Profis 15.05.2022 - 15:05 Uhr
Stimmung, Tore & Emotionen: Ein würdiger Abschluss
Svensson stellt Daniel Brosinski auf eine Stufe mit Noveski, Soto und Bungert - "Es wird komisch für uns alle, wenn er jetzt nicht mehr kommt"
Das war’s. Die Bundesligasaison 2021/22 ist zu Ende gegangen und fand im Nachbarschaftsduell gegen Eintracht Frankfurt in der prall gefüllten MEWA ARENA einen würdigen Abschluss. Für den 1. FSV Mainz 05 reichte es zwar nicht mehr zum erhofften elften Heimsieg dieser Spielzeit, was diese stimmungsvolle und turbulente Veranstaltung allerdings nicht sonderlich störte. Das 2:2 gegen den Europa-League-Finalisten war weit entfernt von einer emotionslosen Kehraus-Pflichtaufgabe.
Beide Mannschaften boten den 33.00 Zuschauern eine sehenswerte, abwechslungsreiche Tempo-Partie, die alles in sich hatte: vom rasanten Mainzer Power-Start mit der frühen und verdienten Führung, über den Frankfurter Zwischenspurt, mit dem die Hessen zunächst den Ausgleich erzielten und das Spiel bis zur Pause drehten. Bis zum Schlagabtausch nach dem Wechsel, mit einem ständigen, teilweise atemberaubenden Hoch und runter, in dem die 05ER durch Doppelpacker Marcus Ingvartsen das 2:2 erzielten, und dank weiterer Möglichkeiten näher am Siegtreffer waren als die Gäste vom Main. Und schließlich mit dem emotionalen Ausklang, der großen Verabschiedungs- und Abschieds-Zeremonie, mit dem gemeinsamen Feiern von Fußballern und Fans, den Ehrenrunden in einer begeisternden Atmosphäre.
Unterhaltsam und gut für die Zuschauer
"Ja, ich fand auch, dass es ein sehr unterhaltsames Spiel war. Es hätten vielleicht auch ein paar Tore mehr fallen können", sagte Bo Svensson später auf der Pressekonferenz. "Spielerisch war es vor allem im zweiten Durchgang sehr ausgeglichen. Ich denke, für die Zuschauer war es ein gutes Spiel."
Die Mainzer hatten für diese letzte Saison-Vorstellung mehr verdient als nur einen Punkt. Doch Aarón, von Jonathan Burkardt prächtig freigespielt, traf nur den Innenpfosten, von wo der Ball Kevin Trapp im Eintracht-Tor in die Arme sprang. Burkardt selbst erzielte nach einem langen Ball vermeintlich das 3:2-Siegtor, das Schiedsrichter Martin Petersen jedoch nach Video-Beweis wieder einkassierte. Kevin Stöger verpasste schließlich in der Nachspielzeit das 3:2 nur um Haaresbreite.
Rückkehr zur Mainzer Identität
Mainz 05 beendet diese Saison nun mit 46 Punkten auf einem erfreulichen achten Platz. Svensson wollte der abgelaufenen Spielzeit keine Note geben. Der Trainer nahm stattdessen eine persönliche Einordnung vor: "Was ich beurteilen kann, ist, dass wir eine sehr gute Saison gespielt haben, insgesamt. Unabhängig von Platz acht haben wir aufgrund dessen, was wir uns vorgenommen hatten, einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Und zwar in die Richtung, zurückzufinden zur Mainzer Identität, zu einer Spielweise, einer Verlässlichkeit, wie wir sein möchten und agieren möchten. Das ist sehr wichtig für mich. Die Gruppe hat gut funktioniert. Ich sehe, dass, wenn wir hier ankommen mit dem Bus, da 200 bis 300 Menschen dastehen und uns begrüßen. Ich sehe die Fans, die lange dableiben nach dem Spiel. Das ist auch etwas, was wir bewirken wollten. Nach ein paar Tagen Urlaub werden wir wieder genauso weitermachen und nicht nachlassen", versprach der dänische Cheftrainer.
