Profis 16.09.2018 - 17:30 Uhr
Schwarz: Überragende Mentalität
05er drehen Partie gegen den FC Augsburg in der Nachspielzeit, feiern ausgelassen den 2:1-Erfolg und den besten Bundesligastart seit fünf Jahren
Nur zweimal überhaupt hat der 1. FSV Mainz 05 in den vergangenen zehn Bundesliga-Jahren einen besseren Saison-Einstand feiern dürfen. 2013 mit drei Erfolgen zum Auftakt und 2010 mit den unvergessenen sieben Siegen unter Thomas Tuchel. Nun hat das junge Team von Sandro Schwarz in einer dramatischen Schlussphase eine schon verlorene Partie gedreht, dank der zwei Jokertore von Anthony Ujah und Alexandru Maxim vor 21.105 Zuschauer in der OPEL ARENA den starken FC Augsburg geschlagen und seinen zweiten Heimsieg eingefahren. Drei Spiele. Sieben Zähler. Vorderes Tabellendrittel. "Last Minute in Mainz ist etwas ganz Besonderes. Dieses Spiel noch zu gewinnen ist ein Highlight", sagte Rouven Schröder nach dem 2:1 stolz. "Mit so einem Nackenschlag wie dem 0:1 wären wir im letzten Jahr noch anders umgegangen. Mittlerweile hat die Mannschaft das Selbstvertrauen, dieses Spiel nicht zu verlieren und sogar noch zu biegen."
Als FCA-Torhüter Fabian Giefer in der Nachspielzeit den weiten Einwurf von Daniel Brosinski in die Mitte faustete, Maxim mit einem platzierten Flachschuss neben den Pfosten das 2:1 erzielte, brachen alle Dämme. Sportvorstand, Trainer, die komplette Mainzer Bank stürmte auf den Platz und jubelte mit dem Matchwinner. Das Publikum feierte nach dem Abpfiff mit der Mannschaft begeistert und ausgelassen einen Sieg, den sich die jüngste Mainzer Bundesligamannschaft aller Zeiten, angetreten mit einem Durchschnittsalter von 23,3 Jahren, mit etwas Glück, aber vor allem mit einer enormen Willensleistung hart erarbeitet und am Ende verdient hatte.
Tränen in den Augen
Er habe in den Schlussminuten dieser intensiven Begegnung Tränen in den Augen gehabt, gestand der 05-Trainer später. "Weil es so emotional war. Nach dem 1:1 nicht auf Halten zu spielen, sondern weiter nach vorne zu gehen und das Spiel noch zu gewinnen. Wie diese junge Mannschaft Widerstände überwindet, ist beeindruckend. Das fühlt sich nach Mainz 05 an und ist genau das, was wir brauchen. Solche Erlebnisse tragen uns. Wir können noch so viel erzählen von Entwicklungsschritten, aber dieses Erlebte zu fühlen zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Da ist jeder Sieg hilfreich für ein Team, das noch nicht so viel Erfahrung hat, weil wir merken, wir können Bundesliga-Spiele gewinnen. Wir sind jetzt total drin in der Saison. Und auch verdient drin. Wir haben nicht das Gefühl, etwas erschlichen zu haben, sondern wir holen Ergebnisse und können dabei noch besser werden."
Die ausgeglichene Partie zweier gleichwertiger Mannschaften, in der die Augsburger immer gefährlich waren, die 05er aber mehr Chancen besaßen, schien dennoch nach 82 Minuten komplett in die falsche Richtung zu laufen. Einen am eigenen Strafraum abgefangenen 05-Angriff nutzte der Gegner zum schnellen Konter. Dong Won Ji zog los und aus 18 Metern unbedrängt ab zum 0:1. "Was wir dann gemacht haben, war überragend von der Mentalität her. Die Jungs haben den Glauben aufrechterhalten, das Spiel noch drehen zu können und sind auch nach dem 1:1 weiter nach vorne marschiert", so der Coach.
Dem eingewechselten Ujah gelang nach einem Brosinski-Freistoß aus dem Gewühl heraus der Ausgleich. Maxim machte schließlich den Deckel drauf. "Das war einfach bemerkenswert", sagte Schwarz. "Dieses Gefühl, das diese Mannschaft uns gibt, brauchen wir. Gemeinsam zu arbeiten, gemeinsam zu feiern, das schweißt zusammen, das ist Leistungssport. Es wird Momente geben, da wird es vielleicht mal nach hinten losgehen. Aber wir brauchen dieses vorwärtsgerichtete, immer weiter zu marschieren und keinen Sicherheits-Fußball zu spielen."
Außergewöhnliche Leistung
Gegen den stark aufgestellten Gegner lief nicht immer alles nach Wunsch, doch der Wille, die Widerstandskraft und die Bereitschaft, bis zum Abpfiff alles zu geben, werden von den 05-Anhängern honoriert. "Die statistischen Daten bestätigen, dass wir eine außergewöhnliche Leistung abgeliefert haben mit all den Problemen, die wir hatten und in unserer Verletzten-Situation. Man darf nicht außer Acht lassen, wer da alles ausfällt", sagte Schwarz. Stefan Bell hatte kurzfristig wegen einer im Abschlusstraining erlittenen Gehirnerschütterung passen müssen. Stellvertreter Niko Bungert schied mit einer Wadenverletzung in der Schlussphase aus. Jean-Philippe Gbamin fehlte weiterhin im Mittelfeld, Issah Abbas wegen eines Infektes, Levin Öztunali war noch nicht wieder ganz fit. Dazu die lange Reihe der länger verletzten Profis.
"Trotzdem haben wir im Spiel eine Selbstverständlichkeit entwickelt, immer dran zu blieben. Es ist bemerkenswert, mit welcher Dynamik wir solche Spiele absolvieren", so der Trainer. "Von der Bereitschaft her ist das herausragend. Das ist genau, das, was wir sehen wollen. Symptomatisch ist dazu, dass die Jungs, die reinkommen, sofort drin sind. Das zeigt, dass es in der Mannschaft funktioniert. Wir haben konsequent gearbeitet, dann auch die Dinge fußballerisch gut aufgelöst und uns letztendlich belohnt."