Spielbericht 03.11.2016 - 00:00 Uhr
Späte Tiefschläge in Anderlecht
Nach denkwürdigen Schlussminuten musste der 1. FSV Mainz 05 am vierten Spieltag der Europa-League-Gruppenphase beim belgischen Rekordmeister RSC Anderlecht eine bittere 1:6 (1:2)-Niederlage einstecken. Individuelle Aussetzer im Defensivverhalten sowie fehlende Effizienz bei mehr als einem halben Dutzend Torgelegenheiten begünstigten die deutliche Niederlage. 05-Trainer Martin Schmidt hatte seine Elf nach dem Heimsieg gegen Ingolstadt auf zwei Positionen verändert. Leon Balogun verdrängte Alexander Hack in der Innenverteidigung und Karim Onisiwo ersetzte Jairo auf dem offensiven Flügel.
Die Gastgeber begannen stürmisch und hatten in der vierten Spielminute die erste Großchance. Youri Tielemans hatte Rechtsaußen Alexandru Chipciu steil geschickt, der das Laufduell gegen Daniel Brosinski für sich entschied, aus spitzem Winkel aber nur das Außennetz anvisierte. Doch auch die 05er fanden schnell ins Spiel. Kurz darauf hatte Onisiwo auf der rechten Seite viel Raum, setzte zum Sprint an und flankte in die Mitte, wo Serigne Mbodji in höchster Not fast ein Eigentor unterlief, als er vor dem einschussbereiten Córdoba klärte. Nach der darauffolgenden Ecke kam unser Torjäger dann an den Ball, köpfte aber knapp neben den linken Torpfosten (8.). Im Gegenzug dann viel Pech für die Gäste, als Nicolae Stanciu in einer eigentlich harmlosen Situation der frühe Führungstreffer für den RSC gelang. Die verunglückte Flanke des rumänischen Nationalspielers schlug im kurzen Eck ein, nachdem die Nummer eins des FSV Jonas Lössl auf die Flanke in die Mitte spekuliert hatte (9.). Das 1:0 schockte den Bundesligisten jedoch keinesfalls. Nur vier Minuten später bot sich Onisiwo die große Chance zum Ausgleich, sein Abschluss aus rund zwölf Metern landete aber über dem Kasten von Davy Roef im RSC-Kasten.
Die Anfangsphase bot viel Unterhaltsames. Und die 05er belohnten sich bereits mit der nächsten Offensivaktion mit dem Ausgleich. Nach einem weiten Einwurf von Daniel Brosinski landete der Ball vor den Füßen von Pablo De Blasis, der aus zehn Metern eiskalt mit dem schwächeren linken Fuß abzog und Roef keine Chance ließ (15.). Die Mainzer blieben nun am Drücker, doch Onsisiwo blieb in der 20. Spielminute auch bei seinem zweiten Torschuss der Erfolg versagt. Nach der temporeichen Anfangsphase nahmen sich beide Teams nun eine kleine Auszeit und neutralisierten sich weitestgehend. Die 05er blieben zwar spielbestimmend, durften sich aber keinesfalls in Sicherheit wiegen, da der RSC immer wieder schnell konterte. So nutzten die Gastgeber eine ihrer wenigen Offensivaktionen bei einem schnellen Gegenstoß vor der Pause, um erneut in Führung zu gehen. Suat Serdar verlor den Ball im Mittelfeld an Sowah Adjei, der Chipciu auf der rechten Seite bediente. Die Defensivabteilung der 05er spekulierte kollektiv auf eine Flanke, Chipciu spielte jedoch einen Rückpass auf Stanciu, der von der Strafraumgrenze aus seinen zweiten Tagestreffer erzielte (41.). Trotz des von Trainer Schmidt dominanten Auftretens lagen die 05er nach zwei Unachtsamkeiten somit zur Halbzeitpause knapp in Rückstand.
Anderlecht effizient, Mainz zeigt Nerven
Beide Teams begannen den zweiten Durchgang unverändert und mit offenem Visier. Zunächst scheiterte Chipciu dank einer starken Lössl-Parade (50.), auf der Gegenseite bediente nur eine Minute später Yunus Malli De Blasis, der aus zehn Metern jedoch seinerseits an einem Reflex von Roef scheiterte. Ganz bitter wurde es aus 05-Sicht dann in der 63. Minute. Ein Befreiungsschlag von Giulio Donati landete genau vor den Füßen von Youri Tielemans, der den Ball stoppen, Lössl ausgucken und aus 20 Metern zum 3:1 einnetzen konnte (63.). Die Gastgeber hatten die drei Gastgeschenke eiskalt ausgenutzt und mit höchster Effizienz beeindruckt. Noch gab sich der FSV aber nicht geschlagen. Malli scheiterte nach feinem Rückpass von Brosinski nur knapp (68.) und auch sein Versuch zwei Minuten später flog über den Kasten des RSC, der sich nun auf die Verwaltung des Ergebnisses beschränkte. Die 05er fuhren in dieser Phase einen Angriff nach dem Anderen, doch auch Córdoba brachte das Leder aus kurzer Distanz nach schönem Solo des eingewechselten Jairo nicht über die Linie (72.).
Die Möglichkeit zur endgültigen Entscheidung bot sich nach einem Ballverlust von Stefan Bell dann in der 79. Minute RSC-Torjäger Lukas Teodorczyk. Doch Lössl reagierte gegen den Polen erneut glänzend. Wiederum Córdoba war es dann, dem sich in der 85. Minute nach einer Flanke von De Blasis die Chance bot, noch einmal zu verkürzen, doch der Schuss des Kolumbianers strich nach feiner Ballannahme knapp über den Querbalken des Gehäuses. Vor dem Tor des RSC war das Glück aber auch in dieser Schlussphase nicht auf Seiten der 05er. Nach einem Malli-Eckball sprang der Ball einem Verteidiger ans Schienbein und rollte knapp am linken Pfosten vorbei (87.). Der RSC hingegen schlug danach noch einmal richtig zu. Erst stieg Teodorczyk nach einer Ecke am höchsten und köpfte zum 4:1 ein (89.), dann kam es knüppeldick für den FSV. Bruno schraubte das Ergebnis in der Nachspielzeit auf 5:1 in die Höhe, während Teodorczyk kurz darauf durch einen Handelfmeter sogar noch das 6:1 gelang. Wenn auch die 05er sich die Niederlage unter dem Strich selbst zuzuschreiben hatten, war sie nach einer über weite Strecken ausgeglichenen Partie doch in der Höhe mehr als unverdient nach Schlussminuten, in denen die Defensive des Bundesligisten jegliche Ordnung zu verloren haben schien. Der FSV muss somit den ersten schweren Dämpfer auf internationalem Parkett verarbeiten und beim AS St. Étienne in drei Wochen zwingend punkten, um die Chance aufs Weiterkommen zu wahren.
Mainz 05: Lössl – Donati (80. Öztunali), Bell, Balogun, Brosinski – Serdar (67. Jairo), Gbamin, De Blasis, Onisiwo, Malli - Córdoba
RSC Abderlecht: De Roef – Adjei, Mbodji, Deschacht, Acheampong – Chipciu (56. Capel), Dendoncker, Tielemans (89. Bruno), Hanni, Stanciu (67. Badji) – Teodorczyk
Tore: 1:0 Stanciu (9.), 1:1 De Blasis (15.), 2:1 Stanciu (41.), 3:1 Tielemans (63.), 4:1 Teodorczyk (89.), 5:1 Bruno (90.+2), 6:1 Teodorczyk (90.+4)
Zuschauer: 13.200
Schiedsrichter: Andreas Ekberg (SWE)