"Wir hätten gerne daheim gewonnen und den elften Heimsieg geschafft. Doch auch so war es ein gelungener Abschluss", erklärte Martin Schmidt. "Die Heimtabelle macht uns stolz. Und Rang acht, ein einstelliger Platz in dieser Liga, ist für Mainz 05 immer noch etwas Besonderes", betonte der 05-Sportdirektor. "Wir sind vor Hoffenheim, Wolfsburg, Gladbach, Frankfurt, vor Hertha", sagte Schmidt. "Wir haben in der Schweiz andere Noten als in Deutschland. Die beste Note ist die sechs. Ich glaube, dass unsere Mannschaft in diesem Jahr danach eine dicke fünf verdient hat. Fünf plus. Man hat gesehen, daheim sind wir auf einem Champions-League-Platz. Ein achter Platz in der Liga ist eine Hammer-Leistung für Mainz 05", so Schmidt. "Es ist nicht normal, dass Mainz 05 das mit seiner Wirtschaftlichkeit und mit dem, was wir hier auf die Beine stellen können, erreicht. Es ist nicht normal, dass wir vor all diesen Klubs stehen, die wirtschaftlich klar vor uns sind. Deshalb ist das eine Riesenleistung. Natürlich wäre mehr möglich gewesen. Dieser Herausforderung stellen wir uns aber wieder aufs Neue."
Verabschiedungen nach der Partie
Brosinski euphorisch gefeiert
Beim Saisonfinale stand natürlich Daniel Brosinski im Mittelpunkt, der den Verein nach acht Jahren verlässt und sich eine neue Herausforderung sucht. Der Rechtsverteidiger hatte von Svensson eine Startelf-Garantie erhalten, spielte 70 Minuten lang auf dieser Position, war am 2:2-Ausgleichstor von Ingvartsen beteiligt und wurde bei seiner Auswechslung vom Publikum euphorisch gefeiert. Nach dem Spiel ebenso. Die Kollegen warfen den Routinier in die Luft, nachdem er wie zuvor Adam Szalai, der eigens zur Verabschiedung aus Basel angereist war und wie die übrigen Profis, die den Klub verlassen, wie Kevin Stöger, Jeremiah St. Juste und Jean-Paul Boëtius, das Spalier der Spieler durchschritten und alle abgeklatscht hatte. Mit Narrenkappe auf dem Kopf, mit den Tränen kämpfend, richtete Brosinski dann auch noch ein paar persönliche Worte an die versammelte Stadionrunde, bedankte sich und kündigte an, dass er noch irgendwo sportlich weitermachen wolle.
"Es war sein Abschiedsspiel. Er hat es sich sehr verdient, und ich habe mir gewünscht, dass es so kommt", sagte Svensson. Brosinski habe acht Jahre lang hier gespielt und so viele Spiele absolviert "Die Bundesliga-Geschichte von Mainz 05 ist noch nicht so lang, aber Brosi gehört zu den Spielern, die hier eine besondere Rolle gespielt haben. Mit Nikolce Noveski, mit Elkin Soto, mit Niko Bungert. Brosi ist ganz oben dabei", sagte der 05-Trainer. "Es wird komisch für uns alle, wenn er jetzt nicht mehr kommt. Doch so ist das Leben, so ist der Fußball. Dieser Samstag wird aber sicherlich aber auch bei ihm lange in Erinnerung bleiben."
Müssen die Entscheidung akzeptieren
Auch Jean-Paul Boëtius, der sich in dieser Woche vor dem Rhein-Main-Derby für viele überraschend entschieden hatte, woanders eine Herausforderung zu suchen, widmete der Coach noch ein paar Worte zum Abschied. "Es ist seine Entscheidung", betonte der Trainer. "Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass wir Interesse hätten, dass er nochmal bleibt. Djanga hat vier Jahre hier gespielt und alles gegeben. Er ist ein erwachsener Mann, der jetzt eine Entscheidung für sein Leben trifft. Ich denke, es ist keine Entscheidung gegen Mainz. Er hat sich hier wohlgefühlt. Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem man rechts oder links abbiegen muss. Er hat lange überlegt und ist letztlich zu dieser Entscheidung gekommen. Das müssen wir akzeptieren."