aufstrebenden Nachwuchsspielers namens Stefan Bell. "Dem Bello habe ich regelmäßig den Arsch gerettet", sagt Rose lachend und ergänzt: "Talentiert war er damals schon, aber natürlich hat er nicht die Erfahrung eines Marco Rose gehabt. Es freut mich, dass er jetzt einer derjenigen ist, für die es irgendwann ebenfalls ein Kalendertürchen geben wird, weil er wahnsinnig viel für den Verein geleistet und Geschichte mitgeschrieben hat."
Und Bell war nicht das einzige Eigengewächs der 05ER, deren Weg der Routinier Rose damals begleitete, wie er sich erinnert. "Als ich Jugendtrainer war, habe ich die Baku-Brüder in der Bezirkssportanlage Bretzenheim trainiert, morgens um 07.20 Uhr. Jetzt weiß auch jeder, warum Ridle später Profi und Nationalspieler geworden ist – Schulsporttraining unter Marco Rose!", sagt Rose, sein ansteckendes Lachen inklusive.
Unzählige weitere Erinnerungen – beispielsweise die Geburt seiner Tochter - an den FSV und Mainz hat Rose im Gepäck, die sein Bild von Verein und Stadt bis heute prägen und die Rückkehr noch immer aufs Neue zu etwas Besonderem machen. Nicht zuletzt das Gastspiel mit den Leipzigern, dem Klub aus seiner Geburtsstadt, im Herbst sei von einem freundlichen Empfang geprägt gewesen. Zwar sei es nach wie vor, ganz wie in alten Zeiten, äußerst unangenehm hier zu spielen. Dennoch sei das erneute Wiedersehen "ein schönes Gefühl" gewesen. Zumal "ich oft nicht sicher bin, wie viele der heutigen Fans mich in Erinnerung haben. Beim letzten Besuch hat es mir aber viel gegeben, dass viele Leute sich gefreut haben, mich zu sehen." So fühle es sich nach wie vor "auch immer ein bisschen wie nach Hause kommen" an.
Um Haaresbreite wieder auf Dauer heimisch geworden am Bruchweg wäre Rose im Übrigen im Sommer 2017, wie er erklärt. Die Gespräche über eine Rolle als Co-Trainer von Sandro Schwarz – beide verbindet seit Mainzer Zeiten eine innige Freundschaft – seien weit vorangeschritten gewesen: "Die Überlegungen waren sehr weit, wir haben viel geredet und diskutiert, sowohl mit Sandro als auch dem Verein. Es war das Jahr des Youth-League-Sieges mit Salzburg und ich hatte das Gefühl, dass ich wieder in den Männerfußball zurück möchte. Der Cheftrainer der Profis hat dann aber entschieden, aufzuhören, und mir bot sich die Chance, in Salzburg Cheftrainer zu sein. Das wollte ich nutzen. Die Konstellation, Co-Trainer zu werden, die war nur in Mainz mit Sandro denkbar. Nur in diesem Verein und in dieser Stadt. Da hatte ich Bock drauf und konnte es mir vorstellen."
Heute kreuzen sich die Wege der Beiden als Cheftrainer von Hertha BSC und eben Leipzig. "Manchmal fügen sich die Dinge, so wie es für dich als Mensch bestimmt ist", sagt Rose. "Ich habe eine Menge erlebt in den letzten Jahren als Trainer, beispielsweise mit der Champions-League-Qualifikation in Mönchengladbach oder auch der Vizemeisterschaft in Dortmund. Dabei habe ich viel gelernt und das Gefühl, dass ich das mache, was ich gerne machen möchte. Ich bin sehr glücklich und zufrieden." Aus dem "Erstliga-Spieler" ist ein gestandener, erstklassiger Trainer geworden.