Profis 08.02.2018 - 16:00 Uhr

Unverhofft kommt oft

Das Comeback von René Adler im DFB-Pokal-Viertelfinale misslingt - in Hoffenheim wollen die Mainzer eine Reaktion zeigen

Der Frust des eigenen Anhangs war für René Adler nach der Niederlage in Frankfurt mehr als nachvollziehbar. ©rscp

René Adler stellte sich den vielen wie auch erwartbaren Fragen. Wochenlang hatte die Frage nach dem Zeitpunkt seines Comebacks im 05-Tor im Raum gestanden. Unverhofft war es dann bereits am Mittwochabend im DFB-Pokal-Viertelfinale bei Eintracht Frankfurt so weit gewesen. "Unverhofft schlecht", wie Adler selbst sagte. Sein Vertreter der letzten Monate Robin Zentner hatte sich im Abschlusstraining bei einem Torschuss eine Augapfel-Prellung zugezogen, so dass die Nummer eins der Mainzer früher als geplant ins Tor zurückkehrte. Darauf wollte Adler den folgenschweren Aussetzer aus der 17. Minute allerdings nicht zurückführen. "Ich habe zwei Wochen mit der Mannschaft trainiert und werde jetzt sicher nicht nach Alibis suchen. Die Aktion vor dem ersten Gegentor war ein ganz blöder Bock, das kann man nicht anders sagen", so der 33-Jährige. "Ein schlechter erster Kontakt, Druck vom Gegner. Für die Mannschaft tut es mir leid."

Mehr als 3.500 mehrheitlich kostümierte Mainzer hatten den FSV nach Frankfurt in den Stadtwald begleitet, vereint im Traum vom zweiten Halbfinaleinzug in der Vereinsgeschichte der 05er. Darin, dass am Scheitern bei Weitem nicht nur der Fauxpas von Adler, der sich den enttäuschten Anhängern gemeinsam mit den Teamkollegen nach der Partie am Zaun stellte, waren sich nach Ablauf nur in der Anfangsphase wirklich umkämpfter 92 Minuten alle einig. Zu ungenau hatten die Gäste im eigenen Offensivspiel agiert, zu unkonzentriert immer wieder Pässe an den Gegner statt an den eigenen Mitspieler gebracht und sich so von vornherein der Chance beraubt, nach dem Rückstand zurück in dieses Rhein-Main-Derby zu finden. Nicht eine einzige echte Torgelegenheit war somit nach der Begegnung auf Seiten des FSV zu verzeichnen gewesen. Ganz im Gegensatz zum Kontrahenten, der die Einladungen des Viertelfinal-Gegners noch zwei weitere Mal dankend annahm und durch ein Eigentor von Alexander Hack (53.) und einen Lupfer von Omar Mascarell (62.) auf 3:0 davon zog und sich in der letzten halben Stunde für das anstehende Bundesliga-Wochenende schonen konnte. Die in der Schlussphase folgende Rote Karte gegen Danny Latza, der mittlerweile für zwei DFB-Pokal-Partien gesperrt worden ist, nach Foulspiel an Marco Fabian war nur das i-Tüpfelchen auf einen "gebrauchten" Mainzer Tag, wie ihn auch Adler gesehen hatte.

"Riesenkluft zwischen Heim- und Auswärtsspielen"

Dass das Team, das Rekordmeister Bayern München nur vier Tage zuvor noch phasenweise vor Riesenprobleme gestellt hatte, in Frankfurt überhaupt nicht ins Spiel fand, war im Anschluss nur schwer erklärbar. Cheftrainer Sandro Schwarz und Sportvorstand Rouven Schröder machten ihren Standpunkt, geprägt von Unzufriedenheit und Unverständnis angesichts des Auftritts, unmittelbar nach dem Abpfiff klar, stießen aber dabei auch bei den Profis auf offene Ohren, wie Adler stellvertretend für die Kollegen bestätigte: "Von der Leidenschaft und Emotion war das heute einfach zu wenig. Wir müssen darüber nachdenken, was da los war", so der ehemalige Nationaltorhüter. "Es gibt bei uns einfach eine Riesenkluft zwischen Heim- und Auswärtsspielen." Dies gelte es zu analysieren. "Hoffentlich war das das letzte 'Hallo-Wach-Spiel' für uns. Am Wochenende in Hoffenheim zählt's einfach. Wir müssen an Grenzen gehen, Basics abrufen in Sachen Kampf und Leidenschaft und Gegnern vor allem nicht so einfache Tore schenken."

Auch Sportvorstand Rouven Schröder fiel es am Morgen nach dem enttäuschenden Ausscheiden noch schwer, Gründe für den Auftritt der 05er zu finden. "Wir dürfen uns jetzt nicht belügen, müssen deutliche und offene Worte wählen. Die Mannschaft steht absolut in der Pflicht", so Schröder zwei Tage vor dem nächsten Bundesliga-Spiel bei der TSG 1899 Hoffenheim." Dort, so der 42-Jährige, erwarte er wie auch die Fans einen anderen Auftritt, ein anderes Gesicht, eine entsprechende Körpersprache. "Die in Spielen wie gegen Bayern München oder den VfB Stuttgart gezeigte Leidenschaft wollen wir auch auswärts sehen." Worte, die auch die 05-Profis vernommen haben, die die Niederlage selbst als "schwer erklärbar" (Hack) bezeichneten oder zurecht darauf verwiesen, dass "wir uns selbst geschlagen haben" (Latza). Unverhofft, weil teilweise in Slapstick-Manier, haben sich die Mainzer am Mittwochabend der Chance beraubt, dem Pokalfinale in Berlin einen weiteren Schritt näher zu kommen. In der Liga sind die 05er auswärts noch sieglos und gehen alles andere als favorisiert in das Duell im Kraichgau. Dennoch: Der Zeitpunkt für den ersten Auswärtsdreier könnte, im Erfolgsfall, besser kaum gewählt sein, zumal auch eine Woche später in Berlin auf fremden Terrain gepunktet werden muss. Unverhofft, so weiß es der Volksmund, kommt bekanntlich oft. Am Fastnachtssamstag vergangenen Jahres triumphierten die Mainzer übrigens mit 2:0 bei Bayer 04 Leverkusen.